Kolumbien | Nummer 368 - Februar 2005

Ausgelieferter Dialog

Die Auslieferung von Simón Trinidad wird eine Annäherung zwischen FARC und Regierung erschweren

Tommy Ramm

Ähnlich dunkel wie im Fall Granda stellt sich immer noch die Verflechtung internationaler Polizei- und Geheimdienstoperationen dar, die zur Verhaftung von Ricardo Palmera Pineda alias „Simón Trinidad“ führten. Mit Simón Trinidad lieferte die kolumbianische Regierung am 31. Dezember erstmals einen hochrangigen FARC-Kommandanten an die USA aus, wo ihm der Prozess wegen Drogenhandels und der Entführung dreier US-Amerikaner im Februar 2003 gemacht werden soll.
Die Festnahme des FARC-Guerilleros Anfang Januar 2004 im ecuadorianischen Quito feierte der kolumbianische Präsident Uribe Vélez als einen der größten Schläge gegen die Rebellenorganisation und als einen Erfolg seiner Politik der harten Hand. Den Bogen überspannte er jedoch mit einem Ultimatum, dass er der Guerilla stellte: Sollten die Rebellen bis zum 31. Dezember 63 Geiseln, unter ihnen die drei US-Amerikaner und ein Deutscher, freilassen, würde die Regierung die Auslieferung aussetzen. Die FARC reagierten nicht, was nun eine Annäherung zwischen Regierung und Rebellen auf lange Sicht ausschließt. Die Regierung hat nie wirkliches Interesse an Verhandlungen mit den FARC gezeigt. Selbst regierungsnahe Beobachter wie der renommierte Politologe Alfredo Rangel schätzen das Ultimatum Uribes als wenig hilfreich für eine Lösung des kolumbianischen Konflikts ein. „Die erfolgte Auslieferung wird eine zukünftige Annäherung in extremem Grade erschweren“, so Rangel, der eine Radikalisierung beider Seiten befürchtet.
Dennoch bleibt die Frage offen, warum die Regierung so leichtfertig die populäre Möglichkeit eines Gefangenenaustauschs mit der Guerilla verspielte und die FARC kein Interesse an ihrem Kommandanten zeigten, der noch vor wenigen Jahren bei den Verhandlungen mit der Pastrana-Administration eine Hauptrolle spielte. Luz Maria Sierra, Chefredakteurin der größten kolumbianischen Zeitung El Tiempo, schätzt die Zurückhaltung der FARC pragmatisch ein. Eine mögliche Kolaboration von Simón Trinidad mit den kolumbianischen Behörden könne ihnen empfindlich schaden, ein öffentlicher Prozess in den USA jedoch als politische Plattform für die marxistische Untergrundorganisation dienen. Simón Trinidad hatte bereits vor seinem Abflug angekündigt, „eine politische Schlacht” vor Gericht schlagen zu wollen.
Für Uribe hingegen dient die Auslieferung als politisches Mittel. Kolumbianische Analysten vertreten die These, dass das Ultimatum als Signal tatsächlich an die rechtsgerichteten Paramilitärs gerichtet gewesen sei. Seit knapp zwei Jahren führen Regierung und Paramilitärs Gespräche, mit denen immer noch – vielfach als Farce kritisierte – Verhandlungen über die Demobilisierung ihrer Truppen laufen. Kurioserweise unterschrieb Uribe neben der Auslieferungsbewilligung von Simón Trinidad am 17. Dezember im gleichen Moment die des Paramilitärchefs Salvatore Mancuso, der von Washington wegen Drogenhandels eingefordert wird. Allerdings ist dieser auf Erlass der Regierung vor einer Auslieferung geschützt, solange er am Verhandlungstisch sitzen bleibt. Zu erwarten ist nun, dass Uribe bei guter Führung auf eine zukünftige Auslieferung Mancusos verzichtet und so den Paramilitärs entgegenkommt.

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