Nummer 287 - Mai 1998 | Panama

Die Gringos gehen – der Weihnachtsmann kommt

Das multilaterale Antidrogenzentrum in Panama

“The City of Knowledge: Transforming barracks into classrooms and exchanging soldiers for professors and students.“ Hübscher hätte es auch die Friedensbewegung zu ihren Hochzeiten nicht ausmalen können: Ehemalige US-Militärbasen sollen nun der Förderung von ziviler Forschung und Wissenschaft (und der Bekämpfung des Drogenhandels) dienen. Hinter der blumigen Rhetorik verbirgt sich jedoch das alte militärische Kalkül
und wirtschaftspolitische Interessen.

Andreas van Baaijen

In Albrook, einer der bereits verlassenen Kasernen des Kommando Süd der US-Streitkräfte am Kanal von Panama, hat in einem der zurückgelassenen Verwaltungsgebäude die City of Knowledge Einzug gehalten, panamaisches Prestige-Projekt unter besonderer Fürsorge des Staatspräsidenten Ernesto Perez Balladares. In der Werbebroschüre wirbt die Stiftung für sich als „einzigartiges Projekt“, unter dessen Dach die Koordination internationaler Lehr- und Forschungsinstitutionen betrieben werden soll, mit dem Ziel, Panama als internationalen Forschungsstandort zu etablieren. Zugpferd ist der US-Forschungskoloß Smithsonian Institute, der seit Jahren schon in den tropischen Wäldern Panamas Biodiversitäts-Studien durchführt.
Kürzlich beschloß die EU, innerhalb der City of Knowledge einen Technologie-Park mit 1,1 Mio US-Dollar zu unterstützen. Die Zugangskriterien zur Ciudad del Saber, wie sie wahlweise genannt wird, scheinen zwar hoch (Internationalität, Renomée und Erfahrung, Interdisziplinarität, Kompatibilität, Innovation, etc.), in der Praxis aber reduziert sich die Sache auf das Zur-Verfügung-Stellen von Infrastruktur für jedwedes Unternehmen, das die Standortvorteile Panamas für seine Zwecke, seien es akademische oder privatwirtschaftliche, nutzen will. Im Dezember vom Parlament ins Leben gerufen, wird nun mächtig die Werbetrommel gerührt. Wenn die City of Knowledge Ende nächsten Jahres nach Fort Clayton, zur Zeit noch von US-Amerikanern besetzt, umziehen wird, „hat sie sich“, so hofft Direktor Prof. Jorge Arosemena, Ex-Chef der Universidad de Panama, „international als First-Class-Forschungszentrum etabliert“.

Rückgabe bis zum Jahr 2000

Die City of Knowledge ist das Vorzeigeobjekt Panamas innerhalb der nicht ganz einfachen Aufgabe, die Territorien der nach und nach an die Staatssouveränität übergebenen US-Kasernen an den Ufern des Kanals in den urbanen und ökonomischen Großraum Panama-Stadt zu integrieren. Viel mehr an städteplanerischen Ideen hat sich die Autoridad de la Region Interoceanica (ARI), die für die Verwaltung, Planung und Nutzung der übergebenen Kasernen-Areale zuständig ist, für die zum Teil ziemlich heruntergekommenen Grundstücke und Immobilien noch nicht einfallen lassen.
Auf dem Gelände des ehemaligen Militärflughafens Albrook wird der Regionalflughafen Paitilla, der zur Zeit noch im Herzen der Stadt die Bankentürme säumt, angesiedelt, hier und da hat man sich eine Altenwohnanlage oder ein Ärztezentrum ausgedacht, verschiedene Regierungsinstitutionen sollen hierher umziehen. Der Großteil der Freizeitanlagen, Sozialzentren, Supermärkte, Verwaltungs-, Büro- und Wohnhäuser aber wird schlicht verkauft. Ursprünglich wollte man eine Quote für InländerInnen freihalten, mangels städteplanerischer Visionen wurde dies dann aber obsolet und schließlich vergessen.
Die Kanal-Verträge zwischen Panama und den USA, 1977 von den Präsidenten Torrijos und Carter unterzeichnet, sehen den vollständigen Abzug der US-Truppen aus Panama bis zum 31.12.1999 vor. Nun ist er im vollen Gange, nach und nach werden unter zeremonienschweren Gedenkfeiern die einzelnen Territorien übergeben und die US-Flaggen eingeholt. Im September 1997 begann der offizielle Abzug, zur Zeit verbleiben noch rund 4000 Soldaten mit ihren Familien in den Basen Davis und Espinar an der Atlantikküste, sowie Amador und Albrook am Pazifik.
Von der Mehrheit der panamaischen Bevölkerung wird der Abzug der Gringos begrüßt, in bestimmten Kreisen erzeugt er allerdings durchaus auch Unbehagen. Die Präsenz der US-Armee bedeutete nämlich in dreierlei Hinsicht einen bedeutenden Faktor für die nationale Ökonomie: Sie steigerte den direkten und indirekten Konsum, sei es in Form von Konstruktionen und Reparaturen oder aller Arten von Dienstleistungen. Außerdem ließ Washington sich die Gastfreundschaft Panamas Ausgleichszahlungen von etlichen Millionen US-Dollar kosten, die jährlich direkt in die Staatskassen flossen. Und nicht zuletzt sind der Kanal und die Freihandelszone das wichtigste Standbein der panamaischen Ökonomie.
Die Einnahmen aus dem Export von landwirtschaftlichen Gütern oder Tourismus sind gering, als internationaler Finanzstandort hat Panama in den letzten zehn Jahren stark an Bedeutung verloren. Die US-Amerikaner waren Garant für die „Stabilität“ im Land und die Offenhaltung des Kanals. Was, wenn sie nun weg sind?, fragen sich nicht wenige. Werden wir in der Lage sein, die Sicherheit und Zukunft des Kanals zu schützen?

Das Centro Multilateral Antidrogas (CMA)

So liegt die Idee nahe, nach einer Möglichkeit zu suchen, unter Umgehung der Torrijos-Carter-Verträge weiterhin die Anwesenheit amerikanischer Streit- und Sicherheitskräfte im Land zu gewährleisten – eine Idee, die im State Department schon zu genüge erörtert worden sein dürfte. Folgerichtig hatte man von US-Seite aus schon frühzeitig das Interesse an einer „reduzierten militärischen Präsenz“ auch nach der Erfüllung der Torrijos-Carter-Verträge angekündigt.
1995 begannen die Regierungen Panamas und der Vereinigten Staaten diesbezüglich informelle Gespräche. Rasch war die Idee eines multilateralen Zentrums zum Anti-Drogen-Kampf geboren, das Centro Multilateral Antidrogas (CMA). Der verstorbene Außenminister Panamas, Gabriel Lewis Galindo, bot in nobler und uneigenütziger Geste panamaisches Territorium zur Initiierung des internationalen Anti-Drogen-Kampfes feil, die Vereinigten Staaten brauchten nur noch, ebenso nobel und uneigennützig, die Geste anzunehmen. Wenngleich als ziviles Projekt konzipiert, war die militärische Komponente von Beginn an fundamental. Aufgabe der US-Streitkräfte und Sicherheitsdienste wäre die Überwachung des Luft- und Seeraumes. Das Gespenst des Drogenhandels tat seine Dienste. Am 23. Dezember des vergangenen Jahres kamen die Unterhändler der beiden Staaten zu einer vorläufigen Übereinkunft. Obschon geheim gehalten, veröffentlichte die mexikanische Presse Ende Januar die wesentlichen Inhalte: 2500 (US-)Soldaten sollen vom 1. Januar 2000 an ihre Arbeit aufnehmen, insgesamt spricht man von einem Personalstock von bis zu 3500 Personen. 53,5 Millionen Dollar jährlich werden die USA dem südlichsten Staat Mittelamerikas für die ersten zwölf Jahre zahlen, danach soll der Vertrag alle fünf Jahre neu ausgehandelt werden. 33 Gebäude auf der 1914 erbauten Howard Base stehen für das CMA zur Verfügung. Um die Multilateralität (und Legitimität) des Zentrums zu garantieren, sieht der Vor-Vertrag vor, die Unterstützung und Mitwirkung von mindestens vier weiteren lateinamerikanischen Staaten zu erreichen.

Quarry Heights – Abschied und Kontinuität

Politisch koordiniert werden soll das CMA von einer Außenstelle des Ministerio de Relaciones Exteriores auf der Quarry Heights Base, jener Base, die 84 Jahre lang das logistische Nervenzentrum der Aktivitäten des Kommando Süd der US-amerikanischen Streit- und Sicherheitskräfte darstellte. Unzählige Operationen und militärische Eingriffe in etlichen Staaten Lateinamerikas wurden von hier aus geplant und geleitet. Auch die Invasion im Dezember 1989 gegen das Regime des General Manuel Antonio Noriega, der jahrelang auf der Gehaltsliste der CIA gestanden und eng mit der Reagan-Administration gegen die sandinistische Revolution in Nicaragua gearbeitet hatte, wurde von hier aus durchgeführt. Noriega verbüßt nun in den USA eine Haftstrafe von 40 Jahren. Hunderte von Zivilisten wurden bei der nur wenige Tage andauernden Invasion getötet.
Im vergangenen September wurde die Kommandantur nach Miami verlegt. Am 8. Januar diesen Jahres übergab der Botschafter der Vereinigten Staaten, William Hughes, dem Außenminister Ricardo Alberto Arias offiziell die Verwaltung von Quarry Heights. Der US-Repräsentant hatte es sich bei dieser Gelegenheit nicht nehmen lassen, eine glorienreiche Rede zu halten über den Sieg der Freiheit über totalitäre Ideologien in der Hemisphäre, dank der würdevollen Arbeit tausender Männer und Frauen, die stets vor Ort waren, „wann und wo auch immer sie gerufen waren“.

Anlaß zur Sorge – Beispiel I

Ein nicht unwichtiger Teil der strategischen Arbeit des Comando Sur der USA wird zu Hause erledigt. Georgia, Fort Benning: Escuela de las Americas. Hunderte lateinamerikanischer Militärs erhielten hier Ausbildung in Kriegsstrategie, Aufklärung, Anti-Guerilla-Kampf, Terror, Zensur und Folter. Heute bekleiden sie, wenn sie nicht gerade zufällig im Gefängnis sitzen wie Noriega, hohe Posten innerhalb ihrer Armeen.
Vor wenigen Wochen wurden Friedensrechtler in den USA zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, weil sie es gewagt hatten, die Einfahrt der Escuela de las Americas für einige Stunden zu blockieren und die Militärs Mörder zu schimpfen. Es ist somit ein äußerst heikler Punkt, daß eine Aufgabe des CMA laut Vertragstext „Anti-Drogen-Training für Militärs und Polizisten“ sein wird. Panama hatte nach der Invasion 1989 seine Armee offiziell abgeschafft. Entsprechend wurden seitdem keine Personen mehr nach Georgia gesandt. Nun besteht durchaus Anlaß zur Befürchtung, daß zwar Panamaer nicht mehr nach Fort Benning, Fort Benning aber nach Panama kommen wird.

Anlaß zur Sorge – Beispiel II

Ende des vergangenen Jahres ging ein Kooperationsvorschlag bei der City of Knowledge ein mit dem Ziel, das Tropic Test Center (TTC), ein angeblich ziviles Forschungszentrum, in die Akademie zu integrieren. In der Beschreibung seiner Tätigkeiten wird man dann stutzig. 60 Prozent seiner Arbeit bestehe aus Munitionstests, die man auf speziellem Gelände in Gamboa, Nuevo Emperador oder Fort Sherman durchführe.
Die Friedensorganisation Fellowship of Reconciliation (FOR) gibt Aufschluß über das TTC. Es handele sich um eine militärische Agentur, die seit 30 Jahren Tests mit aller Art von Geschossen, darunter Nervengas und radioaktive Munition, im Auftrag des Pentagons durchführe. „Das TTC versucht in Geheimverhandlungen, auf panamaischem Boden verbleiben zu können“, gibt FOR zu wissen. Da das TTC keine Möglichkeit mehr für eine Angliederung an das multilaterale Drogenzentrum sehe, versuche man nun die Variante über die City of Knowledge (man erinnere sich an den hübschen Euphemismus jener in Klassenzimmer umgerüsteten Baracken und durch Studenten ausgetauschten Soldaten). „Mein Eindruck ist, daß alles (was in Vietnam benutzt wurde)“, so Rick Stauber, Autor eines Pentagon-Berichts über uranhaltige Projektile, „vorher hier in Panama vom TTC unter tropischen Bedingungen an verschiedenen Orten getestet wurde.“ Balladares scheint eine weitere Präsenz des TTC unter bestimmten Bedingungen gewährleisten zu wollen, die Verhandlungen werden auch hier geheim geführt.

Internationale Unterstützung

Für das CMA sucht man nun dringend internationale Unterstützung, sei es zu Zwecken der Legitimation, sei es der Funktionalität des CMA wegen. Die Regierungen El Salvadors und Boliviens haben Zustimmung und Interesse signalisiert, am CMA mitzuwirken.
Bei seinem Staatsbesuch im November des vergangenen Jahres erkundigte sich der spanische Staatspräsident José María Aznar nach dem Stand der Verhandlungen und setzte ebenfalls schon den ersten Fuß in die Tür des High-Tech-Zentrums: „Wir werden die Sache mit höchstem Interesse verfolgen, und in dem Maße, in dem die Gespräche und Verhandlungen fortschreiten, sehen wir die mögliche Beteiligung Spaniens und anderer Staaten der Europäischen Union“. Im Hinblick auf die Dominanz der Vereinigten Staaten in den Anfangsverhandlungen betonte er allerdings die Notwendigkeit, „die Multilateralität des CMA“ zu garantieren. José Ignacio Salafranca, Präsident der Europäischen Volkspartei, versicherte anläßlich einer Delegationsreise von Abgeordneten des Europäischen Parlaments, die EU sei durchaus in der Lage, das CMA zu unterstützen, sobald denn erstmal seine Parameter definiert seien. Er wies auf die „wichtigen finanziellen Mittel hin“, die die EU in der Vergangenheit „im Subkontinent“ mobilisiert habe, „um dieses Problem zu bekämpfen“ und betonte, die EU könne sich “des Anti-Drogen-Kampfes nicht entziehen“, darum ihr „positiver und aktiver Beitrag“ zum CMA. Es gilt als sicher, daß Kolumbien zu den ersten gehören wird, die sich am CMA beteiligen – zu verlockend ist die Aussicht für die vom Guerillakampf geschundene Armee, Training und Militärhilfe zu ergattern.

Internationale Skepsis

Doch die internationale Zustimmung ist reichlich beschränkt. Die Mehrheit der lateinamerikanischen Staaten steht der Verlängerung US-amerikanischer Präsenz in Mittelamerika eher skeptisch gegenüber.
Mexikanische Sicherheitskreise drücken ihre Ablehnung aus gegen ein „verkleidetes Projekt, das die Vergewaltigung regionaler Souveränitäten legitimiert“. Sergio Gonzales Galvez, bis Februar Außenminister Mexikos (seine Nachfolgerin, Rosario Green, hält gleichwohl nun schon moderatere Töne für das Projekt bereit), bekräftigte die Opposition seines Landes gegen das Projekt, solange sein ziviler und multilateraler Charakter nicht gewährleistet sei und damit die Möglichkeit für die USA ausgeschlossen sei, von dort aus militärische Operationen gegen andere Nationen des Kontinents durchzuführen. Der Vertragstext aber hält sich über die konkreten Aktivitäten des CMA relativ bedeckt. Vom „Einholen und Verarbeiten von Primärinformationen über Wege des Drogenhandels“ ist die Rede, der Koordinierung von Überwachung und Kontrolle in der Region, von humanitären Rettungsaktionen sowie von „weiteren Missionen“ – und hier liegt der Hase im Pfeffer. Als US-Chefunterhändler Thomas McNamara im Februar nach Panama reiste, um die offensichtlich ins Stocken geratenen Verhandlungen wieder aufleben zu lassen, wurde er zu jeder Gelegenheit nach der Bedeutung dieser Formulierung gefragt – und blieb eine Antwort schuldig. Und dies, obwohl seitens der USA bzw. des Pentagons darauf beharrt wird, daß jene Textpassage „unentbehrlich und nicht verhandelbar“ sei: „Ohne das bringt das ganze Projekt nichts“, erklärte ein Pentagon-Funktionär lapidar.
Um was es bei „weiteren Missionen“ letztendlich gehen könnte, läßt das Beispiel Kolumbiens ahnen. Das Bekanntwerden wiederholter Menschenrechtsverletzungen der kolumbianischen Armee, Foltercamps, Massenermordungen und die Zusammenarbeit mit guardias blancas hatten deren Unterstützung im internationalen Rahmen problematisch werden lassen. So war in den letzten zehn Jahren die US-Militärhilfe für die berüchtigte Armee stark zurückgeschraubt worden.
Da es den USA aber mit der Zeit gelungen war, ihrer Militärhilfe durch die strategische Anwendung von Begriffen wie Menschenrechte, Humanismus und eben Drogenhandel ein neues Outfit zu verleihen, konnte im letzten Jahr militärisches Gerät im Wert von mehr als 100 Millionen US-Dollar übergeben werden. Kolumbien ließ sich natürlich nicht lange bitten und beantragte sogleich den Kauf von zwölf Kampfhubschraubern Cobra. (Sollte der Handel von US-Seite genehmigt werden, wäre Kolumbien das erste Land Lateinamerikas, das nach der Aufhebung des US-Embargos gegen den Verkauf von High-Tech-Waffen in die Hemisphäre durch Präsident Clinton Ende vergangenen Jahres solch hochentwickeltes Gerät erhielte.) Ist der Anti-Drogen-Kampf aber erst einmal institutionalisiert und legitimiert, läßt er sich beliebig mit anderen, allzu bekannten Interessen verbinden. „Wir sehen das Problem des Drogenhandels als vorrangig an“, zitiert Ende März die Washington Post einen hohen Pentagon-Funktionär, „aber wir sind sehr sensibel gegenüber der Tatsache, daß es eine Verbindung gibt zwischen Drogenhändlern und den Aufständischen“ (gemeint sind FARC- und ELN-Guerilla). Dann wird er deutlich: Obschon seine Regierung noch (!) nicht „präpariert“ sei, einen militärischen Schlagabtausch direkt zu unterstützen, der nicht mit dem Thema Drogen zu tun hätte, so herrsche doch große Besorgnis angesichts jüngster Niederlagen der Armee und einer wachsenden Feuerkraft der Guerilla.

Nationaler Widerstand

Zur gleichen Zeit regt sich Widerspruch innerhalb des Landes gegen eine verlängerte Präsenz der US-Streitkräfte. „Die Übereinkünfte zwischen Panama und USA, ein Anti-Drogen-Zentrum am Kanal zu installieren“, so Ex-Präsident Guillermo Endara, „sind ein teuflisches Geschenk an die Clinton-Administration“. Kurioserweise ist es eben jener Politiker, den die USA nach ihrer Invasion 1989 als Präsidenten der Republik einsetzten, der heute als einer der vehementesten Wortführer gegen das CMA Front zu machen sucht. Gewerkschaftliche, religiöse und studentische Gruppen rufen zum Widerstand auf gegen das CMA, welches nichts mehr sei als „ein neuer Mechanismus der Kontrolle über die Region“, mit dessen Hilfe und „dem Vorwand des Drogenhandels die USA ihre üblen hegemonialen Interessen im neuen Jahrhundert weiterführen werden“.
Selbst innerhalb der Regierungspartei Panamas, der revolutionären demokratischen PRD, wird das Unternehmen mit verhaltener Kritik begutachtet, war es doch der Gründer der Partei selbst, General Omar Torrijos, der zu seiner Zeit meinte, seine Heimat sei nicht eher souverän, bevor die USA nicht gänzlich das Land verlassen hätten.
Als Staatspräsident Balladares im Februar seine Absicht verkündete, bei den Wahlen 1999 erneut als Kandidat anzutreten, stellte er ein Volksreferendum in Aussicht, bei dem gleichzeitig über eine dazu notwendige Verfassungsänderung und über das CMA-Projekt abgestimmt werden solle. Die Chancen, in beiden Punkten erfolgreich zu sein, stehen nicht allzu schlecht. Obschon eine Mehrheit der Bevölkerung der ökonomischen Situation des Landes und der Außenpolitik der Vereinigten Staaten eher kritisch gegenübersteht und trotz des autokratischen Regierungsstils von Balladares, befürwortet doch eine große Anzahl die weitere Präsenz US-amerikanischer Streitkräfte im Land, und genießt die Opposition des Landes keine große Popularität.
In einer am 23. März veröffentlichten Umfrage (Dichter & Nerira; http/www.prensa.com/encuesta) sprachen sich 60 Prozent der Befragten für das CMA aus. Auf die Frage, ob man zufrieden sei mit der Weise, wie die Regierung die Verhandlungen führe, antworteten allerdings 31 Prozent mit Ja, 48 Prozent mit Nein, 21 Prozent beantworteten die Frage gar nicht. Befragt nach der Erfüllung seines Amtes waren 63 Prozent der Meinung, Balladares erfülle dies gut bis exzellent, bei der Sonntagsfrage schneidet er mit rund 30 Prozent als eindeutiger Sieger ab. Der Regierung stellen 58 Prozent der Befragten ein gutes Zeugnis aus, in Kontrast zum Parlament, dessen Arbeit 64 Prozent mit schlecht oder miserabel bewerten. 58 Prozent der Befragten hält die Opposition des Landes für nicht vorbereitet, ab 1999 die Regierungsgeschäfte zu übernehmen.

Stillstand der Verhandlungen

Doch auch mit diesem demographischen Rückhalt ist die Zukunft des CMA noch ungewiß. Nicht nur inländische Opposition und auswärtige Kritik blasen der endgültigen Verabschiedung eines CMA-Vertrages zwischen Panama und den USA Wind ins Gesicht. Die Verhandlungsbasis der Panamaer ist weder politisch noch ökonomisch souverän, und so hat die Regierung durchaus etwas zu verlieren – bzw. zu gewinnen. Offensichtlich sind sich Balladares und sein Chef-Unterhändler Jorge Eduardo Ritter dessen sehr bewußt, und man ist nicht bereit, sich zu billig zu verkaufen.
Ein Punkt, der die Geister scheidet, ist die Eigentumsfrage über die Einrichtungen des CMA. Panama weigert sich strikt, der Forderung der USA nachzukommen, ihr juristische Verfügung über das Zentrum zu überlassen. In den letzten drei Monaten sind die Verhandlungen praktisch keinen Schritt weiter gekommen. „Ich bin sicher, daß die Vereinigten Staaten ihre Überwachung von einem anderen Ort aus fortführen werden, sollte Panama nicht zu einer Übereinkunft kommen“, meinte spitzfindig Außenminister Ricardo Alberto Arias im vergangenen November. Und im gleichen Ton, befragt nach dem Verhandlungsstand mit den USA, bekräftigte am 26. März Präsident Balladares, daß sein Land keinerlei Eile habe, das Thema einer möglichen Einrichtung eines CMA zu definieren. „Sollte sich dies hinauszögern und kein Referendum vor Ende des Jahres möglich sein, nun dann lassen wir das halt offen“. In jedem Fall dürften die Verhandlungen die Wahlen, die im Mai 1999 abgehalten werden, nicht stören. Und er wurde noch deutlicher: „Wir werden nicht akzeptieren, daß das CMA als Vorwand für die Errichtung einer Militärbasis benutzt wird.“ Es sei nicht einfach, mit den USA zu verhandeln. „Die Geschichte der Beziehungen unseres Landes mit den Vereinigten Staaten ist geprägt von dem Versuch, sich von vornherein unseren Konditionen zu entledigen.“ Während das State Department schon zufrieden sei, daß es eine gewisse US-amerikanische Präsenz in Panama gebe, „hätten die im Pentagon am liebsten, daß das ganze Land eine Militärbasis sei“.
Es bleibt also abzuwarten, wann und unter welchen Konditionen das CMA seine Arbeit aufnehmen wird. Panama, soviel scheint jedenfalls sicher, wird ohne die Mitwirkung anderer Staaten keinen offiziellen Startschuß geben. Und den USA läuft die Zeit davon, nachdem der Versuch, über die Drohung mit Ausweichstandorten wie Miami oder Honduras Druck zu machen, nicht aufgegangen ist.
Nachtrag: Am 29.März erklärte der Botschafter Panamas in Washington, Eloy Aljaro, die Verhandlungen seien bis auf weiteres ausgesetzt, und man warte nun auf den nächsten Schritt, der von Washington kommen müsse.

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