Nicaragua | Nummer 407 - Mai 2008

Liebe und Frieden und so

Versöhnlich geht es in Nicaragua trotz “Gottes Segen” nicht zu

Als „Regierung der Versöhnung und nationalen Einheit“ verspricht die sandinistische Regierung unter Präsident Daniel Ortega Volksnähe und Einsatz für die Armen. Schlechte Umfrageergebnisse und alarmierende Menschenrechtsberichte strafen sie dennoch ab – vor allem aufgrund ihres autoritären Regierungsstils und fehlender Gewaltenteilung.

Anna Schulte

Löcher übersähen die ausgetrocknete Schotterpiste. Links und rechts stehen notdürftige Hütten. Hier und da grasen ein paar dürre Rinder. Manchmal sind Seile quer über die Fahrbahn gespannt, neben der Kinder mit Eimern stehen. Sie bitten um etwas Geld dafür, dass sie ein paar Löcher mit Sand aufgefüllt haben. Die Sonne brennt siedend heiß vom Himmel. Wovon leben die Menschen hier? Vom Löcherstopfen sicher nicht. Autos kommen hier nur wenige vorbei.
Plötzlich steht ein Jeep am Pistenrand. Eine kleine Menschenmenge hat sich links der Straße versammelt. Es ist Sonntag. Hahnenkampftag. Die männlichen Bewohner der abgelegenen Ortschaft nahe von León im Nordwesten Nicaraguas tummeln sich allesamt in den wenigen Quadratmetern Schatten, die das Dach einer kleinen Hahnenkampfarena wirft. Roberto ist einer von ihnen. Er geht regelmäßig zu diesem sonntäglichen Spektakel. Es bietet willkommene Abwechslung vom sonst so harten Alltag. Dass sich die Bedingungen, in denen er und seine NachbarInnen hier leben, verbessern könnten, daran glaubt Roberto nicht mehr: „Hier kommt doch nie etwas an. Alle versprechen viel und nichts ändert sich.“
Wie ihm geht es den meisten NicaraguanerInnen. Kaum jemand setzt noch Hoffnung in die PolitikerInnen des Landes, egal ob liberal oder sandinistisch. Die jüngsten Umfrageergebnisse des Cid-Gallup Instituts von Ende Februar sprechen eine klare Sprache: 78 Prozent der Befragten haben jeglichen Glauben an die Politik verloren. Das ist eine deutliche Absage an alle Parteien, auch an die regierende Sandinistische Befreiungsfront (FSLN) des ehemaligen Revolutionärs Daniel Ortega. Die amtierende „Regierung der Versöhnung und nationalen Einheit“ Ortegas kommt gar besonders schlecht weg: Nach 14 Monaten FSLN-Regierung beantworten die Frage, ob Nicaragua auf einem guten Weg sei, gerade einmal 20 Prozent der Befragten mit „Ja“. 69 Prozent hingegen mit „Nein“. Das sind die schlechtesten Umfragewerte, die ein nicaraguanischer Präsident je hatte.
Dabei könnte die Bilanz eigentlich positiv ausfallen. 16 Jahre lang war die Wirtschafts- und Sozialpolitik strikt neoliberal, dann gelang Ortega Ende 2006 im vierten Anlauf die lang angestrebte Wiederwahl. Innerhalb eines Monats wurden die Engpässe in der Stromversorgung gelöst, Schulgebühren abgeschafft, das Gesundheitssystem wieder für jede/n zugänglich gemacht. Ein „Null-Hunger-Programm“ wurde aufgelegt, eine landesweite Alphabetisierungskampagne gestartet und die Buspreise herabgesetzt.
Auch gibt sich Ortega volksnah. Jeden Freitag zieht es ihn, wie immer in Begleitung seiner Ehefrau Rosario Murillo – die er nach eigenen Aussagen zu 50 Prozent an seiner Macht teilhaben lässt – in eines der ärmeren Viertel Managuas. Unter dem im ganzen Land präsenten Slogan „El Pueblo Presidente“ (Das Volk ist Präsident) werden publikumswirksam Grundnahrungsmittel zu günstigeren Preisen verkauft und sogar Landtitel vergeben. Dabei unterstützen ihn die Komitees der Bürgermacht (CPC), die Murillo unterstehen. Revolutionäre Worte verstärkt durch die gehobene Faust. Und das ganze unter dem „Segen Gottes“, der im heutigen Nicaragua alles zu lenken scheint, alle Wunden heilen und das ganze Volk versöhnen soll. Denn trotz kerniger Linksparolen ist heute nicht nur ein ehemaliger Chef der rechtsgerichteten Contra-Einheiten Vizepräsident, auch die erzkonservative katholische Kirche Nicaraguas ist enge Verbündete der Regierung. Und so eröffnet im laut Verfassung laizistischen Nicaragua manchmal auch der einst verhasste Kardinal Miguel Obando y Bravo eine Regierungsveranstaltung. Wenn es um „Versöhnung und nationale Einheit “ geht, kann selbst die Verfassung hinten an stehen.

RichterInnen bekennen offen, Parteiinteressen nicht gefährden zu wollen.

Doch nicht nur die Trennung von Kirche und Staat ist aufgehoben. Mehr Sorge noch bereitet vielen NicaraguanerInnen das, was vielerorts „institutionelle Diktatur“ genannt wird. Denn die Regierung Ortega-Murillo hat großen Einfluss auf wichtige, eigentlich unabhängige Institutionen des Landes. Diesen Einfluss sicherte sich der FSLN-Vorsitzende bereits vor den Wahlen, indem er Ende der 1990er Jahre einen Pakt mit dem konservativen Ex-Präsidenten Arnoldo Alemán schloss, der wegen Korruption verurteilt wurde. Und so kontrollieren FSLN und die Liberal-Konstitutionalistische Partei (PLC) Alemáns bis heute unter anderem den Obersten Wahlrat. Dessen jüngste Entscheidungen waren derart offensichtlich von Parteiinteressen bestimmt, dass es in Bilwi an der Atlantikküste zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam (siehe Kasten).
Aber auch der Oberste Gerichtshof Nicaraguas macht keinen Hehl aus seiner Nähe zur Parteipolitik. Der stellvertretende Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs, Rafael Solís, sagte kürzlich in einem Zeitungsinterview, dass seiner Meinung nach mindestens die Hälfte aller RichterInnen des Landes SandinistInnen seien. Von sich selbst sagte der Richter, der nicht nur Mitglied der FSLN, sondern auch Trauzeuge des Präsidentenehepaars ist: „Ich bin der Verfassung verpflichtet, aber das heißt nicht, dass ich mich gegen die Partei wenden würde“.
Und die Kontrolle funktioniert: Als sich Ende 2007 im Parlament die gesamte Opposition zu einem „Block gegen die Diktatur“ zusammenschloss, um die Einführung der Komitees der Bürgermacht (CPC) zu verhindern, hat Ortega die Legalisierung des umstrittenen Projekts im Januar 2008 kurzerhand durch den Obersten Gerichtshof durchsetzen lassen. Ein Erfolg für den Präsidenten, der über keine eigene Mehrheit im Parlament verfügt. Er und seine Frau propagieren die CPC, die als parallele Machstrukturen zu den Kommunalverwaltungen fungieren sollen, als Mittel für mehr Basisbeteiligung. Doch Viele sehen den Sinn der Komitees einzig und allein im Machtausbau der FSLN an der Basis, quasi als „Beteiligung von oben“. Denn seit 2003 gibt es bereits ein Gesetz für Bürgerbeteiligung, zu dem die CPC nun unnötige Konkurrenz schaffen.
Roberto zieht seine persönliche Bilanz: „Ich habe immer FSLN gewählt. Aber von den versprochenen Veränderungen kommt hier nichts an. Die wähle ich ganz sicher nicht wieder.“ In der sengenden Nachmittagshitze kämpfen unter Jubelrufen der Jungen und Männer zwei Hähne so lange bis einer blutüberströmt aufgibt oder stirbt. Eine halbe Stunde später folgt der nächste Kampf. Bis spät abends. Dazu fließt literweise Dosenbier. Am Ende ist das oft auch unter den Männern keine friedliche Angelegenheit mehr. Denn das wichtigste dabei sind die Wetten. Da geht es um Geld – und männliche Ehre. Und sicher auch um eine Abwechslung vom oft so kargen und harten Alltag.
Ob es hier in der Region Hunger gibt? „Ja, es gibt viele sehr arme Familien“, sagt Roberto. Vom „Null-Hunger-Programm“ der Regierung sei hier noch nichts angekommen. Auch Arbeit gebe es keine. Einige Frauen fahren jeden Tag mehrere Stunden bis zur nächsten Maquila, um dort für wenig Geld unter schlechten Bedingungen harte Arbeit zu leisten. Er selbst sei oft viele Monate unterwegs. Weit weg von der Familie. In Goldminen in Guatemala und Mexiko. Damit hat er noch Glück – immerhin hat er Arbeit und ein bisschen Geld für die Wetten. Vielen seiner NachbarInnen geht es schlechter.

„Die Regierung hat kein Interesse, etwas an der Auswanderung zu ändern.“

Roberto ist einer von Vielen. Schätzungsweise 800.000 NicaraguanerInnen leben und arbeiten im Ausland. Die meisten von ihnen in Costa Rica oder den USA. Die Geldbeträge (remesas), die sie ihren Familien regelmäßig schicken, sind für viele Familien, gerade auf dem Land, wichtigste Überlebensstütze. Der jährliche Gesamtbetrag der remesas wird auf rund 17 Prozent des nicaraguanischen Bruttoinlandsprodukts geschätzt. „Die Regierung hat doch gar kein Interesse daran, etwas an der Auswanderung zu ändern“, stellt Vilma Nuñez, Vorsitzende des Menschenrechtszentrums CENIDH, bitter fest. Die Anwältin setzt sich seit jeher für den Schutz der Menschenrechte in ihrem Land ein. Früher war sie aktives Mitglied der FSLN, nach dem Triumph der Revolution sogar erste Richterin am Obersten Gerichtshof. Heute gehört sie zu den vielen KritikerInnen der sandinistischen Regierung. Ausgetreten ist sie nie. Sandinistin, sagt sie, werde sie immer bleiben. Aber sie ist eben keine „Danielista“, keine Anhängerin von Daniel Ortega. Eine Unterscheidung, die viele NicaraguanerInnen machen und auf die sie Wert legen. Die Politik Daniel Ortegas sehen gerade viele ehemalige KämpferInnen der Revolution nicht mehr als das an, was sie unter Sandinismus verstehen.
Dass Daniel Ortega auf seiner Rückkehr an die Macht nicht nur politische Überzeugungen sondern auch langjährige Weggefährten über Bord geworfen hat, spürt auch die nicaraguanische Frauenbewegung. Seit Jahrzehnten ist sie die wohl stärkste und aktivste soziale Bewegung des Landes. Viele der engagierten Frauen waren Mitglieder der Frente. Spätestens aber seit der therapeutische Schwangerschaftsabbruch Ende 2006 unter Strafe gestellt wurde, üben die FeministInnen harte Kritik an Ortega und seiner Regierung. Nicht ohne Konsequenzen. Neun Feministinnen sehen sich mit dem Vorwurf der Vertuschung eines sexuellen Missbrauchs konfrontiert und müssen mit Strafverfolgung rechnen. Die Regierung hat verschiedene Ministerien angewiesen, nicht mit den Zentren des Frauennetzwerks gegen Gewalt zusammenzuarbeiten. In Frauenzentren werden verstärkt Kontrollen der Zulassungsbedingungen durchgeführt. Anfang März sprachen das Frauennetzwerk und das Menschenrechtszentrum CENIDH bei der Interamerikanischen Menschenrechtskommission vor und prangerten die fehlende Rechtssicherheit sowie den Einfluss der Parteien auf die Justiz an.

Mehr Geld für die Zahlung der Inlandsschulden als für Sozialprogramme.

Die Stimmung ist angespannt. Im Plenum beim nationalen Koordinationstreffen des Frauennetzwerks im März wird diskutiert, ob sich die dort engagierten Frauen öffentlich als „politisch Verfolgte“ deklarieren sollten oder nicht. Es gibt lautstarke Debatten und emotionale Wortbeiträge. Eine Frau berichtet von sandinistischen AktivistInnen, die ihre Treffen aufgesucht haben, um „zu spionieren“. Eine andere erzählt, dass sie neulich von einem Mitglied des CPC ihres Viertels direkt auf ihr Engagement ihm Frauennetzwerk angesprochen wurde: „Du gehörst doch zum Frauennetzwerk gegen Gewalt, oder? Du weißt schon, dass du keinen offiziellen Landtitel für dein Haus besitzt? Ich würde mich dort eher fern halten, denn die Besitztitel vergeben wir hier im Barrio“. Die Frauen fühlen sich ganz offensichtlich bedroht. Ob „verfolgt“, darüber herrscht Uneinigkeit. Auch aus Angst davor, was eine solch öffentliche Erklärung vielleicht für Konsequenzen haben könnte.
Denn die Luft wird dünner. Auch andere soziale Bewegungen befinden sich im Visier der Regierung. Jüngst wurde gegen die Coordinadora Civil, einen Zusammenschluss von über 600 unterschiedlichen Personen und Organisationen, der Vorwurf erhoben, ihre Handlungen seien illegal, da sie nicht offiziell als NRO gemeldet und registriert sei. „Wir können dort nicht eingetragen sein. Wir sind keine NRO, sondern ein Netzwerk,“ so Georgina Muñoz von der Coordinadora Civil. Sie seien nicht verpflichtet, eine NRO zu sein, das entspreche nicht dem Selbstverständnis des Netzwerks. „Wir sehen unsere Aufgabe darin, jeder Regierung – unabhängig von welcher Partei sie ist – Verbesserungsvorschläge zu machen. Das muss in einer Demokratie doch möglich sein.“
Auch Adolfo Acevedo ist Mitglied der Coordinadora. Der Wirtschaftsexperte war selbst lange Mitglied der FSLN. Heute kritisiert er vor allem die Doppelzüngigkeit der Regierung, die zwar die liberalen Vorgängerregierungen attackierte, deren neoliberales Wirtschaftsmodell aber dennoch weiterführt: „Während sie auf der einen Seite gegen den Imperialismus zu Felde zieht, versteht sie sich gleichzeitig bestens mit dem (inter)nationalen Kapital.“ Die Zahlen geben ihm Recht: Tatsächlich haben unter Ortega beispielsweise die Investitionen in Freihandelszonen zugenommen. Die Regierung gibt deutlich mehr für die Zahlungen der umstrittenen Inlandsschulden aus, die letztendlich in die Taschen einiger weniger Oberschichtfamilien wandern, als für sämtliche Sozialprogramme zusammen.

„Vielleicht kann endlich eine neue politische Kraft heranwachsen.“

„Natürlich erkennen wir an, dass die Regierung eine Alphabetisierungskampagne gestartet hat“, so Acevedo. „Aber es macht mich traurig zu sehen, dass gleichzeitig so viele Chancen vertan werden. Wenn die FSLN sich selbst ein engeres Strukturanpassungsprogramm strickt, als es der Internationale Währungsfonds je getan hätte, dann gibt es kaum Spielraum für eine wirkliche Verbesserung unseres maroden Bildungssystems. Die brauchen wir aber dringend, sonst schaffen wir jedes Jahr ein Heer von neuen AnalphabetInnen.“ Die Monatszeitschrift Envío beschreibt das „Modell Ortega“ ähnlich: „Neben seinem Autoritarismus versteht er sich gut mit den internationalen Geldgebern und dem (inter)nationalen Kapital. Auch kann er gut mit den liberalen Paktgenossen. So schließt er alle restlichen politischen und wirtschaftlichen Akteure aus.“
Der junge nicaraguanische Journalist Arturo Wallace beobachtet die Situation in seinem Land ebenfalls mit Besorgnis. Er sieht in der Wiederwahl der FSLN jedoch auch eine Chance: „Seit den 1990er Jahren ist Nicaragua gespalten in sandinistisch oder anti-sandinistisch. Immer hieß es: wenn die Sandinisten wieder an die Macht kommen, dann führen sie den Militärdienst wieder ein, der Kommunismus kehrt zurück, die USA wenden sich gegen uns, und so weiter. Ich glaube, es ist wichtig, dass die Menschen nun sehen, dass das alles nicht mehr so ist. Vielleicht kann so fernab dieser alten Polarisierung endlich eine neue politische Kraft heranwachsen. Eine wirkliche Alternative“. Es wäre zu wünschen, dass er Recht behält, denn dass die liberale Opposition keine Alternative darstellt, haben die Vorgängerregierungen ausreichend unter Beweis gestellt.

Kasten
Liberales Bündnis im Vorfeld der Kommunalwahlen
Im November dieses Jahres finden in Nicaragua Kommunalwahlen statt. Sie gelten als wichtiges Stimmungsbarometer für die Regierungspolitik und die nächsten Präsidentschaftswahlen. Am 7. Februar kündigte der Oberste Wahlrat CSE an, die Fristen zur Einreichung von Wahlbündnissen und KandidatInnenlisten um zwei Monate zu verkürzen. Auch entzog der CSE dem Bürgermeisterkandidaten der Liberalen Nicaraguanischen Allianz (ALN) für die Hauptstadt Managua, Eduardo Montealegre, den Parteivorsitz. Damit musste sich der ehemalige Präsidentschaftskandidat in kürzester Zeit auf die Suche nach einem Parteibündnis machen, in dem er kandidieren konnte. Am 1. März verkündete Montealegre, in „Kästchen Nummer 1“ des Wahlzettels anzutreten. Diese so genannte casilla 1 gehört seit jeher der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC) des Ex-Präsidenten Arnoldo Alemán, der wegen Korruption zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde. Trotz momentanem „Landesarrest“ lenkt er die Geschicke der PLC. Dies ermöglicht ihm der seit Ende der 1990er Jahre bestehende Pakt mit Daniel Ortega von der sandinistischen FSLN. Montealegre, bis dato erklärter Gegner des Paktes, ist mittlerweile ebenfalls mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert.
Wenn dieses Bündinis hält und die Liberalen, wie angekündigt, gemeinsam im Parlament abstimmen, so verändert dies das politische Szenario Nicaraguas. Denn die jahrelange Spaltung der Liberalen ist eines der wichtigsten Mosaiksteinchen in der Machtstrategie Daniel Ortegas. Versöhnen sich die Liberalen, könnte Alemán nicht mehr auf den Pakt mit Ortega angewiesen sein. Ein Amnestiegesetz, das sowohl Alemán als auch Montealegre zugute kommen würde, ist bereits im Gespräch.
Die Glaubwürdigkeit Montealegres innerhalb der unabhängigen Wählerschaft hat jedoch gelitten, was wiederum die Alianza MRS (Bewegung zur Erneuerung des Sandinismus) stärken könnte. Doch die hat sich im Gerangel um mögliche Bündnisse gegen Ortega und gegen den Pakt auch nicht klar positioniert. Wenige Tage vor der endgültigen Entscheidung Montealegres für die casilla 1 hatten sich führende PolitikerInnen der Alianza MRS zustimmend zu einem möglichen Bündnis mit Montealegres Liberalen geäußert. Nicht gerade zur Freude vieler ihrer linken AnhängerInnen.

Proteste an der Atlantikküste
Bei dem Besuch einer Gruppe von oppositionellen ParlamentarierInnen in Bilwi am 4. April dieses Jahres ist es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen. Mehrere Menschen, darunter auch PolitikerInnen, wurden verletzt. Wenige Tage zuvor hatte der Oberste Wahlrat (CSE) bekannt gegeben, die Kommunalwahlen in drei Gemeinden der Atlantiküste (RAAN) auf Ende April 2009 zu verschieben. Die nicaraguanische Wahlgesetzgebung schreibt eigentlich vor, dass die Wahlen in allen Regionen Nicaraguas am ersten Sonntag im November stattfinden müssen. In allen anderen Provinzen sollen sie dann auch wie vorgesehen stattfinden.In Bilwi, Waspan und Prinzapolka seien die Bedingungen aufgrund der durch den Hurrikan Felix angerichteten Schäden nicht gegeben, so die Begründung des CSE. Die Listen der Wahlberechtigen dieser Zonen seien beeinträchtigt worden, da viele BewohnerInnen umsiedeln mussten. Nach der Verlautbarung des CSE waren einige OppositionspolitikerInnen nach Bilwi gereist, um sich vor Ort ein Bild von der Situation zu machen. Ihr Besuch wurde begleitet von Demonstrationen sowohl der BeführworterInnen als auch der GegnerInnen einer Wahlverschiebung, die in gewalttätige Auseinandersetzungen mündeten.
Die Entscheidung des CSE hat vor allem bezüglich der offensichtlichen Nähe zwischen Wahlrat und FSLN für viel Kritik gesorgt. Einige KritikerInnen sind der Ansicht, die FSLN wolle ein abstrafendes Wahlergebnis aufgrund des schlechten Krisenmanagements vermeiden. Sie weisen darauf hin, dass der Hurrikan bereits sieben Monate zurück liegt und die Regierung selbst nicht in der Lage gewesen sei, die Bedingungen wieder herzustellen. Andere vermuten, die FSLN wolle parteinahe Unternehmen schützen, um ausstehende Konzessionsvergaben für Holzexporte und Erdölförderungen in der Region nicht zu gefährden.

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