Kill the Jockey: Im Galopp in die Höhle des Löwen

Remo Manfredini (Nahuel Perez Biscayart) hat ein Problem. Nein, eigentlich hat er viele Probleme. Die Mafiabosse, denen der Jockey im Laufe der Zeit ein ertragreiches Geschäft war, setzen ihn nach zahlreichen Abstürzen unter Druck. Seine Freundin, die Jockey Abril (Úrsula Corberó), ist schwanger und langsam schwer genervt: Du musst sterben und neu geboren werden, antwortet sie auf Remos Frage, was er tun könne, damit sie ihn wieder liebt.
Nach dem bereits 2018 erschienenen Film Der schwarze Engel über den jungen, schönen und unglaublichen brutalen Serienmörder und Vergewaltiger Carlos Puch, spielt Kill the Jockey, der neue Film des argentinischen Regisseurs Luis Ortega, nun in der nur vorgeblich schillernden Welt der Pferderennen – vor allem aber mit der Frage nach Identität.
Remo, der sich vor den Rennen gerne mal einen Cocktail aus Whiskey auf Ex, einer vom Tierarzt geklauten Ampulle Ketamin und Zigarettenrauch genehmigt, durchbricht mit dem teuren, aus Japan per Militärmaschine eingeflogenen Rennpferd, die Bande und findet sich im Koma auf der Intensivstation wieder. Die erlittenen Kopfverletzungen seien mit diesem Leben nicht vereinbar, erläutert die Ärztin Abril, doch im nächsten Moment schlägt Remo mit riesigem Kopfverband die Augen auf, schnappt sich einen Nerzmantel und eine Handtasche und stolziert orientierungslos durch Buenos Aires. Reiterstiefel und knallenge Reithose bleiben natürlich an.
Spätestens ab diesem Moment verrätseln traumartige Sequenzen den Film, die vorher schon angedeutet wurden: Etwa, wenn Remo vor einem Rennen durch die schier endlosen Gänge der Rennbahn läuft. Remo nennt sich Lola, stellt fest, dass sie nichts mehr wiegt, und wird erbarmungslos von ihren ehemaligen Auftraggebern verfolgt.
Sie so wiederzusehen, erstaunt die alten Bekannten kaum. Wie selbstverständlich wird sie als Dolores – kurz Lola – angesprochen. Dolores, ritt, wie wir erfahren, illegale Pferderennen im Untergrund, ehe sie von ihren neuen Auftraggebern „gerettet“ wurde. Diese sind nun nicht mehr besonders gut auf sie zu sprechen und einer kleinen Pistole mit Ladehemmung kommt dadurch eine größere Rolle zu.
Ein Tanz, den Remo und Abril zu einem Song der argentinischen Rockband Virus aufführen, vier obdachlose Kinder, die in Dolores ihre Mutter zu erkennen glauben und plötzlich überall auftauchen, wundervoll veralteten Outfits, die satten Farben und der grandiose Soundtrack – all das macht Kill the Jockey zu einem Kinoerlebnis. Nur, wer auf der Suche nach klaren Antworten ist, bleibt ratlos zurück. Aber wer kann die schon geben, auf die Frage nach Identität?
Kill the Jockey // Argentinien, Mexiko, Spanien, Dänemark, USA // 2024 // Regie: Luis Ortega, // 96 Minuten // In Deutschland seit dem 18.09.2025 in den Kinos


