Brasilien | Nummer 198 - Dezember 1990

Die Linke und das Ende des europäischen Sozialismus

“Am 4. November 1989 vereinigte eine Demonstration, zu der Schriftsteller und Intellektuelle aufgerufen hat­ten, 500 000 Menschen in Ost-Berlin, ein Drittel der Bevölkerung der Stadt… Fünf Tage später überschritten die Demonstranten die Mauer wie einen Fluß, der über die Ufer tritt und alle Dämme bricht”, so beschreibt der Theoretiker der Theologie der Befreiung, Frei Betto, doch recht romantisierend den Fall der Mauer. Tatsächlich standen Beschönigungen am Anfang der brasi­lianischen Diskussion – nicht der Sozialismus stehe in Europa zur Disposition, sondern dessen autoritären Ver­krustungen, die Aktionen der Bürgerbewegungen in Polen, Ungarn oder der DDR wurden mit dem Kampf um Demokratie in Lateinamerika verglichen. Aber mit dem schnellen Ende der DDR wurde unleugbar, daß die reale Alternative nicht der demokratische Sozialismus sondern der Kapita­lismus war: “Traditionell hatte das deutsche Proleta­riat den Platz einer weltweiten Avantgarde in den Träu­men der berühmtesten Marxisten inne. Wenn jetzt der deutsche Sozialismus fehlgeschlagen ist, dann brechen mit ihm Prinzipien zusammen, werden Dogmen untergraben und Fassaden verschwinden.” – heißt es im Editorial von Teoria & Debate, der theoretischen Zeitschrift der PT (Arbeiterpartei). Wie sehr gerade der Zusammenbruch des Sozialismus in Deutschland die brasilianische Linke verwirrt, können wir – aus der Nähe zu dem wenig attraktiven System der DDR – wohl kaum verstehen. Im folgenden soll nun die Debatte innerhalb der PT bzw aus PT-nahen Kreisen dokumentiert werden, die von diesem Ausgangspunkt ausgeht.

Thomas W.Fatheuer

Die PT – eine sozialistische Partei neuen Typus?

Es lohnt sich, gerade die Diskussion innerhalb der PT etwas näher zu betrachten, da diese Partei nicht in den Rahmen der traditio­nellen kommunistisch-sozialistischen Parteien in Lateinamerika paßt und eine Massenpartei ist, deren Kandidat Lula im letzten Jahr fast die Wahlen gewonnen hätte. Während des Präsidentschafts­wahlkampfes war die PT gezwungen, sich intensiv damit auseinander­zusetzen, wie eine sozialistische Alternative für Brasilien auss­sehen könnte und mußte Angriffe kontern, sie wolle in Brasilien das überholte Gesellschaftsmodell einführen, das in Europa gerade zu Grabe getragen werde.
Die PT entstand 1980 als ein Zusammenschluß von Menschen aus der neuen Gewerkschaftsbewegung, links-katholischen Kreisen und Intel­lektuellen. Zahlreiche Basisinitiativen, oft beeinflußt von den links-katholischen Strömungen, schlossen sich der Partei an oder verstanden sich als PT-nahe. Nicht in die Partei gingen hingegen die beiden (damals noch verbotenen) kommunistischen Parteien. Nach einem schematischen Etappenmodell wollten sie in der bürgerlichen Oppositionspartei PMDB zunächst für eine demokratische Umwälzung kämpfen.
Die PT verstand sich von Anfang an als eine Partei mit einer besonderen Bindung an die sozialen Bewegungen und zu Beginn bestimmte das Verhältnis zu den “Bewegungen” die internen Diskus­sionen der Partei: Soll sie nur ein Sprachrohr der Bewegungen sein oder eine eigenständige politische Kraft – eine Diskussion, die sehr an die Gründungszeiten der Grünen erinnert. Von den Grünen unterscheidet sich aber die PT radikal in einem Punkt: Prägend waren die Erfahrungen der neuen, kämpferischen Gewerkschaftsbewe­gung im industrialisierten Sektor Brasiliens. Ist der Kampf gegen Atomkraftwerke die Gründungssage der Grünen, so sind es die Streiks der MetallarbeiterInnen für die PT. In der PT waren und sind auch Kräfte – vor allem unter den Intellektuellen – vertre­ten, die traditionellen marxistischen Orientierungen anhängen, sowie einer recht bedeutsame trotzkistische Strömung.
Die Organisation verschiedener “Tendenzen” innerhalb der Partei ist erlaubt, und tatsächlich ist die PT in eine Vielzahl von Srö­mungen aufgegliedert, die sich zum Teil heftig bekämpfen. Immer­hin: Die PT ist eine Partei, die internen Pluralismus zuläßt und nicht nach den Prinzipien des “demokratischen Zentralismus” aufge­baut ist. Das heißt auch, daß in vielen Fragen eine Position der PT nur schwer auszumachen ist. Gerade in vielen Punkten, die Deut­sche immer wieder interessieren, ist die PT zutiefst gespalten: der Ökologie und dem Verhältnis zur Frauenbewegung. Selbst Grund­forderunge wie das Recht auf Abtreibung haben es in der PT schwer, da hier die progressiven Katholiken an ihre Grenzen geraten. Aber auch solche Diskussionnen werden innerhalb der PT geführt und in letzter Zeit konnten Feministinnen in der PT an Boden gewinnen, zum Beispiel daurch, daß eine erklärte Feministin zur Frauenbeauf­tragten in Sao Paulo ernannt wurde.
Die PT hat sich in vielen Positionspapieren (nicht aber in ihrem Gründungsdokument!) zum Ziel einer sozialistischen Gesellschaft bekannt. Sie hat sich mit der polnischen Solidarnosc solidari­siert, gar Kampagnen zu ihrer Unterstützung in Brasilien gestartet – ein demonstrativer Akt der Abgrenzung zum real existierenden Sozialismus (Später sind die Beziehungen zur Solidarnosc aus ver­ständlichen Gründen abgekühlt). Auf der anderen Seite hat die PT intensive Beziehungen zu den kommunistischen Parteien Osteuropas unterhalten und zahlreiche PT Funktionäre besuchten Schulungskurse in der DDR. Diese seltsame Ambivalenz von Distanz und Nähe bestimmte auch das Verhältnis zu Kuba. Die Offenheit der PT macht natürlich auch in den verschiedensten Lagern Appetit. Auf dem letzten Parteikongreß (1990) waren zum Beispiel die SPD (als ein­zige deutsche Partei!) und die kommunistische Partei Nordkoreas vertreten.

Sozialismus + Demokratie + Pluralismus

Diese Formel wird in den meisten Beiträgen als Lösung des Problems angeboten. “Der Pluralismus ist unvermeidbar”, ist ein Interview mit dem Generalsekretär der PT, José Dirceu überschrieben. “Ich glaube, daß die leninistischen Konzeption von der Diktatur des Proletariats, nicht wie sie gedacht war, sondern wie sie verwirk­licht wurde, überholt ist. Sie oktroyiert eine staatliche Presse, die Abwesenheit von Opposition, ein Einparteiensystem und Plan­wirtschaft.Die Gesellschaft muß sich demokratisch entwickeln.” Seine Vorstellung von Demokratie konkretisiert Dirceu folgenderma­ßen: “Die Opposition hat das Recht zu existieren. Sie muß alle individuellen und kollektiven Rechte ausüben können, die in der Verfassung garantiert sind. Ihr muß auch die Freiheit eingeräumt werden, den Weg der Rückkehr zum Kapitalismus einzuschlagen. Es ist bewiesen, daß die kulturellen Unterschiede innerhalb der Bevölkerung, insbesondere innerhalb der Arbeiterklasse, es einem großen Teil der Menschen unmöglich machen, die Macht über die direkte Demokratie auszuüben, also durch Plebiszite oder Referen­dum. Somit ist die repräsentative Demokratie eine Notwendigkeit. Es ist ein Fehler der Sozialisten, ein fundamentales Instrument zur Erzielung von Legitimität und Konsens zu vernachlässigen: die Abstimmung in einer repräsentativen Körperschaft.”
Es ist die Kombination von Verfassungsrechten und repräsentativer Demokratie, die autoritäre Verzerrungen bannen soll. Im Scheitern des autoritären Sozialismus sehen einige Beiträge denn auch eine Chance: der Sozialismus muß nun endlich eine untrennbare Verbin­dung mit der Demokratie eingehen und kann gerade dadurch an Attraktivität gewinnen. “Der Zusammenbruch der sozialistischen Regimes in Osteuropa hat eine extrem positive Seite: Überkommene und nicht mehr aktuelle Ideen müssen neu überdacht werden.”(Luis Alberto Gomes) Zwar hatten die Marxisten, wie Herbert de Souza ausführt, immer schon die Demokratie im Munde geführt, aber eine im Grunde taktische Position zur Demokratie eingenommen und damit ihre Reichweite und Radikalität vermindert. Das Ergebnis war “Gleichheit ohne Partizipation und Solidarität ohne Freiheit.”
“Man kann sagen, daß die brasilianische Linke die Realität der brasilianischen Gesellschaft nie unter dem Blickwinkel der Demo­kratie analysiert hat. Generell war die Linke eher in der Lage, die Entwicklung des Kapitalismus zu verstehen als diese Entwick­lung unter dem Blickwinkel der Demokratie zu analysieren.” Oder noch einmal zugespitzt: Die Frage des Sozialismus hat nur Sinn als Frage der Demokratie. Der Sozialismus muß – und tut es auch schon – seinen Namen neu diskutieren. Der wahre Name des Sozialismus ist Demokratie.” An diesen Stellungnahmen überrascht vielleicht, wie unproblematisiert mit dem Konzept der (repräsentativen) Demokratie umgegangen wird. Allerdings betonen die Autoren immer wieder, daß die bürgerliche Demokratie keine Alternative sein kann, da sie vor den Fabriktoren aufhöre und eine Demokratie ohne soziale Gerech­tigkeit keine wirkliche Demokratie sei. Dirceu problematisiert, ob es jetzt überhaupt einen demokratischen Staat gäbe. Das würde ja voraussetzen, daß die Bourgeoisie bereit wäre friedlich einen übergang zu einer nicht-kapitalistischen Gesellschaft zuzulassen. “Aber wenn das Volk in kapitalistischen Ländern die Macht ergreift, dann holen sie das Heer und veranstalten wahre Massaker, wie sie es schon in verschiedenen Ländern Lateinamerikas gemacht haben.” Diese Frage müsse noch gelöst werden.
Das glaubhafte Bekenntnis zu einem demokratischen Sozialismus fällt der PT sicherlich nicht schwer, wie die kurze Charakterisie­rung der Partei zeigt. Daher wohl auch das Bemühen, diesen Punkt in den Mittelpunkt der Debatte zu rücken. In einigen Stellungnah­men scheint aber auch durch, daß die Fragen doch komplizierter sind: Schließlich forderten “die Massen” in Osteuropa nicht den demokratischen Sozialismus, sondern den Kapitalismus.

Sozialismus ohne Planwirtschaft?

In die Krise geraten ist doch auch eine Grundannahme aller sozia­listischen Konzepte: daß eine zentrale Planung und gesellschaftli­che Kontrolle der Produktion geboten sei, um den Übeln der Markt­wirtschaft beizukommen. Dieser Punkt wird in den meisten Stellung­nahem weniger ausführlich diskutiert. José Dirceu will an der Grundentscheidung für Planwirtschaft festhalten. “Ich glaube nicht, daß die Planung in sozialistischen Ländern aufgegeben wer­den darf (ich spreche von strategischer Planung) und obwohl ich die Beibehaltung des Kollektiveigentums an den wichtigsten Produk­tionsmitteln verteidige, ist es nicht vorstellbar, da? es möglich sein kann, die Produktivkräfte zu entwicklen, ohne kleines und mittleres Eigentum zuzulassen – oder anders gesagt: ohne die Exi­stenz von Privateigentum an Produktionsmitteln und Gütern.” Die Kombination von Wirtschaftsdemokratie, Planung und Privateigentum soll sowohl Bürokratisierung wie die Anarchie des Marktes beseiti­gen. “Ich glaube nicht, daß in den nächsten fünfzig Jahren irgend­eine Gesellschaft voranschreiten kann, ohne Kollektiveigentum mit mittlerem und kleinem Privateigentum zu verbinden.”

Der Marxismus – ein toter Hund?

Die PT-Dikussion bewegt sich – das ist unschwer zu erkennen – im Rahmen einer klassisch-sozialistischen Denktradition, die durch den Marxismus geprägt ist. ßkologie oder feministische Kritik spielen bei den durchweg männlichen Autoren keine Rolle. So kann es auch nicht überraschen, daß eine Krise des Marxismus konsta­tiert und erörtert wird. In Deutschlund scheint diese Frage ja – um im Tierreich zu bleiben – keinen Hund mehr hinter dem Ofen her­vorzulocken, die große Debatte dieses Jahrhunderts ist nicht ent­schieden worden, sondern siecht an Desinteresse dahin. Anders in Brasilien: “Die Krise des ‘realen Sozialismus’ ist vor allem die Krise des orthodoxen Marxismus… Der orthodoxe Marxismus ist heute nicht mehr als eine Philosophie des bürokratischen Konserva­tivismus…Die Kritik dieses Marxismus ist der Ausgangspunkt für die Formulierung einer revolutionären Alternative, die zugleich humanistisch und universal ist.” Man müsse den Kopf befreien von der Diktatur der “gesellschaftlichen Gesetzmäßigkeiten” um zu einer “antideterministischen und libertären” Konzeption zu gelan­gen. Es gelte den Weg weiterzuverfolgen, den Gramsci eröffnet habe.(So Ozeas Duarte, einer der Herausgeber von “Teoria & Debate”) In einem anderen Beitrag fordert Augusto de Franco (Mitglied des Leitungsgremiums der PT), “die alte Fibel zu zerrei­ßen, die darauf basiert, der Marxismus-Leninismus sei eine wissen­schaftliche Theorie.” Besonders in diesem Beitrag wird nicht erst der Stalinismus als das Übel ausgemacht: “Die Geschichte zeigt, daß es weder vor noch nach 1917 eine Politik gab, die unabhängige und autonome Organisationen der Arbeiter aufbaute als Keimformen von Organisationen der Leitung und der Macht in der Gesellschaft.” Diese Äußerungen haben heftigen Widerspruch eines anderen Lei­tungsmitgliedes (Joao Machado) provoziert. Für ihn brach Stalin mit der gesamten marxistischen Tradition und errichtete eine büro­kratische Diktatur, die sich gerade über die physische Liquidie­rung der alten Garde des Bolschewismus etablierte. Der Stalinismus stelle einen radikalen Bruch mit der Tradition des Marxismus dar, die Kritik am real existierenden Sozialismus gäbe daher nichts her für die Kritik am Marxismus. “Daher haben wir bei der immensen Aufgabe, einen demokratischen, revolutionären und libertären Bezugsrahmen zu errichten, einen fundamentalen Stützpunkt in der marxistischen Tradition, die wir mit aller Energie vom Stalinismus unterscheiden müssen.”

Wir haben eine Mappe bereitgestellt, in der die Beiträge, auf die hier Bezug genommen wird, kopiert sind. Die Mappe enthält auch den vollen Wortlaut des Dokuments “O socialismo petista”. Alle Beiträge sind auf portugiesisch! Zu beziehen über den LN Vertrieb gegen Rechnung (DM 10,- plus Versandkosten) oder gegen DM 10,- Vorauskasse!

Kasten 1:

Dokumentation

O Socialismo petista

Dokument des 7.Nationalen Kongreß der PT (Juni 1990) Auszüge
Die PT entstand bereits mit radikaldemokratischen Vorschlägen. Unsere Ursprünge liegen im Kampf gegen die Militärdiktatur und Repression der Bourgeoisie. Auf der Straße und an unseren Arbeitsplätzen forderten wir die politischen Freiheiten und sozia­len Rechte. In den 10 Jahren ihrer Existenz war die PT immer an der Spitze der Kämpfe für die Demokratisierung der brasilianischen Gesellschaft … Aber die demokratische Verpflichtung der PT geht hinaus über die Parolen, die sie verteidigte und verteidigt. Auch unsere interne Organisation drückt die Verpflichtung zu einer freiheitlich orientierten Politik aus. Den monolithischen Hierar­chien traditioneller Parteien – und vieler linker Gruppierungen – abgeneigt, unternimmt die PT Anstrengungen, die interne Demokratie zu stärken. Dies ist die unabdingbare Voraussetzung für eine demo­kratische Praxis im sozialen Leben und bei der Ausübung der Macht. Diese fundamentale Verbindung mit der Demokratie verpflich­tete uns zum Antikapitalismus, wie sie auch unsere antikapitali­stische Opposition in unserem demokratischen Kampf stimulierte.
Die PT identifiziert sich mit den Kämpfen der Arbeiter und der Völker für ihre Befreiung und für den Sozialismus … Seit ihrer Gründung betrachtet die PT die Mehrheit der Erfahrungen des soge­nannten realen Sozialismus als eine Theorie und Praxis, die nicht in Einklang ist mit den humanistischen, libertären und egalitären Ideen des Sozialismus. Der Sozialismus, im Sinne der PT, wird radikal-demokratisch sein oder er wird kein Sozialismus sein … Aber was für ein Sozialismus? Für welche Gesellschaft, welchen Staat kämpfen wir? … Das 5. Nationale Treffen präsentierte den Arbeitern unseres Landes das grundlegende ideologisch-politische Profil unserer Vision: Um den Kapitalismus auszulöschen und den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft zu beginnen, bedarf es an erster Stelle einer radikalen politischen Veränderung: die Arbeiter müssen zur hegemonialen Klasse in der zivilen Gesell­schaft und in der Staatsmacht werden.
Der Sozialismus, den wir herbeisehnen, kann es nur geben mit einer demokratischen Organisation der Wirtschaft … Eine Wirtschaftsdemo­kratie, die ebenso die perverse Logik des Marktes wie auch die unerträgliche, autoritäre staatliche Planung der sogenannten sozialistischen Wirtschaften überwindet … Wir kämpfen für einen Sozialismus, der nicht nur die demokratischen Freiheiten,die in der kapitalistischen Gesellschaft errungen wurden, bewahren muß, sondern sie erweitert und radikalisiert.

Dies sind nur kurze Auszüge aus einem erheblich längerem Dokument.

Kasten 2:

Die Haupttendenz in der Welt ist Sozialismus

Die abweichende Meinung der Trotzkisten

In einem Interview mit “Teoria & Debate” stellt der Sprecher der größten trotzkistischen Tendenz innerhalb” der PT (Convergencia Socialista), Valerio Arcary, seine Sichtweise der Dinge dar:
“Noch nie in unserem Jahrhundert war die Lage für den Kampf um den Sozialismus so günstig. Ich werde eine noch schockierendere Fest­stellung machen: Nie war der Osten so dem Sozialismus zugeneigt! Denn die Massen sind in Bewegung und ein grundlegendes Element im Marxismus ist das Ver­trauen, daß die Befreiung der Arbeiter nur das Werk der Arbeiter sein kann … Das Proletariat hat sich in Bewegung gesetzt. Das ist ein Beispiel für die ganze Welt … Die Massen wollen den Kapitalismus? Nein. Die Massen wollen nicht den Kapitalismus. Die Massen wollen bessere Lebensbedingungen. Es gibt eine Explosion von Freiheiten in Osteuropa. Es sind Freiheiten, die auf dem Weg, der zur Revolution führt, erobert worden sind. Im Kampf für ihre Forde­rungen haben die Massen die Illusion, ihre Länder könnten sich in ein Frankreich, in eine Schweiz verwan­deln … Es gibt Illusionen, aber es gibt auch Mobilisierung. Die Revolution geht weiter. Der Aufstand gegen die bürokrati­schen Dik­taturen war nur ein Moment.”

Teoria & Debate 10, Mai 1990

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