Chile | Nummer 295 - Januar 1999

„An der Verfassung von 1980 muß alles ansetzen“

Der chilenische Soziologe Tomás Moulian über das Ende eines Mythos und die politischen Herausforderungen in einer apathischen Gesellschaft

Seit sein Buch „Chile heute – Anatomie eines Mythos“ im Juni 1997 erschien, hat das Werk des Soziologen und Historikers Tomás Moulian geradezu schwindelerregende Auflagenhöhen erreicht. Der Leiter des sozialwissenschaftlichen Forschungszentrums der Universität ARCIS in Santiago rechnet ab mit dem „vorbildlichen“ Modell einer auf Wachstum und Konsum fixierten Gesellschaft, mit der chilenischen Pseudodemokratie, die das Funktionieren der neoliberalen Ordnung garantiert, und mit den demokratischen Parteien, die als Verwalter des status quo die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit scheuen. Die Lateinamerika Nachrichten sprachen mit Moulian am Rande des Kongresses „Neoliberalismus weltweit – 25 Jahre ‘Modell’ Chile“, der vom 19. bis 21. November in Münster stattfand (siehe Kasten).

Claudius Prößer

Herr Moulian, die Festnahme Pinochets und die Möglichkeit seiner Auslieferung oder gar eines Prozesses werden tiefe Spuren in der chilenischen Gesellschaft und Politik hinterlassen. Welche Chancen und welche Gefahren beinhaltet die derzeitige Situation?

Richtig, was geschehen ist und noch geschehen kann, wird tiefe Spuren hinterlassen. Aber keine dramatischen, sollte man hinzufügen. Damit meine ich folgendes: Die politischen Akteure, insbesondere diejenigen, die dem internationalen Kapital eng verbunden sind, also die Unternehmer, agieren nach einem rationalen Handlungsmodell. Deswegen dürfte es keine Versuche eines Putsches geben, es liegen einfach nicht die entsprechenden Rahmenbedingungen vor. Zweifelsohne wird es zu eindeutigen Unmutsäußerungen des Militärs kommen. Die werden bei der Bevölkerung Angst erzeugen, aber letztendlich harmlos bleiben. Wenn überhaupt, kommt es vielleicht zu dem Phänomen, das wir aus Argentinien kennen, daß Teile des Militärs gewaltsam aufbegehren. Dafür waren die chilenischen Streitkräfte bislang viel zu streng hierarchisch organisiert. Ein solches Ereignis würde sie freilich endgültig diskreditieren.

Aber hat sich etwas verändert?

Mit Sicherheit. Erstens: Pinochet erschien für die Chilenen, für seine Freunde und seine Feinde, als eine Art Übermensch, als jemand, der über dem Recht stand. Dieses allmächtige Wesen, das ein Attentat – wie es hieß: durch göttliche Vorsehung – überlebte, dieser Mensch steht nun in Großbritannien unter Arrest, und zwar aufgrund seiner Tölpelhaftigkeit. Weil er die reale Welt ignorierte, weil ihn nicht interessierte, was sich in Europa gegen ihn zusammenbraute. Und auf einmal haben wir es mit einem alten, verbrauchten, gedemütigten Mann zu tun. Seine symbolische Aura, der Mythos ist zerstört, er ist nicht mehr diese Verdinglichung der Bosheit und Tücke – oder der Güte, wie seine Anhänger es sehen. Ich selbst habe eine vom Haß geprägte Beziehung zu Pinochet, aber der Haß macht ihn auch größer, als er in Wirklichkeit ist. Wenn nun der Übermensch wieder auf menschliche Maße geschrumpft ist, können wir ihm mit weniger Furcht gegenüberstehen, ihm und dem Militär, das ja in gewisser Weise sein Geschöpf ist.
Zweitens wird es einschneidende Veränderungen auf politischer Ebene geben. Ich glaube, daß der Zusammenhalt der Concertación stark bedroht ist. Wenn Pinochet in Spanien der Prozeß gemacht wird, werden die Sozialisten die politischen Kosten dafür tragen. Sie haben sich beim Thema Pinochet sehr deutlich gegen Präsident Frei gestellt. Nicht die sozialistischen Minister, wohlgemerkt, aber große Teile der Partei. Und weil nächstes Jahr die Präsidentschaftswahlen anstehen, werden die Christdemokraten mit ihrem schwachen Kandidaten Andrés Zaldívar sie gerne einen Preis dafür zahlen lassen. Ich halte es für nicht unwahrscheinlich, daß die Sozialisten – also PS und PPD – ihre Regierungsbeteiligung aufkündigen oder aber aus der Regierung gedrängt werden.

Was wären dann mögliche Konsequenzen?

Entweder ziehen sich die Sozialisten aus der Regierung zurück, bleiben aber in der Concertación und versuchen, über den Mechanismus der primarias, sich die kommende Präsidentschaft zu sichern. Das wäre ein ceteris-paribus-Modell, es bliebe letztendlich alles beim alten. Oder aber die Sozialisten verabschieden sich aus der Regierung und der Concertación, um es mit ihrem Kandidaten, Ricardo Lagos, auf eigene Faust zu versuchen.

Aber Lagos kann ohne die Unterstützung der Christdemokraten doch unmöglich gewinnen.

So einfach ist das nicht. Es gibt immer noch die Möglichkeit, daß es zu einem zweiten Wahlgang kommt. Und dann ist alles weitere ziemlich offen. Lagos ist ein Mann, der immer gewinnen will. Dazu wird er einen Teil der Stimmen aus der politischen Mitte benötigen. Dieser Wählerschaft muß er beweisen, daß er regierungsfähig ist und weder vom Militär noch von den Unternehmern abgelehnt wird. Er wird seinen moderaten Gestus verstärken müssen, und damit wird er zum Feind jeder Option, die mit dem herrschenden System bricht. Es sei denn, er schlägt den entgegengesetzten Weg ein und rückt ein bißchen nach links, bis hin zu einem Pakt mit den Kommunisten, um das gesamte linke Potential auszuschöpfen. Aber dafür ist er eigentlich nicht der richtige Mann. Denn die Linke außerhalb der Concertación haßt Lagos, sie verachtet ihn. Nicht ohne Grund, denn ich glaube, daß Lagos sich im Verlauf der letzten Wochen wieder einmal als ein ungemein berechnender Politiker gezeigt hat, einer, der alles, auch ethische Fragen, den anstehenden Wahlen unterordnet.
Im Grunde genommen wissen wir nicht, was passieren wird. Einen echten Linksruck wird es wohl eher nicht geben, das wird schon der anstehende Wahlkampf verhindern. Aber die Concertación ist ganz sicher gefährdet, und mir persönlich gefällt das.

Wie ist das Verhalten der Rechten einzuschätzen?

Ein neues Phänomen ist sicherlich das Auftreten einer Ultrarechten, von Gruppen, die sich anscheinend der politischen Kontrolle durch die rechten Parteien zu entziehen beginnen. Es hat wiederholt Morddrohungen gegeben, mit denen Angst geschürt wurde. Diese Gruppen stehen zum Teil mit der ehemaligen CNI (Central Nacional de Investigaciones) in Verbindung, und sie werden von sehr gefährlichen Leuten geleitet. Diese ahnen, daß sie es sein werden, denen man den Prozeß machen wird, nicht Pinochet. Denn wenn Pinochet zurückreisen darf, wird es in Chile vielleicht einen ritualisierten Prozeß geben, nichts weiter. Aber die Kleinen, die die Verbrechen im Auftrag der militärischen Spitze ausgeführt haben, die wird man schon eher verurteilen. Und das macht jetzt die Gefährlichkeit dieser Leute aus.
Die Rechte hat insgesamt erneut bewiesen, daß sie, solange Pinochet lebt, pinochetista bleiben wird, selbst die Gruppierungen, die ein liberales Projekt verfolgen. Sie ist nicht einmal in der Lage zu sagen: „Seht mal, wir wollten eine Revolution machen, und Revolutionen fordern Opfer. Wir wollten eine andere Gesellschaft, und dafür haben Menschen leiden müssen und sind gestorben, und das tut uns leid.“ Nicht einmal dazu sind sie in der Lage. Sie weigern sich einfach, die Folgen ihres Handelns wahrzunehmen.

Wenn es zu einer Neuauflage von Prozessen gegen Verantwortliche für die Verbrechen käme, und sei es nur in einer „ritualisierten“ Form, wie Sie es nennen: Würde das die vielbeschworene und nie erreichte Versöhnung der Gesellschaft erleichtern?

Ich finde, dieser Begriff muß aus der politischen Debatte endlich verschwinden. „Sich versöhnen“ heißt, eine Verbrüderung mit dem Gegner herzustellen. Mit Pinochet will ich mich aber nicht verbrüdern. Und für den politischen Frieden ist das auch nicht notwendig. Chile ist eine gespaltene Gesellschaft, und die Bruchstelle heißt Pinochet. Die Intensität der Spaltung kann sich abschwächen, aber es wird nie allgemeingültige Interpretationen geben, nicht zur Unidad Popular und nicht zu Pinochet. Darüber muß immer wieder offen nachgedacht, gesprochen, gestritten und geurteilt werden. Was wir erreichen können, ist eine von Toleranz geprägte Politik und Gesellschaft, nicht eine versöhnte.

Wenn es auch mit Lagos keine substantiellen Veränderungen in Chile geben wird, wo müßte denn dann angesetzt werden?

An der Verfassung von 1980 muß alles ansetzen, denn sie bildet die Basis für ein System, das ganz klar den Interessen der Rechten dient. Diese Verfassung war und bleibt illegitim.
Um hier etwas zu erreichen, müßten wir in der Lage sein, die chilenische Gesellschaft in Richtung einer verfassungsgebenden Versammlung zu mobilisieren. Dafür müßte es großen Druck von unten geben, denn das wäre eine Auseinandersetzung jenseits der etablierten politischen Regeln. Das ist kurzfristig fast unmöglich, schon weil jetzt die Wahlen dazwischenkommen, bei denen die Kandidaten die politische Mobilisierung für ihre Ziele und Kalküle kanalisieren. Wir müßten also auf etwas hinarbeiten, das über die Konjunktur der Wahlen hinausginge, eine hartnäckige und geduldige Bewegung, getragen von Menschen, die sich selbst ernst nehmen und nicht auf die absurden Führungskämpfe der Politik hereinfallen.

Die Verfassung wurde aber durch den wirtschaftlichen Erfolg bislang scheinbar legitimiert.

Das mag sein, aber das „Modell Chile“ ist eben kein auf Dauer stabiles System, sondern es hängt stark von der wirtschaftlichen Konjunktur ab. Dabei hat es in den vergangenen Jahren von den hohen Wachstumsraten und der niedrigen Arbeitslosigkeit profitiert. Aber wenn sich dieser Zustand in einer der typischen Krisen des Kapitalismus abschwächt – und das geschieht gerade –, verliert dieses Modell seinen Rückhalt.
Eine Mobilisierung gegen die Verfassung Pinochets ist also unbedingt notwendig, und sie sollte auch über den „harten Kern“ der Linken hinausgehen. Die Linke müßte noch nicht einmal versuchen, diese Bewegung zu kontrollieren, denn es geht hier um grundlegende Interessen des ganzen Landes, nicht um die von Parteien oder einzelnen Personen. Ricardo Lagos ist freilich der geborene Gegenspieler für ein solches Projekt, denn er will gewinnen, und dafür muß und wird er sich an die von der Verfassung vorgegebenen Spielregeln halten. Er würde eine solche Bewegung mit allen Mitteln zu unterdrücken versuchen.

Könnte man nicht sagen, daß der historische Moment, in den der Wahlkampf fallen wird, die Linke begünstigt? Genau die beiden Gruppen, die jede Veränderung blockiert haben, sind doch jetzt geschwächt: Das Militär aufgrund der Pinochet-Festnahme, die Unternehmer angesichts der Krise, die, ausgehend von Asien, auch Chile stark erfaßt hat.

Nein, ich glaube, von einer echten Schwächung kann nicht die Rede sein. Die Unternehmer besitzen weiterhin enorme Macht. Gerade wenn sie sagen: „Chile ist in Gefahr“, dann blinken überall die Warnlichter bei den Institutionen des internationalen Kapitals. Und eine noch entscheidendere Rolle als der IWF spielen da die Agenturen, die die Staaten nach Investitionsrisiken bewerten. Und darin besteht das Drohpotential der Unternehmer.
Das Militär ist schon eher geschwächt. Der neue Oberkommandant des Heeres wird sich bemühen, das Militär aus seiner politischen Rolle ein wenig herauszulösen, denn wenn die Streitkräfte weiterhin an Pinochet festhalten, dann kann sie das ihre Legitimität kosten. Aber gerade deswegen werden sie sich zurückzuhalten wissen.
Wir sollten vorsichtig sein, wenn wir von einem günstigen Augenblick für die Linke sprechen. Der größte Teil der chilenischen Gesellschaft ist nicht einmal angesichts der Verhaftung Pinochets in Bewegung geraten. Nach meinem Dafürhalten haben sich die Kundgebungen der Anhänger und der Gegner Pinochets zahlenmäßig im Rahmen gehalten, auch wenn nach außen vielleicht ein anderes Bild vermittelt wurde. Es herrscht immer noch zuviel Apathie.

Diese politische Apathie haben Sie in Ihrem Buch „Chile Actual – Anatomía de un mito“ beschrieben. Können sie die Mechanismen beschreiben, durch die das gesellschaftliche Engagement so nachhaltig diskreditiert wurde?

Für die Entpolitisierung Chiles sind mehrere Faktoren ausschlaggebend. Erstens hat der moderne, globalisierte Kapitalismus mit seiner ungeheuren Entwicklung der Produktivkräfte alles und jeden auf Konsum gepolt. Vor allem die in Chile so gängige massenhafte Kreditfinanzierung des Konsums ist zu einem erstaunlichen Disziplinierungsinstrument der gesamten Gesellschaft geworden: Der Zwang, sie durch Arbeitsleistung zu finanzieren, saugt in erschreckendem Maße die Energien der Menschen auf. In Chile arbeiten die Leute, die einen Arbeitsplatz haben, 12 oder 13 Stunden am Tag. Dies führt zu einer vernichtenden Maschine aus Arbeit, Konsum und einem bißchen Zerstreuung durch das Fernsehen. Eine Entfremdungsmaschine.
Zweitens: die Angst. Sie ist weiterhin präsent in der Gesellschaft. Als explizit gefühlte Angst oder als unterschwellige Abneigung gegen jegliches politische Aufbegehren. Die Politik hat Leid verursacht. Viele sind für politische Ziele gestorben, verschwunden, ins Exil gegangen. Davor hat die Gesellschaft Angst, sie will das nicht mehr. Ihre politische Energie wird auch dadurch beschränkt.
Drittens: die blockierte Politik. Nichts passiert, nichts verändert sich, die Institutionen lassen das gar nicht zu. Es herrscht immer noch dieses fatale Konsensdenken, das eine Debatte über gesellschaftliche Ziele verhindert. Das Gesellschaftssystem, das Pinochet geschaffen hat, erscheint als etwas Naturgegebenes, an dem es nichts zu rütteln gibt.

Ist denn von den demokratischen Parteien überhaupt nichts mehr zu erwarten? Gibt es da überhaupt keinen Alternativentwurf mehr?

Die Parteien stecken in einer ideologischen Krise. Die Regierungsparteien fürchten sich heute vor ihren eigenen Ideologien, und das, obwohl die immer eine besonders große Rolle in Chile gespielt haben. Natürlich sollte man Ideologien immer auch mit Mißtrauen begegnen, aber man sollte nicht auf sie verzichten. Eine Ideologie ist immer noch die Projektionsfläche für die Ideale, die Utopien, die Wünsche einer Gesellschaft. Und die ist weg. Natürlich gibt es da noch die Kommunisten. Ihre Kandidatin, Gladys Marín, würde ich sogar wählen, aber ein Alternativprojekt hat die Partei auch nicht vorzuweisen. Dafür hat sie zu sehr den Charakter einer geschlossenen Sekte angenommen.
Es herrscht ein Stillstand, der sich in der gesamten Gesellschaft niederschlägt. In diesem Sinne ist Chile ein absolut verbürgerlichtes Land, mit einem Konsummuster nach dem Vorbild der USA. Aber gleichzeitig ist Chile immer noch ein abhängiges Land. Das Selbstbild von der Modernisierung stimmt überhaupt nicht mit der Wirklichkeit überein. Chile hat nicht im geringsten die tranformación productiva erreicht, es exportiert noch immer keine Industriegüter. Alles zielt auf den Ausverkauf der Rohstoffe. Das einzige Gut, das Chile mit Mehrwert in die ganze Welt exportiert, ist der Wein. Aber das entspricht genau dem Prinzip der internationalen Arbeitsteilung.

Von der vielbeschworenen „zweiten Exportphase“ spricht inzwischen fast niemand mehr.

Nein, niemand. Das war eines der Schlüsselkonzepte der Concertación, und heute hat man den Begriff praktisch aus dem Diskurs eliminiert. Einige Intellektuelle der Concertación geben das immerhin zu. Die sagen ganz ehrlich: „Unter den Bedingungen des weltweiten Kapitalismus ist es einem Land wie Chile nicht möglich, Kostenvorteile bei Industriegütern zu erlangen.“ Dafür bräuchte man eine Industriepolitik, die wiederum einen aktiven Staat verlangt – in Chile, mehr als anderswo, ein Sakrileg gegen den freien Markt.

Welche Bedeutung haben eigentlich noch die Gewerkschaften?

Sehen Sie, in Chile sind gerade einmal 12 Prozent der Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert. Für mich stellt das die zentrale Achse dar, um die sich der chilenische Neoliberalismus dreht. Was andere Länder noch anstreben, ist in Chile bereits verwirklicht: Ein absolut flexibler Arbeitsmarkt. Absolut. In Chile werden die Arbeitsbedingungen für den einzelnen Betrieb verhandelt. Und nach dreißig Tagen Streik hat der Arbeitgeber das Recht, neue Leute einzustellen. Die Macht der Gewerkschaften ist also in Chile gleich null, es gibt einfach kein Gegengewicht zum Kapital. Also, was für ein Interesse sollte ein Arbeiter an einem Gewerkschaftsbeitritt haben? Das bedeutet heute noch nicht einmal mehr gesellschaftliche Anerkennung.

Und wo ist der Ausweg aus diesem Dilemma?

Wie gesagt, wir müßten von ganz unten anfangen, eine Wahlkampagne machen unter dem Motto: „Wir wissen, daß wir nicht die geringste Chance haben, an die Regierung zu kommen. Aber wir werden diese Kampagne dazu nutzen, zusammen mit euch Alternativen zu erarbeiten.“ Man könnte große Versammlungen abhalten, einfach um den Menschen ein Forum zu geben, wo sie sich artikulieren, wo sie ein gemeinsames Projekt finden können. Auf die Stimmen käme es dann gar nicht an, denn die würden allemal nicht ausreichen. Kurzfristig läßt sich nichts machen. Aber es gibt in Chile schon so viele alternative Bewegungen, etwa eine Frauenbewegung, eine Ökologiebewegung. Die müßten nur miteinander kooperieren, um handlungsfähig zu sein.

KASTEN:
Tomás Moulian war einer der prominenten Gäste des Kongresses Neoliberalismus weltweit – 25 Jahre ‘Modell’ Chile in Münster. Eingeladen hatten das Chile-Informationsbüro, das Institut für Theologie und Politik, die Katholische Hochschulgemeinde und die Zeitschrift SOLIDARIDAD. Die Resonanz übertraf die Erwartungen der OrganisatorInnen bei weitem: Über 300 TeilnehmerInnen diskutierten in sechs Foren über die ökonomischen, politischen, kulturellen und ökologischen Konsequenzen der neoliberalen Transformationen. Daß Chile trotz des Anspruches einer globalen Analyse unangefochten im Mittelpunkt der Debatte stand, lag sicherlich auch am „Fall Pinochet“, der nicht ausgespart werden konnte.
Weitere ReferentInnen waren unter anderem: Johannes Agnoli, José Bengoa, Manuel Cabieses, Isabel Cárcamo, Franz Hinkelammert, Fabiola Letelier, Maria Mies, Urs Müller-Plantenberg und Luis Vitale.
Die VeranstalterInnen bereiten eine Dokumentation des Kongresses vor; sie wird voraussichtlich Mitte 1999 erscheinen und über das Institut für Theologie und Politik zu beziehen sein.

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