Nummer 514 - April 2017 | Peru | Politik

KORRUPTE VERBINDUNG

Eine wenig sinnvolle Straße nach Brasilien steht beispielhaft für den Odebrecht-Skandal

Peru ist das zweitwichtigste Land für den weltweit tätigen brasilianischen Bauriesen Odebrecht. Und so verwundert es nicht, dass in diesem Land die Wogen durch den Korruptionsskandal um den Baukonzern besonders hoch schlagen. Bei mehreren Bauvorhaben der letzten Jahrzehnte soll Odebrecht Schmiergelder an Politiker*innen gezahlt haben. Einer der größten Skandale dreht sich um eine Straße, die durch die Amazonasregion nach Brasilien führt.

Von Bruno Schaaf Salinas

IIRSA Sur, besser bekannt als Interocéanica Sur, heißt die Autobahn, die derzeit im Zentrum des Skandals in Peru steht. Sie verbindet die Häfen von Peru mit West-Brasilien. Während der Bauzeit vervierfachten sich die Baukosten des größten Projekts von Odebrecht in Peru. Nun, 12 Jahre nach Baubeginn, kommen Informationen ans Tageslicht, die vieles erklären.

Fertiggestellt wurde die Straße 2010, während der Regierungszeit von Alan Garcia. Der Bau begann allerdings früher, unter der Regierung von Alejandro Toledo. Im Jahr 2005 versprach Toledo, dass die Straße den Handel mit Brasilien und damit die Wirtschaft des Südens stärken werde. Zusammen mit dem damaligen brasilianischen Präsidenten Inácio Lula Da Silva initiierte er das Projekt.

Es ist fraglioch, ob die Vergabe an Odebrecht rechtens war.

Die erste große Entscheidung für das Projekt fiel, als der heutige Präsident Perus, Pedro Pablo Kuczynski, als Premier unter Toledo der zweitwichtigste Mann in der Regierung war. Den Zuschlag für den Bau der Abschnitte drei und vier von IIRSA Sur erhielt Odebrecht. Damals wurde das Unternehmen bereits verdächtigt, sich an korrupten Machenschaften zu beteiligen, auch ein Ordnungsgeld wurde verhängt. Aus diesem Grund ist es fraglich, ob die Vergabe an Odebrecht überhaupt rechtens war: In Peru gibt es ein Gesetz, nach dem Unternehmen, die bereits einmal eine Ordnungsstrafe erhalten haben, an keiner öffentlichen Ausschreibung teilnehmen dürfen.

Doch das Gesetz wurde geändert, so dass es für Odebrecht möglich wurde, den Auftrag zu erhalten. Kuczynski unterzeichnete alle Gesetzesänderungen und ermöglichte damit die Teilnahme Odebrechts an der Ausschreibung. Letztlich erschien das Angebot Odebrechts auch nicht schlecht: So versprach das Unternehmen, dass der Bau des Abschnitts vier der Straße nur 224 Millionen US-Dollar kosten würde, ein ausgesprochen günstiger Preis für eine Überlandstraße, die durch so schwieriges Terrain führt. Am Ende nahm der peruanische Staat das Angebot an. Der Abschnitt kostete schließlich 998 Millionen US-Dollar, mehr als das Vierfache der ursprünglich kalkulierten Kosten.

Erst jetzt klärt sich langsam, warum Toledo ein so starkes Interesse hatte, diese Überlandstraßen zu bauen: Durch das Projekt wollte er seine Zustimmungswerte im Süden des Landes erhöhen. Und letztlich sind wohl nicht unerhebliche Beträge der Mehrkosten direkt an ihn geflossen: 20 Millionen US-Dollar Schmiergeld soll Toledo von Odebrecht erhalten haben. Wegen dieser Anschuldigungen wird der ehemalige Staatschef mittlerweile per internationalem Haftbefehl gesucht, vermutlich hält er sich in den USA auf.

Seine persönlichen Ziele hat Toledo mit dem Bau erreicht, das Ziel der Überlandstraße dagegen nicht. Der Handel zwischen Brasilien und Peru wurde durch die Straße, die durch nur schwach besiedelte Gebiete im Amazonasregenwald führt, nur wenig gefördert. Es gibt zwar durchaus Nachfrage nach peruanischen Produkten, umgekehrt jedoch kaum. Zudem sind die Transportkosten per LKW über die relativ schmale Verbindung, die vom amazonischen Tiefland über die Anden an die Küste führt, viel zu teuer. Trotz der großspurigen Versprechen von Alejandro Toledo von 2005 werden etwa 90 Prozent des Handels weiter auf dem Seeweg abgewickelt. Genutzt hat der Bau vor allem Toledo – und Odebrecht.

 

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