Nummer 353 - November 2003 | Peru

Touristische Fehlentwicklungen

Der archäologische Komplex „Festung von Kuélap“ soll für die touristische Nutzung privatisiert werden

Gunter Weller

Die im Departamento Amazonas auf 3000 m Höhe gelegenen Ruinen von Kuélap aus der Zeit der Chachapoya-Kultur (10. bis 15. Jhr.) sollen mit Hilfe der Regierung für den Tourismus erschlossen werden. In einem Regierungsdekret vom Dezember 2001 ist vorgesehen, das Gebiet um die Chachapoya-Festung zur kommerziellen touristischen Nutzung privaten ausländischen Konzessionären zu übertragen. Die lokale Bevölkerung ist nicht in die Planungen einbezogen. Statt dessen erklären Regierungsvertreter: „Zur Erschließung der Anlage Kuélap für den internationalen Tourismus durch die ausländischen Konzessionäre ist es notwendig, wirklich unberührte Gebiete zu übertragen“. Über die zonas intangibles, die „unberührbaren Gebiete“, würde alleine die Regierung verfügen. Diese Formulierung ist als „bevölkerungsfreie Gebiete“ zu verstehen. Die Regierungsvertreter verweigern bei Anfragen der betroffenen Dorfbevölkerung genaue Angaben über die so genannten zonas intangibles mit dem Hinweis „streng vertraulich“. Diese wandte sich daraufhin am 10. September mit einem „Offenen Brief“ direkt an die Regierung Toledo, in dem sie fordert, aktiv in die Planungen der touristischen Entwicklung einbezogen zu werden.
Ein Bericht, der am 18. September in der Tageszeitung El Comercio erschien, dient wohl als Antwort. In dem Bericht bestreitet der zuständige Minister und gleichzeitige Vizepräsident des Landes, dass die Regierung Enteignungen der in Kuélap lebenden Bauern plane.
Die für die Vergabe der Konzessionen zuständige Behörde ist ProInversion, die Nachfolgerin der COPRI (Comisión de Privatizaciones) aus der Fujimori-Zeit. Gemeinsam ist beiden, dass in den Planungen stets die einheimische Bevölkerung ausgegrenzt wird. Das begann bei Machu Picchu für die Bevölkerung von Aguas Calientes (unterhalb des archäologischen Areals) und zeigt sich erneut im Anexo de Kuélap.
Die UnterzeichnerInnen des „Offenen Briefes“ demonstrieren eine Geschlossenheit der Bevölkerung von Kuélap und Umgebung einschließlich der Ortsvorsteher und Bürgermeister der umliegenden Ortschaften, die neu ist und die es in der Region bisher nicht gab. Eine „bevölkerungsfreie Übergabe“ an ausländische Interessenten wird nicht möglich sein.

KASTEN:
„Offener Brief“
(gekürzte Fassung)

Dr. Alejandro Toledo Manrique

Kuélap, 10. September 2003

Die Resolution Nr. 536-2001-EF vom 19. Dezember 2001 sieht die Übergabe der Erlaubnis des Baus von Infrastruktur für die touristische Erschließung des „Archäologischen Komplexes Festung von Kuélap“ an den privaten Sektor vor. Bisher erreichten die Maßnahmen des Staates weder einen ausreichenden Schutz des kulturellen Erbes, noch wurden mit der lokalen Bevölkerung eine partizipative Beziehungen aufgenommen. Im Gegenteil, der Zustand verschlechterte sich und die Bevölkerung sieht sich wiederholt Beleidigungen und Zusammenstößen, provoziert durch die Machenschaften des Staates, ausgesetzt.
In Anbetracht dieser Situation machen wir Vorschläge mit der Absicht, eine wirklich nachhaltige Tourismusentwicklung zu erreichen, die unser kulturelles Erbe, unsere Ökologie und unsere Menschenrechte respektiert.
Wir sind für den Schutz unseres kulturellen Erbes, solange unsere Rechte dadurch nicht verletzt werden. Keiner der Bewohner unserer Comunidad oder unserer Nachbarn hat ein Haus oder ein Feld innerhalb oder angrenzend an das archäologische Monument. Sie befinden sich lediglich in der Nähe der Festung. Die Festung von Kuélap umfasst sechs Hektar und die zona intangible umfasst 216.2625 Hektar in ihrer Umgebung. Es ist eine der archäologischen Stätten mit der größten unberührbaren Zone im Verhältnis zur Größe der Stätte.
Daher schlagen wir vor, dass sich die Erklärung zur unberührbaren Zone in einem gesetzesmäßigen und gerechten Prozess vollzieht, der den Besitz unserer Felder (die den Lebensunterhalt unserer Familien bedeuten) und Häuser respektiert. Wir bieten unsere Teilnahme an, um das Erbe von Kuélap und die benachbarten Gebiete zu schützen.
Seit der Erlassung der Resolution am 19. Dezember 2001 sah sich die Bevölkerung von Kuélap einer systematischen Kampagne von Verfolgungen, Betrug, Beleidigungen und Bedrohungen ihrer Rechte ausgesetzt. Der Staat besitzt kein Land in dieser Zone, und die lokalen und nationalen Beamten bestätigten wiederholt öffentlich, sogar im „Anexo von Kuélap“ selbst, die Notwendigkeit der Verlegung der lokalen Bevölkerung, damit die touristische Infrastruktur ohne Hindernisse entwickelt werden könnte. In Anbetracht dieser Situation weist die Bevölkerung von Kuélap das Projekt der Konzession „zugunsten der Festung“ zurück. Die Durchführung eines solchen Projektes verletzt nicht nur die Rechte der Bevölkerung, sondern würde darüber hinaus das Management und den Gewinn der touristischen Aktivitäten monopolisieren, indem es uns den Händen eines transnationalen privaten Unternehmens übergibt.
Wir schlagen daher vor, dass an erster Stelle die Teilhabe der Bevölkerung an den touristischen Dienstleistungen gefördert werden soll.
Wir schlagen vor, dass zwischen der Comunidad und dem Staat in übereinstimmender Weise Richtlinien entwickelt werden, die ein ordentliches physisches Erscheinungsbild der Siedlung Kuélap erlauben, chaotisches Anwachsen und Barackensiedlungen in unserer Comunidad verhindern, und die sozialen, kulturellen und ökologischen Bedingungen unseres Ortes respektieren.

Hochachtungsvoll
Die EinwohnerInnen und AmtsinhaberInnen des „Anexo von Kuélap“ und benachbarter Siedlungen, der Präsident des Komitees der Verteidigung und Entwicklung von Kuélap, der Präsident der Föderation der Comunidades und Rondas Campesinas der Provinz Luya, der Gemeindevertreter von Kuélap, der Regierungsbeamte von Kuélap, der Bürgermeister des Distriktes Tingo, der Bürgermeister des Distriktes Maria und die Vereinigung für die Verteidigung und die Entwicklung von Kuélap

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