Literatur | Nummer 489 - März 2015

Ein peruanisches Drama

Daniel Alarcóns Des Nachts gehn wir im Kreis

Tobias Lambert

Eigentlich wollte Nelson immer in die USA. Doch der Plan scheitert ebenso wie die Beziehung zu Ixta, in die der junge Schauspieler noch immer verliebt ist. Die freie Rolle bei der in die Jahre gekommenen Polittheaterkombo Diciembre kommt also gerade recht, um vorübergehend auszubrechen. Eine Jubiläumstournee soll quer durch das Land führen, durch Dörfer, die „unter Umständen nur aus ein paar Häusern inmitten endloser graugelber Felder“ bestehen.

Nach dem gefeierten Debütroman Lost City Radio legt der in Peru geborene und in den USA aufgewachsene Autor Daniel Alarcón mit Des Nachts gehn wir im Kreis einen würdigen und ebenso komplex strukturierten Nachfolger vor. Wie sein Erstlingswerk, das von einer traumatisierten Gesellschaft nach dem Bürgerkrieg handelt, spielt sein neuer Roman in einem lateinamerikanischen Land, das unverkennbare Parallelen zu Peru aufweist. Zahlreiche Rückblenden verweisen auf den Bürgerkrieg, die Repression und den harten Gefängnisalltag.
Gemeinsam mit den Diciembre-Veteranen Patalarga und Henry spielt Nelson das Stück Der alte Präsident, das Henry einst ins Gefängnis brachte, wo er es mit anderen Insassen nochmals inszenierte. Auf Henrys Wunsch hin fahren sie in das Dorf, aus dem sein mittlerweile verstorbener, früherer Zellengenosse und Geliebter Rogelio stammt. Als Henry dessen demenzkranker Mutter von Rogelios Tod erzählt, kommt es zum Eklat, der zur vorzeitigen Beendigung der Tournee führt. Am Schauplatz zurück bleibt nur Nelson, der nun für die Mutter in Rogelios Rolle schlüpft. Der erst spät identifizierte, zunächst als allwissend erscheinende Erzähler deutet bereits früh an, dass die Geschichte kein gutes Ende nimmt.

Daniel Alarcón // Des Nachts gehn wir im Kreis // Verlag Klaus Wagenbach // Berlin 2014 // 352 Seiten // 22,90 Euro // Aus dem Amerikanischen von Friederike Meltendorf // www.wagenbach.de

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