Nummer 272 - Februar 1997 | Theater

CRONICA X – Die Eroberung Mexikos

Theater Ziguri Ego Zoo beschwört die Niederwerfung Tenochtitláns

Das Licht erlischt. Ein flackender Sternenhimmel zieht unsere Blicke auf sich. Fremdartige Geräusche, Dschungellaute mischen sich mit wispernden Stimmen und dumpfen Klängen, hüllen uns ein. Die Reise beginnt.

Dirk Pesara

Der Versuch, ein derart komplexes Ereignis wie den Untergang des Aztekenreiches im 16. Jahrhundert auf der Bühne darzustellen, ist gewagt. Daß er sich jedoch lohnen kann, bewies das Ensemble Ziguri Ego Zoo im Theater am Halleschen Ufer in Berlin. “Die Geschichte nicht zu erläutern, sondern sie zu beschwören”, unter diesem Motto steht das auf Antonin Artauds Exposé basierende Stück, das uns mit auf die Spurensuche nimmt:

Hörst Du?
Sie glauben an eine neue Welt
wissen weder was
noch wohin sie fliehen.
Hörst Du?
Sie kommen
und begraben
deine Sonnen.

Den düsteren Vorahnungen der Vertrauten Moctezumas II. folgt die Landung des Spaniers Hernán Cortés im Aztekenreich. 1519: Das Schaudern des Herrschers von Tenochtitlán, die Annäherung Malinches und Cortés’, die von Macht, Gier und Vernichtung geprägten Visionen des spanischen Eroberers:

Du mußt die Welt politisch denken
den Rhythmus vergöttlichen
Du mußt alle Farben hassen
selbst Rot löst einen auf
wenn man es zu lange ansieht.

Die Gesandten Kaiser Karls V., Cortés und Alvarado, ergreifen die Schwerter. 1520: Moctezuma II stirbt, Machtkämpfe unter den Spaniern entbrennen. Widerstand der Indígenas. Cortés zieht sich aus Tenochtitlán zurück:

Die jähen Krämpfe der Schlacht
der Schaum der Köpfe verfolgter Spanier
die zermalmt werden wie
Blut auf den grünenden Mauern.

Mit Kreuz und Schwert wird Mexiko unterworfen. 1521: Cortés ist am Ziel seiner Träume, Meere von Blut durchwatend erobert er Tenochtitlán:

Im Namen des Vaters
der dem Papst
der dem Kaiser
der mir
dieses Land schenkte.

Die von Ziguri Ego Zoo präsentierte Inszenierung zieht das Publikum in ihren Bann. Ausdruckstarke Gestik und Mimik, faszinierendes Licht- und Wasserspiel und die fesselnde musikalische Begleitung lassen uns für 70 Minuten in eine Welt abtauchen, deren wahres Gesicht Geheimnis bleibt. Was CRONICA X jedoch zu leisten vermag, ist, unsere vagen Vorstellungen von der Conquista mit fiktiven, ästhetischen Bildern zu bereichern: Ein empfehlenswertes Ereignis.

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