Literatur | Nummer 358 - April 2004

Leben vom Leiden und Sterben anderer

Kurzrezension

Die beste Story, die du liefern kannst, ist immer noch dein Tod.“ Armin Wertz zitiert diese Worte eines Kollegen in seinem Buch Die verdammte Presse und treibt damit Zynismus und Kritik an den so genannten „Heimatredaktionen“ auf die Spitze. Vor 23 Jahren kündigte der Autor seine Redakteursstelle beim Stern, ging für zehn Jahre als Korrespondent in das Krisengebiet Mittelamerika und bringt heute ein Buch über seine Erlebnisse, vor allem in El Salvador, heraus …

Stephanie Zeiler

Wie bei einem Journalisten zu erwarten, lassen sich die 255 Seiten in einem Rutsch durchlesen. Dabei erinnern vor allem die ersten und letzten Seiten an den Rahmen eines Artikels: Armin Wertz beginnt seinen Erlebnisbericht mit dem Flug eines aufgeregten Journalisten nach Mittelamerika, der meint alles mit Deutschland vergleichen zu müssen und gleich die dritte Nacht mit einer Mexikanerin verbringt. Der Autor endet mit einem Rückkehrer, der „immer noch die Toten“ vor sich sieht und der an der „korrekten Aufteilung seiner Abfälle“ verzweifelt.
Spannender sind Wertz Erzählungen über El Salvador, Nicaragua oder auch Honduras, nur leider fehlt es hier an Struktur – zumindest für LeserInnen, die die Ereignisse im Mittelamerika der 80er Jahre nicht gleich abrufbereit halten. Der muss nämlich irgendwann zurückblättern, um beispielsweise nachzusehen, in welchem Jahr das Beschriebene gerade spielt.
Eindeutig dagegen ist die Kritik des Autors: Presse, Diplomaten, Regierungen, Armee und Guerilla – Wertz verschont keinen, nur vielleicht sich selbst. Sehr gut beschreibt er aber, wie ihn das Leben und seine Arbeit in Mittelamerika verändert haben: Erst betrachtet er die Leichen „mit scheuer Ehrfurcht“, dann wird er Kirchengänger und eines Tages ist er „beinahe high vom Krieg“. Der Journalist lebt „vom Leiden und Sterben anderer“.

Armin Wertz: Die verdammte Presse. Betzel Verlag, Nienburg 2003, 255 Seiten, 15,00 Euro.

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