Literatur | Nummer 584 - Februar 2023

LYRIK AUS LATEINAMERIKA

Ein Gedicht von Yuliana Ortiz Ruano

Von Yuliana Ortiz Ruano (Übersetzung: Sonja Paulus & Andrés Pinto Álvaro)

(Illustration: Joan Farías Luan, www.cuadernoimaginario.cl)

CANCIÓN DE AMOR PARA UN CABALLO MECÁNICO

(…)

Los bañistas son un caballo de hierro en llamas:

Te digo que no hay mejor lugar que el mar para nacernos otra vez / La idea de nuestros
cuerpos sumergidos en sal agua y moluscos / con el cielo como un incendio fantástico
sobre nuestras cabezas adheridas al reconocimiento del terreno acuoso del otro /
azota mis sienes / Nos veo y me convierto en un caballo que asciende un cerro de
cráneos y fetos gigantes que no hacen más que gritar tu nombre / No hay mejor lugar
que el mar para vernos morir / toda el agua de Mompiche ingresando por nuestras
bocas / convirtiéndonos en dos esferas de carne y vacío / elevándose ansiosas hacia
el camino maligno de la convivencia / elevándonos sin remedio a este amor / sustancia
amarilla / infectando nuestro planeta milagro / Me cuelgo de tu cuello como un koala /
como un lunar enorme y mezquino que no quiere ser pero será / Te digo que cada
lunar es un pequeño ser / complejo de sueños irrealizables adheridos a nuestra
dermis / tatuajes nimios que nos regalan los rayos / Cuando me alcanzan tus manos
retorno a la nada/ ¿me observas? / Ahí estoy / soy ese caballo de 0,4 metros de altura
extinto ya / tú un feroz león de las cavernas condensado en la habitación / nunca
debiste salir de mí.

Aus: Canciones desde el fin del mundo

LIEBESLIED AN EIN MECHANISCHES PFERD

(…)

Die Badendenden sind ein Stahlpferd in Flammen:

Ich sage dir, dass es keinen besseren Ort gibt als das Meer, um uns
gegenseitig wieder ins Leben zu erwecken / Die Idee unserer Körper
eingetaucht in Salz, Wasser und Muscheln / mit dem Himmel als
fantastisches Feuer über unseren Köpfen, die beim Wiederentdecken
des flüssigen Wesens des anderen zusammenkleben / peitsch meine
Schläfe / Ich sehe uns und verwandel mich in ein Pferd, das einen
Hügel aus Schädeln besteigt und gigantische Phoeten, die nichts
anderes als deinen Namen rufen / Es gibt keinen besseren Ort, um
uns sterben zu sehen / unsere Münder schlucken das ganze Wasser
Mompiches / wir verwandeln uns in zwei Sphären aus Fleisch und
Leere / die sich erwartungsvoll erhöhen zum bösartigen Weg des
Zusammenseins / hoffnungslos werden wir zu dieser Liebe erhöht /
gelbe Substanz / dabei stecken wir unseren wundervollen Planeten
an / Ich halte mich an deinem Nacken fest wie ein Koala / wie ein
enormes und egoistisches Muttermal, das nicht sein möchte aber
wird / Ich sage dir, dass jedes Muttermal ein kleines Wesen ist / ein
Komplex aus unerfüllbaren Träumen, die an unserer Dermis kleben /
subtile Tattoos, die uns die Sonnenstrahlen schenken / Wenn deine
Hände mich erreichen, kehre ich zurück ins Nichts / beobachtest du
mich? / Dort bin ich / ich bin dieses 0,4 Meter große Pferd, das schon
ausgestorben ist / du ein wilder Höhlenlöwe, der im Zimmer
kondensiert / du hättest nie von mir fortgehen sollen.

Yuliana Ortiz Ruanor (*1992, Esmeraldas, Ecuador) veröffentlichte die Lyrikbände Sovoz (Hanan Harawi, Lima, 2016), Canciones desde el fin del mundo Amauta&Yaguar, Buenos Aires,2018/Kikuyo Editorial, Quito, 2020/Libero Editorial, Madrid, 2021) und Cuaderno del imposible Retorno a Pangea (Ediciones Libros del Cardo, Valparaíso, 2021/Recodo Press, Quito, 2022) sowie den Roman Fiebre de Carnaval (La Navaja Suiza, Madrid, 2022). Sie erhielt den ersten Preis beim nationalen Literaturwettbewerb Libre Libro, Kategorie Lyrik, 2019 und eine Lobende Erwähnung beim nationalen Lyrikwettbewerb Poesía en Paralelo 0, 2017. 2022 wurde sie für das Projekt Translator’s Choice vom Übersetzer Daniel Graziadei zur Latinale nach Berlin eingeladen.

Sonja Paulus ist freie Lektorin, Übersetzerin (Spanisch, Englisch, Portugiesisch ins Deutsche) und Schriftstellerin. Nach einem Jahr in Montevideo und kürzeren Aufenthalten in Brasilien studierte sie Übersetzung und Literaturwissenschaft im Bachelor und Linguistik im Master. Kontakt: www.sonja-paulus.de

Andrés Pinto Álvaro ist Politologe und recherchiert und arbeitet als Schriftsteller, Übersetzer und Performer. In seiner Arbeit geht es um Race*, Klasse und Sexualität mit Fokus auf Migration, Diaspora, kollektiven Zusammenhalt und Emanzipation.

Die gemeinsame Übersetzung entstand im Rahmen des traditionellen Übersetzungsworkshops des Poesiefestivals Latinale. Mehr Informationen, Gedichte und Übersetzungen unter: www.latinale.org

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