Mexiko | Nummer 605 - November 2024

Rechts und vereint

Unterstützer*innen rechtsextremer Politik versammeln sich in Mexiko

Der ehemalige Telenovela-Schauspieler und aufstrebende Politiker Eduardo Verástegui, eine Schlüsselfigur der mexikanischen Rechts­­­­­extremen, veranstaltete am 24. August 2024 die zweite mexikanische Ausgabe der Conservative Political Action Conference (CPAC). Ein stolzer Ticketpreis von umgerechnet etwa 220 Euro bot Zugang zum Veranstaltungsort, einem Luxus­hotel im wohlhabenden Stadtteil Polanco in Mexiko-Stadt. Ein Bericht über eine politische Versammlung rund um konservative Politi­ker*innen, Denker*innen und anderen Personen der Öffentlichkeit aus Europa und Amerika.

Von Duncan Macrae, Mexiko Stadt (Übersetzung: Sarah Schaarschmidt)
Faschos unter sich Agustín Laje spricht auf der exklusiven Versammung (Foto: Duncan Macrae)

Kein Geringerer als Ronald Reagan eröffnete 1974 mit der ersten Rede die von konservativen Gruppen neu gegründete CPAC in den USA. Später entwickelte sich eine besondere Beziehung zwischen Reagan und der CPAC, was dazu führte, dass die Konferenz mit Reagans Aufstieg ins Weiße Haus 1981 stark an Bedeutung gewann. In den letzten zehn Jahren hat die CPAC ihre Präsenz international ausgeweitet, mit Ausgaben in Brasilien, Ungarn und nun schon zum zweiten Mal in Mexiko.

Mexiko ist ein Land ohne rechtsextreme Präsenz in seinen Wahllokalen. Bei den diesjährigen Wahlen errang die linksgerichtete Kandidatin Claudia Sheinbaum einen erdrutschartigen Sieg über die zentristisch-rechte Kandidatin Xóchitl Gálvez. Mexikos rechte Partei Partido Acción Nacional (PAN, „Nationale Aktionspartei“), kann als christlich-demokratische Partei betrachtet werden, vergleichbar mit der deutschen CDU. Verástegui hatte im letzten Jahr nicht genügend Unterstützung gewinnen können, um sich als Präsidentschaftskandidat für die PAN zu qualifizieren. Auf der Konferenz wurde die Partei von einigen Stimmen wiederholt als Mexikos „sogenannte konservative Partei“ kritisiert.

Zu den 45 Redner*innen gehörten prominente Persönlichkeiten wie der argentinische Schriftsteller Pablo Muñoz Iturrieta, der ehemalige chilenische Präsidentschaftskandidat José Antonio Kast und der brasilianische Politiker Eduardo Bolsonaro, Sohn des ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro. Javier Milei, der 2022 auf der ersten mexikanischen CPAC in Mexiko-Stadt gesprochen hatte, sagte seine Teilnahme wenige Tage vor der Konferenz ohne offizielle Begründung ab. Möglicherweise wollte er einen Streit mit dem mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador (AMLO) vermeiden, der deutlich gemacht hatte, sich während seines Besuchs nicht mit Milei treffen zu wollen. Im Namen vo

Freiheit, Demokratie und Gott

Die meisten Redner*innen lieferten vertraute Floskeln in denen sie im Namen von Freiheit, Demokratie und Gott zum „kulturellen Kampf“ gegen Sozialismus, Globalismus, Gender-Ideologie, Wokeness und die Agenda 2030 aufriefen und ernteten dafür müden Applaus. Andere stürzten sich in Verschwörungstheorien, wie die Aktivistin Brenda del Rio, die „internationale Wucherer“ beschuldigte, Pro-Abtreibungspolitik im Globalen Süden zu propagieren. Solche Rhetorik, die an antisemitische Verschwörungstheorien erinnert, vermischte sich mit wiederholten Verweisen von anderen Teilnehmenden auf die „jüdisch-christliche Tradition“. Kohärenz schien nicht auf der Tagesordnung dieser Veranstaltung zu stehen.

Die prominenteren Personen am Rednerpult brachten die Menge wieder in Schwung, wobei Pablo Muñoz Iturrieta in einer feurige Rede Woke­­­­ness mit Nazismus und Transrechte mit Eugenik (Forschungszweig der sogenannten „Erbgesund­heit“, Anm. d. Red.) gleichsetzte. Das Publikum reagierte mit heftigem Applaus. Später widmete der Zweitplatzierte der chilenischen Präsidentschaftswahlen von 2021, José Antonio Kast, den Großteil seiner Rede dem Wahlbetrug in Venezuela und der Untätigkeit der chilenischen Regierung gegenüber Maduro. Venezuela war vielleicht eines der beliebtesten Themen des Tages. Der größte Applaus galt jedoch dem argentinischen Schriftsteller Agustín Laje, der charismatisch seine Vision einer neuen Rechten darlegte: „Wenn ich mich dem Sozialismus des 21. Jahrhunderts stellen muss, der reiner Stillstand ist, brauche ich Libertäre. Wenn ich mich dem Globalismus stellen muss, der die nationale Souveränität aushöhlt, brauche ich Souveränisten. Und wenn ich mich der Wokeness stellen muss, brauche ich Konservative.“

Grußworte von Trump & Co

Zwischen den Reden wurden KI-generierte Bilder historischer Persönlichkeiten gezeigt. Darunter zum Beispiel der Eroberer Hernán Cortés zu Ehren seiner „Evangelisierung der Einge­­borenen“. Es gab ein Anti-Covid-Impfstoff-Panel sowie eine Präsentation eines Unternehmens, das Datensicherheitsdienste „für die Sicherheit Ihrer Familie“ anbot. Internationale rechte Politiker*innen schickten aufgezeichnete Nachrichten, darunter Santiago Abascal, Giorgia Meloni und Donald Trump. Letzterer war unter den Zuhörenden eine beliebte Figur und bereits die bloße Erwähnung seines Namens löste Beifall aus. Trumps Erwähnung des abwesenden Milei sorgte dagegen für betretenes Schweigen.

Verástegui, der nicht für seine Redekunst bekannt ist, eröffnete die Konferenz und sprach später auch die Schlussworte. Am Ende der fast zwölfstündigen Versammlung hielt er eine 30-minütige Abschlussrede über die Partei des noch amtierenden AMLO, Kinderhandel und Abtreibung, nicht ohne auch seinen konservativen Film The Sound of Freedom von 2023 zu erwähnen. Dazu kündigte er an, seine Bewegung Viva México im Jahr 2025 als offizielle politische Partei anmelden zu wollen.

Während Verástegui viele einflussreiche Stimmen in der internationalen rechtsextremen Politik für diese Konferenz gewinnen konnte, bleibt die Frage offen, ob er es schaffen wird, sich vor den mexikanischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2030 zur politischen Kraft zu entwickeln. Um dies zu erreichen, könnte die Strategie eines seiner Gleichgesinnten gelingen. Cristián Camacho, ein möglicher zukünftiger Kandidat einer Verástegui-Partei, sprach davon, die Stimmen der Millionen von in Armut lebenden Mexikaner*innen zu gewinnen. Diesen 70 Millionen Wählenden seien Abtreibung oder trans Kinder egal, erklärte er, „sie haben andere Prioritäten“. Ob Verástegui wirklich Chancen hat, der erste rechtsextreme Präsident Mexikos zu werden, wird in jedem Fall auch davon abhängen, wie Claudia Sheinbaum in ihren sechs Jahren Regierungszeit abschneidet.


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