Kuba | Nummer 511 – Januar 2017

ES SPRICHT FIDEL

Die letzte Rede Fidel Castros auf einem Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas (PCC) am 19. April 2016

Von Übersetzung: Daniela Rivas & Robert Swoboda

Viel wurde über Fidel Alejandro Castro Ruz seit seinem Tod am 25. November 2016 gesagt und geschrieben. Die Meinungen über ihn waren schon zu seinen Lebzeiten polarisierend. Wie die Geschichte ihn künftig beurteilt, wird gerade verhandelt. Es entscheidet sich vor allem daran, wer sie schreibt. Fidel Castro hat unbestreitbar selbst Geschichte geschrieben, als er mit seinen Guerrilleros sowie erheblicher Unterstützung aus der Bevölkerung Kuba befreite und sein Name zu einem transkontinentalen Symbol für den Kampf gegen Kolonialismus und Imperialismus wurde. Unter ihm entwickelte sich Kuba gleichzeitig kommunistisch und zu einem wichtigen Akteur in der Bewegung der blockfreien Staaten. Das werden ebenso Tatsachen bleiben, wie die Unzufriedenheit vieler Kubaner*innen mit ihrem Máximo Líder.
Wir haben uns anlässlich seines Todes dazu entschieden, Fidel Castro selbst zu Wort kommen zu lassen, mit seiner Rede auf dem VII. Parteitag der PCC. Die Rede wurde von der Redaktion an einigen Stellen notwendigerweise gekürzt.

In Wachs verewigt und doch Geschichte (Foto: Adi ALGhanem CC BY-NC-ND 2.0)
In Wachs verewigt und doch Geschichte (Foto: Adi ALGhanem CC BY-NC-ND 2.0)

Genossen,

es ist eine übermenschliche Anstrengung ein Volk in Krisenzeiten zu führen. Doch ohne diese wären Veränderungen unmöglich. Eine Versammlung wie diese, in der tausende, vom eigenen revolutionären Volk, gewählte Vertreter zusammenkommen. Die größte Ehre, die wir in unserem Leben bekommen haben, dazu kommt das Privileg ein Revolutionär aus der Frucht des eigenen Bewusstseins zu sein.
Warum wurde ich zum Sozialisten? Klarer gefragt, warum wurde ich zum Kommunisten? Dieses Wort, das verzerrt und verleumdet wurde, von denen, die das Privileg hatten, die Armen auszubeuten – sie des materiellen Produkts der harten Arbeit zu berauben. Seit wann lebt der Mensch in diesem ewigen Dilemma? Ich weiß, Sie brauchen keine Erklärungen, aber vielleicht mehr Zuhörer.
Ich rede, damit besser verstanden wird, dass ich weder ignorant, blind noch ein Extremist bin. Ich hatte keinen Mentor als ich Rechts- und Politikwissenschaft studierte. Ich war damals 20, war ein Sportliebhaber und Bergsteiger. Aber ohne einen Lehrer, der mir bei der Analyse des Marxismus und Leninismus helfen konnte, war ich nur ein Theoretiker, der totales Vertrauen in die Sowjetunion hatte – das Werk Lenins, 70 Jahre nach der Revolution geschmäht. Welche historische Lektion! Man könnte behaupten, dass keine weiteren 70 Jahre vergehen sollten, bis die Menschheit ein weiteres Ereignis wie die russische Revolution erlebt – ein erneutes Beispiel für den Kampf gegen den Kolonialismus und seinen unzertrennlichen Freund, den Imperialismus.
Vielleicht jedoch kommt die größte Gefahr für die Erde aus der zerstörerischen Macht der modernen Aufrüstung, die den Frieden untergraben und menschliches Leben auf der Erdoberfläche unmöglich machen könnte. Wenn die Spezies verschwinden würde, wie die Dinosaurier; vielleicht gäbe es die Zeit für neue Formen intelligenten Lebens, oder die Hitze der Sonne schwillt an bis alle Planeten des Sonnesystems und ihre Trabanten verschmelzen, wie viele Wissenschaftler verkünden. (…) Der praktische Mensch sollte sich informieren und sich der Realität anpassen. Sollte unsere Spezies lange genug überleben, werden künftige Generationen sicherlich mehr wissen. Doch erst müssen sie das Problem bewältigen wie Millionen von Menschen ernährt werden, wenn wir an die Grenze des vorhandenen Trinkwassers und der natürlichen Ressourcen stoßen.
Einige oder vielleicht viele unter Ihnen fragen sich, wo die Politik in diesem Diskurs bleibt. Es freut mich nicht das zu sagen, glauben Sie mir, aber die Politik steckt in diesen bescheidenen Worten. Hoffentlich sorgen sich viele Menschen um diese Realitäten und essen nicht wie zu Zeiten Adam und Evas weiterhin verbotene Äpfel. (…) Wir werden sehen, was die Regierungen sagen, die mehrheitlich Umweltverträge unterschrieben haben.
Bald werde ich 90 Jahre alt, ich konnte mir nie vorstellen so alt zu werden und habe mich nicht darum gekümmert. Es war eine Laune des Zufalls. Für uns alle wird die Stunde kommen, aber es bleiben die Ideen der kubanischen Kommunisten, als Beweis dafür, dass mit Hingabe und Würde grundsätzlich materielle und kulturelle Güter produziert werden können, welche die Menschen brauchen – und wir sollten ohne Pause kämpfen um sie zu erlangen. Unseren Brüdern in Lateinamerika und der Welt wollen wir mitteilen, dass das kubanische Volk siegen wird!
Vielleicht rede ich zum letzten Mal in diesem Saal. (…) Ich gratuliere euch, aber zuerst meinem Genossen Raúl Castro für seine außerordentlichen Mühen. (…)

Quelle: http://www.granma.cu


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