Widerstandsfähige Kindheit unter dem Schutz des Teufels
El Diablo Fuma (y guarda las cabezas de los cerillos quemados en la misma caja) beobachtet eine dysfunktionale mexikanische Familie in den 90er Jahren

Bei der 75. Ausgabe der Berlinale feiert die mexikanische Filmproduktion El Diablo Fuma (y guarda las cabezas de los cerillos quemados en la misma caja) ihre Weltpremiere. Das Debüt des Regisseurs Ernesto Martínez Bucio ist der einzige lateinamerikanische Beitrag in der Sektion Perspectives, die interessante Erstlingsfilme vorstellt.
Das Drehbuch, das der Regisseur gemeinsam mit Karen Plata verfasst hat, porträtiert das Leben von fünf mexikanischen Geschwistern, Kindern, die mit der Abwesenheit ihrer Eltern konfrontiert sind: Zuerst durch die plötzliche Flucht der Mutter und später auch durch die des Vaters, der sich auf die Suche nach ihr begibt. Die Kinder bleiben allein zu Hause zurück und übernehmen alle Verantwortlichkeiten, einschließlich der Pflege ihrer Großmutter, die an Schizophrenie leidet.
El Diablo fuma ist ein hartes, aber gleichzeitig bewegendes Porträt, mit einer fragmentierten Erzählweise, die den Alltag in kleine Episoden unterteilt. Der Film taucht in die Welt der kindlichen Vorstellungskraft ein, was im Zusammenspiel mit der Schizophrenie der Großmutter Spannung erzeugt. Vor allem angesichts der Idee eines ungewöhnlichen Besuchers in diesem Zuhause: dem Teufel.
Mit einem Stil, der dem des beobachtenden Dokumentarfilms nahekommt, richtet Martínez seinen Blick auf die Intimität des Zusammenlebens. Der Film spielt fast vollständig innerhalb des Hauses, vermittelt jedoch kein Gefühl von Klaustrophobie. Die Geschichte ist in den neunziger Jahren in Mexiko City angesiedelt und scheint von nostalgischen Elementen geprägt zu sein. Die Auswahl historischer Ereignisse ist sehr symbolträchtig. So wie der Besuch von Papst Johannes Paul II., einer umstrittenen Figur in der Geschichte Lateinamerikas aufgrund seiner politischen Einmischung, im Kontrast zu der Begeisterung, die er unter seinen Gläubigen auslöste. Insbesondere in Kulturen wie der mexikanischen, wo die katholische Religion eine starke Präsenz hat. Auch die Kampagne gegen die Cholera-Epidemie, die in mehreren Szenen durch den eingeschalteten Fernseher zu hören ist, während die Kinder vertieft in ihrer Welt spielen, trägt zur Konstruktion dieser analogen Zeit bei, in der der Klang des Fernsehers ein charakteristisches Element vieler Haushalte war.
Die visuelle Gestaltung unter der Leitung von Odei Zabaleta kombiniert Elemente wie Archivbilder und Handycam-Aufnahmen. In manchen Momenten scheint sie den Fotografien von Alex Webb und Rebecca Norris Webb Tribut zu zollen, die unter anderem in Mexiko das alltägliche Leben auf poetische Weise durch Schichten von Handlung und inneren Bewegungen innerhalb eines einzigen Bildes einfangen und ein breites Spektrum von Kindheitsdarstellungen aufweisen. Eindrücklich wird das Thema der Vernachlässigung in der Kindheit, dysfunktionaler Familien und Elternschaft in El Diablo Fuma dargestellt. Mutterschaft und soziale Gewalt ziehen sich als übergreifende Motive durch das Werk von Ernesto Martínez Bucio. Mehrere Kurzfilme des Regisseurs wie Las razones del mundo (2018) und La madre (2012, beide auf Youtube verfügbar) befassen sich mit diesen Themen.
In seiner Gesamtheit ist El Diablo Fuma (y guarda las cabezas de los cerillos quemados en la misma caja) ein Film mit konstruierten Details und Atmosphären geworden. Das übernatürliche Element, das in der Werbung für den Film beschrieben wird, bleibt fast unbemerkt, ist aber auch nicht unbedingt notwendig.
El Diablo Fuma (y guarda las cabezas de los cerillos quemados en la misma caja) (The Devil Smokes and Saves the Burnt Matches in the Same Box), Mexiko 2025, Berlinale-Sektion Perspectives, 97 Minuten, Spanisch mit englischen Untertiteln, Regie: Ernesto Martínez Bucio
LN-Bewertung: 4 / 5 Lamas
Vorführtermine auf der Berlinale:
- Sonntag, 16.2., 22:00 h, Cubix 6
- Montag, 17.2., 18:30 h, Cubix 8
- Dienstag, 18.2., 12:30 h, Colosseum 1
- Samstag, 22.2., 21:30 h, Cubix 8