Kuba | Nummer 357 - März 2004

Der abwesende Ehrengast

Auf der kubanischen Buchmesse war Deutschland nur inoffiziell vertreten

Bei der 13. internationalen kubanischen Buchmesse, die vom 5. bis zum 15. Februar diesen Jahres stattfand, wurde Deutschland nur von Verlagen vertreten, die sich dazu unabhängig organisiert hatten. Trotz offizieller Einladung hatte die deutsche Regierung die Messe ignoriert, auf Grund der verschärften Haltung, die das Land seit einiger Zeit gegenüber Kuba einnimmt.

Lotte Arndt

Zur internationalen Buchmesse auf Kuba war Deutschland als Ehrengast geladen. Die deutsche Regierung schlug die Einladung im August 2003 jedoch aus und passte damit der ihre Politik der Resolution der europäischen Union vom Juni 2003 an. Diese sieht vor, die diplomatischen Kontakte zu Kuba, sowie die Kulturzusammenarbeit einzuschränken und Oppositionelle zu den offiziellen Feierlichkeiten in die europäischen Botschaften einzuladen (siehe LN 353).
Trotz des Boykotts der Buchmesse durch die deutsche Regierung und entgegen allen offiziellen Voraussagen waren auf der diesjährigen Buchmesse aber doch 35 deutsche und zwei deutschsprachige Schweizer Verlage vertreten. Diese hatten auf den Boykott der Messe reagiert und koordiniert durch den Cuba Sí-Verlag Vorsitzenden Reinhard Thiele selbstständig die Teilnahme an der Messe organisiert. Nachdem im letzten Jahr nur zwei deutsche Verlage teilgenommen hatten, gelang es durch die Eigenorganisation, den Länderschwerpunkt trotz der Absage der Bundesregierung zu gewährleisten. Zwar erlaubte das durch die fehlende offizielle Unterstützung begrenzte Budget, dass nur in einigen Fällen ausreichend viele Bücher für den Verkauf vorhanden waren; in jedem Fall aber konnten sich die des Deutschen kundigen kubanischen Leser, von denen es auf der elf Millionen Einwohner zählenden Insel immerhin rund 30 000 gibt, ein Bild über die jeweiligen Verlagsprogramme, Klassiker und Neuerscheinungen machen. Und nachdem die Bücher am Ende der Messe am 15. Februar noch in weiteren Städten der Insel ausgestellt wurden, sollen sie, um einem möglichst breiten Publikum zur Verfügung zu stehen, Bibliotheken übergeben werden.
Zudem wurden auf der Messe 22 Werke der deutschen Literatur vorgestellt, deren AutorInnen ihre Rechte kostenlos kubanischen Verlagen zur Verfügung gestellt haben. Auf diesem Wege können nun eine Auswahl von Grimms Märchen, Bertold Brechts Die Geschäfte des Herrn Julius Cesar, Christa Wolfs Medea oder Im Krebsgang von Günter Grass in spanischer Sprache zu niedrigen Preisen auf der Insel verkauft werden.
Die mit insgesamt knapp 100 Vertretern angereisten Verlage sind zum größten Teil dem linken Spektrum zuzuordnen, jedoch in ihrer thematischen Ausrichtung sehr unterschiedlich: Von Eulenspiegel, Edition Ost, Verlag Neues Berlin, Barbarossa, dem Verlag Neue Impulse, über Theater der Zeit, dem Leiv Leipzig Kinderbuchverlag, der Rosa Luxemburg Stiftung, dem Dietzverlag und Cuba Sí bis zu Klett sind thematisch sehr unterschiedlich ausgerichtete Aussteller vertreten.
„Uns alle eint“, sagte Reinhard Thiele während der Einweihungsfeier zur Buchmesse am Abend des 5. Februars, „die Ablehnung der Haltung der deutschen Regierung“. Boykott dürfe nicht der Weg sein, außenpolitische Spannungen zwischen Ländern auszutragen. Dadurch würde der Zugang zu anderen Sichtweisen beschränkt werden. Dies wäre gerade im Fall des durch die Folgen der kubanischen Wirtschaftskrise der 90er Jahre deutlich limitierten Bücherangebots genau die falsche Tendenz , unterstrichen verschiedene Verlagsvertreter im Gespräch.
Durch die strikt ablehnende Haltung der europäischen Politik gegenüber Kuba wurden auch die kulturellen Kontakte abgebrochen. Es werden also vorerst voraussichtlich die inoffiziellen Kontakte bleiben, die die Kulturzusammenarbeit mit der größten antillischen Insel tragen.

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