Gender | Nummer 279/280 - Sept./Okt. 1997

Der Neoliberalismus als Ausdruck des Patriarchats

Katia Gutiérrez Stadtlander

Die Arbeitsgruppe “Kampf gegen das Patriarchat”, beim zweiten intergalaktischen Kongress für eine menschliche Gesellschaft und gegen den Neoliberalismus, dürfte für die Frauenbewegung in Lateinamerika kein bedeutendes Ereignis gewesen sein. Leider befanden sich unter den Teilnehmerinnen kaum Vertreterinnen aus Lateinamerika, so daß die Arbeitsgruppen selten auf die dortigen Inhalte und Ziele eingegangen. Eine Ausnahme waren die chiapanekischen Frauen. Schließlich motivierten sie durch ihren ständigen Kampf gegen den Neoliberalismus und für Gleichberechtigung die Teilnehmenden, die aus verschiedenen Organisationen kamen und in der Mehrzahl Europäerinnen waren. Entsprechend waren die Bemühungen bei der Mesa (spanisch: Arbeitstisch), Strategien zu entwickeln, um sich mit diesen zu solidarisieren. Konkrete Ergebnisse waren unter anderem der Vorschlag für die Schaffung eines Gesundheitsfonds für die Frauen in Chiapas und die Organisierung von Aktionstagen. Bei diesen soll auf den Kampf der Frauen in Chiapas aufmerksam gemacht, und gleichzeitig internationaler Druck gegen die Militarisierung der Region und für die Freiheit der politischen Gefangenen ausgeübt werden. Der nächste angesetzte Termin ist der 25. November: Tag gegen Gewalt an Frauen in Lateinamerika.
Zur Verwunderung der OrganisatorInnen hatten sich insgesamt 220 Menschen (darunter 20 Männer) bei der Frauenmesa angemeldet. Dies war ein klares Signal für die Wichtigkeit des Themas, da beim ersten intergalaktischen Treffen die Frauen zusammen mit “anderen marginalisierten Gruppen” in eine Arbeitsgruppe gesteckt worden waren. Zwar ging der Apell “Feminismus soll in jeder Mesa behandelt werden!” herum, aber das konnte die TeilnehmerInnenzahl der Frauenmesa dennoch nicht verringern. Die Vermutung, daß es bei einem konsequenzlosen Ruf bleiben würde, bestätigte sich meinerseits in der Befragung von TeilnehmerInnen anderer Mesas.
Die Mesa gegen das Patriarchat wurde von der Organisation des Treffens auf zwei verschiedenen Städte aufgeteilt: Madrid und Barcelona. Insgesamt tagten drei verschiedene Gruppen parallel zum gleichen Thema, denn eine gemischte Arbeitsgruppe (Männer und Frauen) soll es auch geben haben. Für die drei Mesas zu diesem Thema bedeutete das, daß es keine gemeinsame Strategie und Vernetzung gegen den Neoliberalismus entwickelt werden konnte. So arbeitete zum Beispiel das Frauen-Lesben-Netz, das seit dem letzten intergalaktisches Treffen existiert, aufgrund der personellen Zusammensetzung hauptsächlich in Barcelona.
Das Ziel der Arbeitsgruppe sollte vor allem sein, einen Raum zu schaffen, in dem frau sich über neue Kampfformen, Erfahrungen und Sichtweisen austauschen konnte, und die Kontakte über das Treffen hinaus durch ein Netzwerk weiter vertieft werden sollen. Dementsprechend waren die Mesas weniger ergebnisorientiert, als vielmehr ein Sammeln von Ideen. Eine klare politische Strategie konnte nicht ausgearbeitet werden. Dafür ist es zu früh und da waren zu wenige Compañeras aus den Trikont anwesend.
Da die Themenvorbereitung in der Hand weniger gelegen hatte, wurden die Inhalte im Verlauf der Diskussionen beschlossen und zusätliche Schwerpunkte gesetzt. Bezeichnenderweise kristallisierten sich in den zwei reinen Frauenmesas ähnliche Interessen heraus. Bei der Auswertung der Frauenbewegung in verschiedenen Ländern war das Problem der Kluft zwischen den Generationen, zwischen den älteren und erfahrenen Aktivistinnen und der jüngeren Generation, die andere Schwerpunkte setzt. Angesprochen wurden die Problematik zwischen den unterschiedlichen kulturellen und sozialen Zusammenhängen, die Themen Rassismus innerhalb und außerhalb der Frauenbewegung und politische Arbeit in linken Organisationen. Die Auswirkungen der Globalisierung auf Frauen und das Thema Sexualität und Gesundheit bildeten andere Untergruppen.

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