// Solidarität statt Schockstarre
Am 8. März werden wir auf die Straße gehen, um für die Rechte von Frauen und queeren Menschen zu kämpfen. Eigentlich wollten wir dieses Editorial dem sich ausbreitenden Faschismus widmen und der Notwendigkeit, weiterhin feministisch aktiv zu sein, um diese Rechte zu verteidigen. Dann stellten wir fest, dass wir genau dieses Edi schon letztes Jahr geschrieben hatten (siehe LN 597). Diese Feststellung ist keineswegs nur ein Déjà-vu, sondern veranschaulicht eine besorgniserregende Realität: Die Situation bleibt nicht etwa nur gleich, sie wird sogar schlimmer. Vor diesem Hintergrund haben wir uns die Frage nach unserer Rolle als unabhängigem Medium gestellt. Die Presse wird zwar oft als „vierte Gewalt“ bezeichnet, doch ihre Unabhängigkeit ist heute weltweit enorm gefährdet.
Ein unabhängiges Medium zu sein bedeutet, zuverlässige Informationen zu produzieren, die frei von politischen und wirtschaftlichen Vorgaben sind. Diese Möglichkeit ist keine Selbstverständlichkeit: In Mittelamerika ergab eine Studie der Universität von Kalifornien, dass bei sieben von zehn Journalist*innen der Staat über ihre Veröffentlichungen Kontrolle ausübt. Acht von zehn sehen Drohungen und Druck als unvermeidlichen Alltag an. Angriffe auf die Presse sind kein isoliertes Phänomen und steigen nicht nur in diesen Teilen der Welt an: Sie folgen einem eingespielten Muster. Überall dort, wo autoritäre Regime an die Macht kommen, greifen sie in erster Linie unabhängige Medien an. Denn diese stören: Sie recherchieren, prangern an, decken Korruption und Menschenrechtsverletzungen auf.
In vielen sogenannten demokratischen Ländern wie auch Deutschland gibt es zwar keine offizielle Zensur, dafür aber ein komplizenhaftes Schweigen zu heiklen Themen: Femizide, Polizeigewalt, linker Aktivismus usw. Das liegt unter anderem daran, dass unabhängig zu sein nicht bedeutet, frei von Zwängen zu sein. Die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Stimmung und das Werben um die Gunst der Leser*innen kann indirekt Druck auf Redaktionen aufbauen.
Noch viel direkteren Einfluss nimmt die Finanzierung durch Förderungen: Im Januar 2025 fror die Trump-Regierung mehr als 268 Millionen US-Dollar ein, die für die Unterstützung unabhängiger Medien vorgesehen waren und versetzte viele lateinamerikanische Medien in Schock (siehe Seite 30). Die finanzielle Lage vieler unabhängiger Medien ist instabil. In einer Zeit, in der Milliardäre zeitgleich die meisten großen Medien aufkaufen und so zur Verankerung rechtsextremer Ideen im gesellschaftlichen Diskurs beitragen, ist die Unterstützung unabhängiger Strukturen ein Akt des Widerstands.
Unabhängigkeit ist nicht mit Neutralität gleichzusetzen. Sich zu weigern, im Sold der Mächtigen zu stehen, heißt, kritisch und engagiert Bericht zu erstatten, sich nicht den Interessen großer Unternehmen zu beugen, sondern denen eine Stimme zu geben, die sonst zu wenig Gehör finden. Es ist oft investigativem Journalismus zu verdanken, dass Menschenrechte vorangebracht werden: So hat beispielsweise die Berichterstattung über die dramatische Realität illegaler Abtreibungen den Kampf für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch befeuert (siehe Seite 40).
Den unabhängigen Journalismus zu unterstützen bedeutet, einen Raum zu verteidigen, in dem Kritik möglich ist, in dem feministische, queere, antirassistische und soziale Kämpfe kompromisslos weitergetragen werden können. Es bedeutet auch, Solidarität aufzubauen, Netzwerke zu bilden und sich gegenseitig zu schützen. In diesem Sinne rufen wir zu Spenden auf, um unabhängige und feministische Medien in Lateinamerika zu unterstützen (siehe Nebenseite). Denn „kritisch, solidarisch, unabhängig“ sind nicht nur Worte, sondern Prinzipien, für die wir uns seit unserer Gründung einsetzen.
Diese unabhängigen Medien in Lateinamerika brauchen dich!
Armando.Info (Venezuela) deckt Korruption auf.
Baudó AP (Kolumbien) berichtet über Umwelt & Menschenrechte.
Data Crítica (Mexiko) nutzt Daten für soziale Gerechtigkeit.
Revista Anfibia (Argentinien) erzählt Geschichten, die bewegen.
Vorágine (Kolumbien) deckt Missstände auf, die andere verschweigen.
Jetzt spenden! https://www.wonderlink.de/@unterstuetzemedieninlateinamerika.de