KUBANISCHE ÄRZTIN IN ALLER WELT

Dr. INDIRA GARCÌA ARREDONDO
arbeitete mit der Mission Barrio Adentro zunächst zwei Jahre in Venezuela, bevor sie drei Jahre lang im Rahmen von Mais Médicos in Brasilien als Ärztin tätig war. Derzeit bereitet sie sich auf einen Einsatz in Algerien vor.  (Foto: Klaus Piel)


 

Was denken Sie darüber, dass Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel die Ärzt*innen aus Brasilien zurückgeholt hat?

Wir verließen Brasilien auf Initiative unserer Regierung, aufgrund der Anschuldigungen Bolsonaros, die schlicht und einfach Lügen waren. Eine Behauptung lautete, dass wir nicht unser ganzes Gehalt ausbezahlt bekämen. Seit 2013 gab es aber auf Initiative der ehemaligen brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff einen trilateralen Vertrag zwischen Brasilien, der Panamerikanischen Organisation für Gesundheit und Kuba. Darin ist klar festgehalten, dass wir einen Anteil unseres Gehalts als Stipendium bekommen. Der größere Teil geht an die Gesundheitsversorgung in Kuba oder an andere Missionen, denen Kuba Material und Personal bereitstellt.
Er behauptete außerdem, dass wir unsere Familien nicht mitnehmen durften. Es war zwar nur für drei Monate möglich, aber wir hatten unsere Familien bei uns. Wir haben elf Monate gearbeitet – freiwillig, nicht gezwungen, wie sie auch behaupteten – und hatten einen Monat frei. Die Familie hätte auch vier Monate bleiben dürfen,
aber ich fand, dass drei Monate genug Zeit war.
Eine weitere Behauptung Bolsonaros lautete, dass wir nicht die nötigen medizinischen Fähigkeiten hätten. Doch wir mussten in Brasilien mehrere Prüfungen bestehen, medizinische, aber auch sprachliche. Wir hatten Unterricht und Konferenzen in den Universitäten vor Ort, wo wir monatlich getestet wurden. Wir haben von wöchentlich 40 Stunden Arbeitszeit 32 Stunden gearbeitet und 8 Stunden studiert.

Wie kam es überhaupt dazu, dass Sie als Ärztin im Ausland arbeiteten?

Schon als kleines Kind wollte ich Ärztin werden und auch mein Vater wollte es für mich, weil er damals nicht die Möglichkeit hatte. Außerdem sind zwei meiner Onkel Ärzte. Es hat mir schon immer gefallen anderen zu helfen, besonders Kinder mag ich gern. Nach meinem Studium arbeitete ich während der Zeit meines Sozialen Dienstes in einer abgelegenen Region in meiner Heimatprovinz (Der dreijährige Soziale Dienst ist verpflichtend für Menschen mit einer höheren Ausbildung und obligatorisch für die Erlaubnis, im Ausland zu arbeiten, Anm. der Red.). Dort war ich ganz auf mich gestellt und wurde mit vielen Problemen konfrontiert. Ich war Ärztin und Krankenschwester auf einmal, schlief am Arbeitsplatz und war 24 Stunden anwesend. Nach zwei Jahren Dienst und mit meinem Abschluss als Ärztin der Allgemeinmedizin bin ich zuerst nach Venezuela gegangen. Weil ich schwanger wurde und die Mission in Venezuela nicht abschließen konnte, wollte ich beenden, was ich angefangen hatte und ging anschließend nach Brasilien.

Wollten Sie in Venezuela arbeiten oder war das vorgegeben?

Man kann nicht wählen, wohin man geht, das ist von der Dringlichkeit der Lage im jeweiligen Land abhängig. Die Einsatz kubanischer Ärzte in Venezuela hatte gerade erst begonnen und ich war eben die Nachfolge für den Arzt vor mir.

Wie funktioniert die Auswahl kubanischer Ärzt*innen für den Auslandseinsatz?

Die Auswahl nimmt der Gesundheitsdienst vor. Es gibt Verträge für die medizinische Zusammenarbeit auf Anfrage der Länder, die manchmal Personal mit ganz bestimmten medizinischen Fähigkeiten suchen. Danach wird auf mehreren regionalen Ebenen nach verfügbaren Freiwilligen gesucht.

Sie haben auch in Venezuela gearbeitet, in dem Programm für medizinische Hilfe Barrio Adentro. Wie beurteilen Sie die Unterschiede zwischen den Gesundheitssystemen im Vergleich mit dem Kubas?

Im Vergleich mit dem venezolanischen Gesundheitssystem ist das kubanische besser. Es ist einzigartig, gratis und in der Verfassung festgeschrieben. Man sieht, wie viele Ärzte in anderen Ländern fehlen. In Brasilien gab es Gemeinden, in die das erste Mal überhaupt Ärzte kamen. Das Programm Mais Médicos erreichte ungefähr 3.600 Gemeinden, in 700 davon war noch nie zuvor ein Arzt gewesen. In Kuba ist das medizinische Versorgungsnetz dichter. Dort, wo ich meinen Sozialen Dienst geleistet habe, gab es zwar nur einen Bus am Morgen und einen am Abend, aber immerhin eine Ärztin.

Was sagen Sie zu dem oft wiederholten Vorwurf, es gäbe in Kuba zu wenig Ärzt*innen, weil so viele von ihnen im Ausland arbeiten?

In Kuba fehlt es nicht an medizinischem Personal. Wenn wir zum Arbeiten in ein anderes Land gehen, ist die medizinische Versorgung in Kuba garantiert, es gibt ein Gleichgewicht und unser Gehalt wird weiter gezahlt. Wenn wir zurückkommen, kehren wir an unseren alten Arbeitsplatz zurück.

 


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