Editorial | Nummer 509 – November 2016

// DAS DRECKIGE DREIECK

Aus sechs mach drei. Bislang kontrollierten die Konzerne Monsanto, Bayer, Syngenta, DuPont, Dow Chemical und BASF drei Viertel des globalen Agrarchemiemarktes und knapp zwei Drittel des weltweiten Saatgutmarktes. Mit der Übernahme von Monsanto durch Bayer hat die vorerst letzte Konzentrationswelle ihren Abschluss gefunden: Erst schluckte ChemChina Syngenta, dann schlossen sich DuPont und Dow Chemical zusammen und nun kam Bayer bei Monsanto BASF zuvor. Ein Triopol beherrscht nun den Markt, während BASF als Verlierer beim Milliarden-Monopoly statt des Opernplatzes nur die Badstraße bleibt.

Bayer vergrößert damit gerade in Lateinamerika seinen Marktanteil deutlich. 21 Prozent von Monsantos weltweitem Gewinn 2015 kamen aus Argentinien, Brasilien und Mexiko. Die Auswirkungen einer immer stärkeren Konzentration der Saatgutproduktion lassen sich bei einem Blick auf die Zahlen erahnen: Mitte der 1990er Jahre hielten die damals zehn größten Unternehmen der Saatgutindustrie noch einen Marktanteil von unter einem Drittel – das schafft Bayer nach der Monsanto-Übernahme für 66 Milliarden US-Dollar fast alleine. Die Leverkusener katapultieren sich damit weltweit auf Platz 1 bei Pflanzenschutzmitteln und beim Saatgut, mit jeweils einem Drittel Marktanteil. Bei gentechnisch veränderten Pflanzen hat Bayer-Monsanto mit einem Schlag über 90 Prozent Marktanteil. Bayer-Monsanto wird damit zum zentralen Player bei der Frage nach der Ernährung von sieben Milliarden Menschen: ein Pillendreher-Konzern, dessen Fußballtruppe noch in den 1990er Jahren mit dem Schlachtruf geschichtsbewusster Fans begrüßt wurde: „Giftgas, Krieg und Völkermord – das ist Bayers Lieblingssport!“

„Wenn das erste Glied der Saatgutkette von fünf Konzernen kontrolliert wird, bedeutet das, dass der grundlegendste Teil, nämlich unser Essen, kontrolliert wird. Das ist eine Diktatur“, meint die indische Menschenrechtsaktivistin Vandana Shiva. Angesichts einer bis zum Jahr 2050 auf zehn Milliarden Menschen steigenden Weltbevölkerung ist es keine sehr demokratiekompatible Aussicht, wenn nur noch drei Konzerne den Ursprung der Ernährung kontrollieren. Und dass diese zum Wohle der 800 Millionen Hungernden in der Welt fusionieren, kann ebenso bezweifelt werden, wie dass sie aus Menschlichkeit den Bäuerinnen und Bauern das Saatgut zum Vorzugspreis zur Verfügung stellen werden. Die Baumwoll-Kleinbäuerin in Indien wird es wie der ghanaische Tomaten-Bauer oder die auf den ejidos Mais anbauenden mexikanischen Gemeinschaften spüren, was es bedeutet, wenn geballte Konzernmacht auf noch mehr Profit aus ist. Mehr denn je droht nun die Ernährungssouveränität gänzlich verloren zu gehen – also die Fähigkeit, die Landwirtschafts- und Ernährungspolitik selbst zu bestimmen. Staaten werden stärker beeinflussbar und schlicht erpressbar, wenn sie marktbeherrschenden Konzernen gegenüberstehen, die Amok laufen, wenn sie ihre Profite in Gefahr sehen. Wenn Staaten versuchen sollten, durch regulatorische Bestimmungen den Schutz von Mensch und Umwelt zu garantieren oder bei drohenden Hungerkrisen Patente und Gebühren auf Nachbau infrage zu stellen, haben die neuen Megakonzerne nun noch bessere Karten, um das zu verhindern.

Die Kontrollwut des Agrobusiness ist global. Wer glaubt, Europa sei eine davon ausgenommene Insel der Glückseligkeit, geht fehl. In der EU wird der Saatgutmarkt bei Gemüsen zu 95 Prozent von fünf Firmen kontrolliert. Allein Monsanto hat nach einer Erhebung aus dem Jahr 2014 einen Anteil von einem Viertel. Bei Mais sind es fünf Konzerne, die drei Viertel des Saatguts kontrollieren, bei der Zuckerrübe kontrollieren nur vier Firmen 86 Prozent. „Wer das Saatgut kontrolliert, kontrolliert das Leben, nicht nur die Menschen“, urteilt Vandana Shiva. Dieser Entwicklung gilt es, entschieden entgegenzutreten. Umso mehr, wenn The Bad jetzt The Ugly schluckt und The Good auf dem pestizidverseuchten Acker steht, den er wegen Überschuldung bald los sein wird. „Si es Bayer, es bueno“ („Wenn es von Bayer kommt, ist es gut“) lautet der historische Werbespruch Bayers in Südamerika – eine profitable Lüge.

Ähnliche Themen

Newsletter abonnieren