Deutschland | Honduras | Nummer 513 - März 2017 | Wirtschaft

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Kritik an Siemens wegen der Beteiligung am Wasserkraftwerk Agua Zarca in Honduras

Dem Vorstand der Siemens AG wurde auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung in München von Kritiker*innen aus Honduras und Deutschland eine Mitschuld an der Ermordung der honduranischen Aktivistin Berta Cáceres vorgeworfen. Vorstand und Aufsichtsrat zeigten sich not amused.

Von Thilo F. Papacek

Am 1. Februar 2017 fand die Jahreshauptversammlung der Siemens AG statt. Tausende Aktionär*innen konnten zuhören, wie sich der Vorstand selbst für ein erfolgreiches Geschäftsjahr beglückwünschte. Doch die Aktionär*innen konnten auch ihre Fragen an den Vorstand stellen und Kritik üben.

Genau das tat ein Bündnis von NGOs, ausgestattet mit Rede- und Stimmrecht vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Sie äußerten ihre Kritik an der mangelhaften menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht der Siemens AG, zu der die Firma nach den UNLeitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte verpflichtet ist.

Mit dabei war Tomás Gómez Membreño vom Indigenen und Volksrat von Honduras, COPINH. Gómez Membreño ist der Nachfolger der am 2. März 2016 ermordeten Koordinatorin des COPINH, Berta Cáceres. Er thematisierte in seinem Redebeitrag die Beteiligung von Siemens (über sein Joint Venture mit der Voith GmbH, VoithHydro) am Wasserkraftwerkprojekt Agua Zarca in Honduras. Das Kraftwerkprojekt wurde auf illegale Weise genehmigt, die betroffene indigene Bevölkerung wurde nicht angemessen konsultiert. Berta Cáceres war ermordet worden, weil sie maßgeblich den Protest gegen dieses Kraftwerk organisiert hatte (siehe LN 502).

Tomás Gómez machte den Siemens- Vorstandschef Joe Kaeser darauf aufmerksam, dass Aktivist*innen sein Unternehmen bereits 2013 auf die Repressionen und Menschenrechtsverbrechen hingewiesen hatten, die im Kontext dieses Projektes von Sicherheitskräften und Mitarbeiter*innen der Firma Desarrollos Energéticos S.A. (DESA) begangen werden. Dennoch verblieb das Unternehmen in dem Geschäft. Tómas Gómez machte deshalb Siemens mitverantwortlich für die Morde, die an Berta Cáceres und anderen Aktivist*innen des COPINH in den letzten Jahren begangen worden sind.

Darauf entgegnete Joe Kaeser, dass er mit Uwe Lienhard, Chef von Voith, übereingekommen sei, alle Lieferungen von VoithHydro nach Honduras zu stoppen. Dies sei im Frühjahr 2016 passiert. Er räumte aber auch ein, dass Siemens als Miteigner von VoithHydro eine Mitverantwortung habe, dafür zu sorgen, dass an den Maschinen „kein Blut klebe“. Das Prozedere der Jahreshauptversammlung erlaubte es den Aktivist*innen um Tomás Gómez nicht, eine Erwiderung auf Kaesers Antwort zu geben. Zu sagen wäre gewesen, dass Kaeser nicht auf die Tatsache einging, dass VoithHydro an seiner Beteiligung am Wasserkraftprojekt Agua Zarca festhielt, obwohl Siemens und Voith bereits seit 2013 von Aktivist*innen mehrfach auf bestehende Menschenrechtsprobleme hingewiesen worden waren.

VoithHydro hat sich darauf verlassen, dass die Lizenzvergabe für das Wasserkraftprojekt schon seine Ordnung habe. In einem Land wie Honduras ist dies bestenfalls naiv und geht an der Realität vorbei, da die rechtsstaatlichen Institutionen in dem Land völlig dysfunktional sind. Sich bei seinem unternehmerischen Handeln auf diese schwachen Institutionen zu verlassen, widerspricht dem Geist der UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte. Antworten konnten die NRO-Vertreter*innen auf Kaesers Einlassungen nicht; aber sie konnten mit ihren Stimmkarten dagegen stimmen, dass der Vorstand entlastet wird. Dem schlossen sich aber nur weniger als ein Prozent der Stimmberechtigten an.

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