El Salvador | Nummer 270 - Dezember 1996

Der Traum ist aus

Enttäuschende Ergebnisse des Friedensprozesses

Die anfängliche Euphorie über das Ende des zwölfjährigen Bürgerkrieges ist längst verflogen. Nach fast fünf Jahren Friedensprozeß ist El Salvador von Korruption, Gewalt und sozialem Elend geprägt. Hauptthema der Parlaments- und Kommunalwahlen im März 1997 wird die allgegenwärtige Gewalt sein. Die Regierung profiliert sich mit einer Politik der harten Hand.

Michael Krämer

“Wenn ein Land nicht über die nötigen Mittel verfügt, um sich vor der Kriminalität zu schützen, ist es nicht unmoralisch, die Todesstrafe in die Gesetzgebung aufzunehmen.” Die Stimmungsmache des Oberhauptes der katholischen Kirche in El Salvador, Erzbischof Fernando Saenz Lacalle, hat gewirkt. Mit dem kirchlichen Segen versehen setzte die rechte Parlamentsmehrheit im Oktober die Wiedereinführung der Todesstrafe durch. Wird dieser Beschluß in der nächsten Legislaturperiode bestätigt (da die Todesstrafe laut Artikel 27 der Verfassung von 1983 abgeschafft ist, muß das Gesetz – zur Änderung der Verfassung – vom nächsten Parlament nochmals verabschiedet werden), steht der Legalisierung staatlichen Mordens, 25 Jahre nachdem die Todesstrafe zum letzten Mal in El Salvador vollstreckt wurde, nichts mehr entgegen.

“Revolution auf dem Verhandlungsweg”

Das neue Gesetz ist symptomatisch für die Situation in El Salvador fast fünf Jahre nach Beginn des Friedensprozesses, der mit der voraussichtlichen Schließung des Büros der Vereinten Nationen zur Überwachung des Friedensabkommens von Chapultepec Ende dieses Jahres wohl endgültig der Vergangenheit angehören wird.
Als die salvadorianische Regierung und die Befreiungsbewegung FMLN in einer feierlichen Zeremonie im Schloß von Chapultepec in Mexiko-Stadt am 16. Januar 1992 das Ende des zwölfjährigen Bürgerkrieges besiegelten, würdigte der Schirmherr der Verhandlungen, UN-Generalsekretär Boutros Ghali, die Ergebnisse noch als eine “Revolution auf dem Verhandlungsweg”. Und auch die FMLN-Führung war voll des Lobes: Sie sah das Abkommen als Konkretisierung “eines ersten großen historischen Abschnitts einer modernen Revolution, unserer demokratischen Revolution”. Präsident Alfredo Cristiani von der ultrarechten Regierungspartei ARENA (Republikanisch-Nationalistische Allianz) konnte besonders zufrieden sein. Er konnte sich als Friedenspräsident präsentieren, den Wiederaufbau des Landes, der durch internationale Hilfsprogramme finanziert wurde, als Erfolg der eigenen Politik verbuchen und so seinem Parteifreund Armando Calderón Sol den Sieg bei den Präsidentschaftswahlen 1994 sichern. Einziger Verlierer des Friedensprozesses schien die Armee zu sein, deren Vormacht über die politischen Geschicke des Landes mit dem Abkommen von Chapultepec zu Ende war.
Doch die anfängliche Euphorie über das Ende des Bürgerkrieges ist längst verflogen. Auf die Euphorie folgte die Ernüchterung und darauf die Enttäuschung. Zu viele Hoffnungen blieben in den letzten Jahren unerfüllt. Mit wenigen Ausnahmen kamen die politischen Reformen nur schleppend voran, und obwohl der Friedensprozeß längst abgeschlossen sein müßte, sind bis heute noch immer nicht alle Vereinbarungen des Abkommens von Chapultepec umgesetzt. Die Reform des Justizwesens, das während des Krieges integraler Bestandteil des Unterdrückungssystems war, ist erst zum Teil vollzogen, und auch die Reform des Wahlsystems wird immer wieder hinausgezögert.

Von der Euphorie zur Enttäuschung

Darüber hinaus ist die vielleicht wichtigste Errungenschaft des Friedensabkommens gefährdet: Als Ersatz für die drei berüchtigten Polizeiorgane Nationalgarde, Nationalpolizei und Finanzpolizei, die seit Jahrzehnten für die Mehrheit der Menschenrechtsverletzungen in El Salvador verantwortlich waren und ab 1992 schrittweise aufgelöst wurden, sollte eine neue “Zivile Nationalpolizei” (PNC) entstehen, die tatsächlich dem Schutz der Bevölkerung und nicht ihrer Unterdrückung dient. ARENA hatte anfangs versucht, den Aufbau der PNC zu behindern – da auch ehemalige KämpferInnen der FMLN in die neue Polizei integriert wurden, schien es unmöglich, diese zu kontrollieren. Mittlerweile ist die PNC jedoch ein verläßlicher Bündnispartner der Regierung. Vor allem bei Streiks und Demonstrationen geht sie hart vor und zeigt, wie Repression in einem “modernen” Staat – als den die Regierung El Salvador gerne präsentiert – funktioniert: Beim Einsatz von Tränengas, Knüppeln und Gummigeschossen gibt es, bei gleicher Wirksamkeit wie beim Gebrauch von Schußwaffen, nur selten Tote. Zudem wurden – ein klarer Verstoß gegen das Friedensabkommen – komplette Abteilungen der alten Polizeiorgane in die PNC integriert. Erpressung, Drogenhandel, Autoschmuggel, Mord – die Verbindungen von PNC-Mitgliedern zum organisierten Verbrechen sind unübersehbar (vgl. auch den nebenstehenden Kasten zum Mord an Francisco Manzanares). Die neue Polizei hat ihre Sympathien bei der Bevölkerung längst verspielt. Nach Angaben der staatlichen Menschenrechtsstaatsanwaltschaft gehen mittlerweile über 40 Prozent der Menschenrechtsverletzungen in El Salvador auf das Konto der PNC.
Die stärkste Enttäuschung über die Entwicklung der letzten Jahre bezieht sich allerdings auf den sozialen Bereich. Denn obwohl die Wirtschaft seit Abschluß des Friedensabkommens durchschnittlich um fast sechs Prozent pro Jahr gewachsen ist, hat sich die soziale Lage der breiten Bevölkerungsmehrheit weiter verschlechtert. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation FUNDE leben heute 60 Prozent der Bevölkerung in Armut und 61 Prozent sind arbeitslos oder unterbeschäftigt. Wirtschaftliche Reformen hat es unter ARENA durchaus gegeben – allerdings stets zu Lasten der armen Bevölkerung. Nach sieben Jahren neoliberaler ARENA-Regierungspolitik hat die Kaufkraft der ärmsten 10 Prozent der Bevölkerung um 20 Prozent abgenommen, während sie für die 10 Prozent mit dem höchsten Einkommen um 150 Prozent gestiegen ist.

Zwei-Phasen-Modell als Verhandlungsstrategie

Die weitere Umverteilung von unten nach oben war nicht zuletzt auch deshalb möglich, weil sich die FMLN in den Friedensverhandlungen auf die politischen Reformen konzentriert hat, der sozio-ökonomische Bereich im Abkommen jedoch weitgehend ausgespart blieb. Ähnlich dem Zwei-Phasen-Modell reformistischer kommunistischer Parteien (“Erst die demokratische, dann die sozialistische Revolution”), das die Mehrheit der späteren FMLN-Mitgliedsorganisationen in den siebziger Jahren vehement kritisiert hatte, war die Überlegung der FMLN bei den Friedensverhandlungen, daß politische Reformen Priorität hätten, um eine Demokratisierung des politischen Systems zu erreichen. Erst durch diese Demokratisierung würden die notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen, daß die FMLN – und mit ihr verbündete Parteien – an die Regierung kommen könnte. Die politische Macht wiederum würde dann einen sozial gerechten Umbau der wirtschaftlichen Strukturen des Landes ermöglichen.

Die Wirtschaft wächst – und die Armut ebenfalls

Zumindest bei den “Jahrhundertwahlen” im Jahre 1994 wurde allerdings nichts aus dem Wahlsieg der Opposition. ARENA baute ihre Vormacht noch aus, indem sie nicht nur erneut die Präsidentschaftswahlen gewann und fast die Hälfte der Parlamentssitze erhielt, sondern auch auf kommunaler Ebene zulegen konnte und nun über 200 der 262 BürgermeisterInnen des Landes stellt.

Die sozialen Kosten der ARENA-Regierung

Mit der Wahl von Armando Calderón Sol zum neuen Präsidenten hatte die Bevölkerung 1994 auf Kontinuität gesetzt. In seinem Regierungsprogramm versprach Calderón Sol denn auch, die Politik seines Amtsvorgängers Cristiani fortsetzen zu wollen. Hoffnung weckte der “Plan für soziale Entwicklung”, den die Regierung 1995 präsentierte: Die Sozialausgaben sollten bis 1999 auf 50 Prozent der gesamten Staatsausgaben erhöht werden. Doch die Realität sieht ganz anders aus. 1996 wurden die Budgets in diesem Bereich (Gesundheit, Bildung, Arbeit, Sozialfürsorge und Wohnung) von 25,6 Prozent auf 24,3 Prozent gekürzt. Und im Haushaltsplan 1997 stehen einer Erhöhung der Ausgaben für den Bildungsbereich weitere Kürzungen in den Bereichen Gesundheit und Wohnung gegenüber.
Kontinuität bewies die neue Regierung im neoliberalen Umbau der Ökonomie: Entlassung von Staatsangestellten, Abbau von Subventionen für Grundnahrungsmittel, Handelsliberalisierung und weitere Marktöffnung. Die staatlichen Einnahmeverluste aufgrund der Reduzierung der Importzölle für Kapitalgüter und Rohstoffe sowie großzügige Steuererleichterungen beziehungsweise -befreiungen für transnationale Konzerne, die im boomenden Maquila-Sektor investieren, wurden durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer (teilweise) kompensiert. BezieherInnen niedriger Einkommen tragen heute rund doppelt so viel zum staatlichen Steueraufkommen bei wie noch vor sieben Jahren.

Klassenkampf ganz oben

Der wirtschaftspolitische Kurs der Regierung ist allerdings auch innerhalb von ARENA und der unterschiedlichen salvadorianischen Kapitalfraktionen nicht unumstritten. Das Industriekapital leidet unter der forcierten Marktöffnung der letzten Jahre. Der salvadorianische Unternehmerverband ANEP fordert Korrekturen an der Wirtschaftspolitik der Regierung. Gegen die Billigimporte aus Asien und Nordamerika sind die salvadorianischen ProduzentInnen oft nicht konkurrenzfähig. 1995 stieg das Handelsbilanzdefizit El Salvadors auf über 1,4 Milliarden US-Dollar. Der steigenden Beschäftigungszahl im Maquila-Sektor stehen Konkurse und Absatzrückgang zahlreicher salvadorianischer Unternehmen entgegen. Aufgrund steigender Zinsen wird das Kapital zunehmend spekulativ angelegt, Kredite für die Produktion sind zu teuer.
Auch die traditionelle Agraroligarchie sieht sich zunehmend isoliert und droht, “ihrer” Partei die Gefolgschaft aufzukündigen. Im August 1996 versammelten sich 600 Parteimitglieder aus dem Agrarsektor und kritisierten die Parteiführung für die Bevorzugung des Finanz- und Handelskapitals. Daß sie Calderón Sol von ihrer Kritik ausdrücklich ausnahmen war wohl eher ihrer eigenen Schwäche geschuldet – ein Frontalangriff auf den Präsidenten hätte sie weiter isoliert. Calderón Sol ist nämlich selbst ein Gewinner der Umstrukturierung: Seine Familie gehört – welch ein Zufall – neben der von Ex-Präsident Cristiani zu den vier Familien, die El Salvadors Bankensystem kontrollieren.

ARENA vor dem Abstieg?

ARENA sieht sich jedoch nicht nur der Unzufriedenheit einiger ihrer Verbündeter ausgesetzt. Die Partei ist in einer tiefen Krise. Calderón Sol wurde gerade auch deshalb zum Nachfolger Cristianis auserkoren, weil ihm zugetraut wurde, zwischen den rechtsextremen “Traditionalisten” und den eher moderaten “Modernsierern” zu vermitteln. Calderón Sol hat die Partei jedoch nicht mehr unter Kontrolle, der Streit um seine Nachfolge ist voll entbrannt. Im September mußte Parteichef Juan José Domenech zurücktreten. Ihm werden Korruption, Steuerhinterziehung und Hehlerei mit gestohlenen Autos vorgeworfen. Die guatemaltekischen Behörden bezichtigen ihn zudem der Verwicklung in Drogenhandel und Geldwäsche. Nachfolgerin des eher “moderaten” Domenech wurde Anfang Oktober die bisherige Parlamentspräsidentin Gloria Salguero Gross, die zum rechten Parteiflügel gezählt wird. Im Rennen um die nächste Präsidentschaftskandidatur ist somit parteiintern eine Vorentscheidung gefallen, da der/die Parteivorsitzende traditionell auch für die kommenden Präsidentschaftswahlen nominiert wird. Kaum verwunderlich sind somit die Hinweise, Salguero Gross sei selbst an der Demontage von Domenech beteiligt gewesen.
Das Bekanntwerden der Verstrickung führender ARENA-RepräsentantInnen in Korruptionsfälle ist ein schwerer Schlag für die Partei. Sie hatte 1989 die Präsidentschaftswahlen vor allem auch deshalb gewonnen, weil die regierende Christdemokratische Partei sich als äußerst korrupt erwiesen hatte. Und der erneute Wahlsieg 1994 gelang nicht zuletzt, weil es der Cristiani-Administration gelungen war, ihr Saubermann-Image mit dem sie 1989 zu den Wahlen angetreten war, bis zum Schluß aufrechtzuerhalten. Spätestens seit den letzten Wahlen ist es mit diesem Image allerdings vorbei. Nach und nach wurde die Verwicklung der Regierung Cristiani – einschließlich des Präsidenten selbst – in Korruption und Amtsmißbrauch aufgedeckt. Und schon nach einem halben Jahr mußte Calderón Sol zwei seiner Minister wegen Korruption und Amtsmißbrauch entlassen. Kaum noch zu überbieten ist die Korruption auf der kommunalen Ebene: In der ersten Jahreshälfte 1996 gab es 115 laufende Verfahren gegen BürgermeisterInnen – mit wenigen Ausnahmen alle von ARENA.
Kaum verwunderlich ist denn auch der Popularitätsverlust der Regierung Calderón Sol. Nach Ergebnissen einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts der Jesuitenuniversität im Sommer dieses Jahres fühlen 61,6 Prozent der Befragten eine Verschlechterung der wirtschaflichen Lage seit Antritt der Regierung Calderón Sol und 77,4 Prozent befürworten einen Regierungswechsel. Und auch das US-amerikanische Meinugsforschungsinstitut Gallup sieht ARENA im Abwind. Laut Gallup ist die einzige Partei, die in der WählerInnengunst seit den Wahlen 1994 zugelegt hat, die FMLN.

Neue Wahlstrategie der Oppostion

Die FMLN scheint sich nach ihrer Spaltung Ende 1994 wieder konsolidiert zu haben. Die Aufstellung der KandidatInnen für die Parlaments- und Kommunalwahlen im März 1997 verlief längst nicht so schwierig wie noch vor den vergangenen Wahlen, als sich der “linke” und der “rechte” Parteiflügel lange Zeit gegenseitig blockierten. Für die Parlamentswahlen hat die FMLN einen Großteil ihrer bisherigen Abgeordneten erneut auf aussichtsreichen Listenplätzen plaziert. Zusätzlich werden allerdings auch einige VertreterInnen aus sozialen Organisationen für die FMLN ins neue Parlament einziehen: so zum Beispiel Ileana Rogel vom Verbraucherschutzkomitee CDC, die hinter dem früheren Parteivorsitzenden Schafik Handal auf Platz 2 der landesweiten Liste nominiert wurde. Gleichzeitig wird sich auch der Frauenanteil der FMLN-Abgeordneten auf vermutlich ein Drittel erhöhen. Was die Frauen den Männern in langen Kämpfen abgerungen haben, feiern diese nun als Zeichen für die Gleichberechtigung innerhalb der FMLN. Aber immerhin, ein erster Schritt ist erreicht.
Ziel der FMLN ist es, die rechte Mehrheit von ARENA und PCN (“Partei der Nationalen Versöhnung”; die Regierungspartei der Militärs der sechziger und siebziger Jahre, die zur Zeit noch vier Abgeordnete stellt) im Parlament zu beenden. Ob dies gelingt, ist allerdings unsicher. Denn selbst wenn die FMLN bei den Parlamentswahlen zulegen kann, so steht doch zu befürchten, daß ein Teil der bisherigen WählerInnen der Christdemokratischen Partei (PDC), die völlig zerstritten ist und sich seit 1994 bereits zweimal gespalten hat, nicht doch eine rechte Partei wählen werden. So könnten vom Niedergang der PDC sowohl die Oppositionsparteien – neben der FMLN die “Demokratische Konvergenz” (CD), die FMLN-Abspaltung “Demokratische Partei” (PD) sowie die PDC-Abspaltung “Sozialchristliche Erneuerungspartei (PRSC) – als auch ARENA und die PCN profitieren.
Für die Opposition gilt es vor allem auch, gemeinsame KandidatInnen bei den Kommunalwahlen zu präsentieren. Nachdem ARENA nämlich erfolgreich eine Reform des Kommunalwahlrechts blockiert hat, stellt die Partei mit der relativen Mehrheit der Stimmen weiterhin sowohl den/die BürgermeisterIn als auch den kompletten Gemeinderat. Bei den Kommunalwahlen 1994 konnte ARENA aufgrund fehlender Allianzen der Opposition dadurch 206 der 262 Bürgermeisterämter erobern. Die FMLN selbst hofft, 1997 rund 30 Bürgermeisterämter zu gewinnen und ist bereit, in wichtigen Städten KandidatInnen anderer Oppositionsparteien zu unterstützen.

Wahlkampfthema Gewalt

Um ein Abrutschen in der WählerInnengunst zu verhindern, hat ARENA die eskalierende Gewalt im Land längst zu ihrem Hauptwahlkampfthema gemacht. Seit 1992 ist die Gewalt tatsächlich Jahr für Jahr enorm gewachsen. Mittlerweile sterben in El Salvador mehr Menschen eines gewaltsamen Todes als während des Krieges. Jede Stunde wird ein Mensch umgebracht. Bei lediglich 5,5 Millionen EinwohnerInnen hat das Land somit eine der höchsten Kriminalitätsraten in ganz Lateinamerika. Betroffen ist die gesamte Bevölkerung, die Phänomene der eskalierenden Gewalt sind äußerst vielschichtig.
Es boomt sowohl die sogenannte Armutskriminalität als auch die organisierte Kriminalität, deren Verbindungen nicht selten in Polizei, Armee und Regierung reichen. Kein Bereich der Kriminalität, der in den letzten Jahren nicht angestiegen wäre: Drogenhandel und Geldwäsche, Autohehlerei, Erpressungen, Entführungen und selbst Auftragsmord und Menschenschmuggel.
Doch egal, wie die Delikte im einzelnen motiviert sind: ARENA nutzt die Angst der Bevölkerung und deren Unzufriedenheit über mangelnde Erfolge bei der Verbrechensbekämpfung, um sich als Partei der harten Hand zu profilieren. Nicht die Armut, sondern die Armen werden bekämpft. Statt die überforderte Polizei und das ineffiziente Justizsystem zu reformieren, wird der Ausbau der Knäste und die Verschärfung der Gesetze beschlossen.
Mit dem Thema öffentliche Sicherheit kann ARENA hervorragend von der eigenen Krise und der sozialen Misere ablenken. Und im Erzbischof von San Salvador, Fernando Saenz Lacalle, hat ARENA einen ausgezeichneten Verbündeten. Sein Votum für die Wiedereinführung der Todesstrafe fiel ihm sicherlich nicht schwer. Schließlich ist er Mitglied der ultrarechten Geheimloge Opus Dei – und die fühlte sich repressiven Regimen schon immer besonders verbunden.

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