Kolumbien | Nummer 382 - April 2006

Freihandel beschlossene Sache

Ab 2008 sollen die Einfuhrzölle zwischen Kolumbien und den USA fallen

Tommy Ramm

Die Begeisterung der KolumbianerInnen über das erfolgreiche Ende der Verhandlungen Ende Februar zu einem binationalen Freihandelsabkommen mit ihrem größten Handelspartner USA hält sich in Grenzen. Die Mehrheit der kolumbianischen Bevölkerung erwartete bereits während der Verhandlungen, die 22 Monate gedauert hatten, mehr Nach- als Vorteile vom Freihandel mit den USA. Mit dem nun ausgearbeiteten Entwurf dürfte es der kolumbianischen Regierung schwer fallen, dieses Abkommen als Erfolg zu verkaufen. Wenn die Mehrzahl der Zölle wie geplant ab dem Jahr 2008 nach der Verabschiedung in den Parlamenten auf beiden Seiten abgeschafft werden, steht die Existenz tausender Familien in der kolumbianischen Landwirtschaft auf dem Spiel.
Die reinen Zahlen sprechen zunächst eine andere Sprache: 99,9 Prozent der kolumbianischen Produkte finden zollfreien Eingang in dem US-amerikanischen Markt, während etwa 80 Prozent US-amerikanischer Produkte steuerfrei in Kolumbien eingeführt werden können. Doch diese haben es für die weniger diversifizierte kolumbianische Wirtschaft in sich. Dort wird befürchtet, dass etwa die freie Einfuhr von subventioniertem Mais und Reis aus den USA das wirtschaftliche Ende für ganze Landstriche bedeutet. Knapp 400.000 KolumbianerInnen pflanzen auf weniger als drei Hektar Land ohne technisches Know-how im Jahr 2,1 Millionen Tonnen Mais in 211 Bezirken an. Dort hängt die Hälfte der Einkommen allein vom Maisverkauf ab. Hatte die kolumbianische Regierung versucht, die Einfuhren von US-amerikanischem Mais zu beschränken, konnte sich am Ende die sture Haltung der USA-VertreterInnen durchsetzen.
Um die Negativfolgen aufzufangen, kündigte die kolumbianische Regierung ein Hilfspaket von jährlich rund 200 Millionen Euro an, welche in die einheimische Landwirtschaft gepumpt werden sollen. Keine neuen Steuern sollen diese Summe aufbringen, sondern die Gewinne aus dem Freihandel. Doch ob es solche geben wird, ist bisher nicht absehbar. Die kolumbianische Nationalbank kalkulierte, dass im Jahr 2010 die Exporte in die USA die heutigen von 8,5 Milliarden US-Dollar kaum übertreffen werden. Diesen Schluss legen nicht zuletzt die Erfahrungen aus sechs weltweit laufenden Freihandelsabkommen mit den USA nahe: Nur in drei Fällen konnten die unterzeichnenden Länder ihre Exporte in die Vereinigten Staaten steigern, während zwei innerhalb des US-amerikanischen Importumfangs zurückgefallen sind. Länder, die kein Freihandelsabkommen mit Washington unterschrieben haben, lagen im Exportwachstum mit den USA weit über diesen Fällen.
So bisher auch Kolumbien. Dieser Tendenz widersprechend geht die kolumbianische Regierung dennoch davon aus, dass der Freihandel die Wirtschaft in Schwung bringen wird. Mehr kolumbianische Produkte fänden Absatz in den USA, ausländische Investitionen würden steigen und die Konsumpreise im Land fallen, was für die Regierung mehr Arbeitsplätze im Land bedeutet.
„Die Regierung sagt, dass das Freihandelsabkommen sehr gut sei, weil dann mehr billigere Sachen ins Land kommen. Aber womit sollen wir das bezahlen?“, bringt der 71-jährige Bauer Miguel Dueñas das Problem derer auf den Punkt, die mit dem Abkommen den Kürzeren ziehen werden – dann nämlich, wenn ihre Arbeitsplätze auf dem Land zu Grunde gehen.

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