Leben vom Leiden und Sterben anderer
Kurzrezension
Wie bei einem Journalisten zu erwarten, lassen sich die 255 Seiten in einem Rutsch durchlesen. Dabei erinnern vor allem die ersten und letzten Seiten an den Rahmen eines Artikels: Armin Wertz beginnt seinen Erlebnisbericht mit dem Flug eines aufgeregten Journalisten nach Mittelamerika, der meint alles mit Deutschland vergleichen zu müssen und gleich die dritte Nacht mit einer Mexikanerin verbringt. Der Autor endet mit einem Rückkehrer, der „immer noch die Toten“ vor sich sieht und der an der „korrekten Aufteilung seiner Abfälle“ verzweifelt.
Spannender sind Wertz Erzählungen über El Salvador, Nicaragua oder auch Honduras, nur leider fehlt es hier an Struktur – zumindest für LeserInnen, die die Ereignisse im Mittelamerika der 80er Jahre nicht gleich abrufbereit halten. Der muss nämlich irgendwann zurückblättern, um beispielsweise nachzusehen, in welchem Jahr das Beschriebene gerade spielt.
Eindeutig dagegen ist die Kritik des Autors: Presse, Diplomaten, Regierungen, Armee und Guerilla – Wertz verschont keinen, nur vielleicht sich selbst. Sehr gut beschreibt er aber, wie ihn das Leben und seine Arbeit in Mittelamerika verändert haben: Erst betrachtet er die Leichen „mit scheuer Ehrfurcht“, dann wird er Kirchengänger und eines Tages ist er „beinahe high vom Krieg“. Der Journalist lebt „vom Leiden und Sterben anderer“.
Armin Wertz: Die verdammte Presse. Betzel Verlag, Nienburg 2003, 255 Seiten, 15,00 Euro.