FEMINISTISCHE KÄMPFE STEHEN NICHT STILL

Okupa Casa Refugio Ni Una Menos México Früher Menschenrechtskommission, heute Schutzraum (Foto: B.jars, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)

Hinter dem polierten Holzschreibtisch in einem Büro der Nationalen Menschenrechtskommission (CNDH) steht „Wir werden weder vergeben noch vergessen!“ in schwarzer Schrift auf den kahlen Hintergrund gemalt. Die Farbe ist noch frisch und tropft herunter. Vor dem Schriftzug posiert eine Person mit Sturmhaube, unter der die langen schwarzen Haare hervorschauen. Es ist das Foto, das zum Symbolbild der feministischen Besetzung wird. Anfang September wird diese von Betroffenen exzessiver Gewalt und ihren Angehörigen initiiert, feministische Kollektive schließen sich an.

Am 2. September waren Familien aus dem Bundesstaat San Luis Potosí zur Nationale Menschenrechtskommission in Mexiko-Stadt gekommen, um Aufklärung für zahlreiche Fälle von Gewalt und Verschwindenlassen insbesondere von Frauen und Kindern zu fordern. Darunter ist auch Marcela Alemán, Mutter eines vierjährigen Mädchens, das 2017 in ihrer Vorschule Opfer sexualisierter Gewalt wurde. Der Fall von Alemáns Tochter hatte eine Reihe von Klagen bei verschiedenen Instanzen zur Folge. Obwohl das Mädchen ihre Täter identifizieren konnte, wurden sie nicht verurteilt. Als deutlich wurde, dass sich auch die Nationale Menschenrechtskommission dem Fall nicht annehmen würde, weigerte sich Alemán, den Sitzungssaal zu verlassen. Sie setzte sich auf einen Stuhl, fesselte sich selbst am Stuhlbein fest und verkündete, dass sie nicht aufstehen würde, ehe der Fall ihrer Tochter aufgeklärt sei. Silvia Castillo, die Mutter eines Jungen, der 2019 in San Luis Potosí getötet wurde und dessen Fall ebenfalls nicht aufgeklärt ist, schloss sich ihr an.

„Wir werden weder vergeben noch vergessen!“

In den folgenden Tagen kamen auf die Initiative von Müttern vor Ort feministische Kollektive sowie weitere Angehörige von verschwundenen und ermordeten Personen und jene, die selbst verschiedene Formen von Gewalt erlebt hatten, dazu. Sie schlossen sich zusammen, um ihre Anliegen vorzubringen und sich gegenseitig zu unterstützen. Dabei forderten sie gemeinsam eine juristische Aufarbeitung aller Fälle.

Als sie vier Tage später, am Sonntag den 6. September, weder eine Antwort erhielten noch juristische Verfahren eingeleitet wurden, formte sich aus der anfänglichen Protestaktion eine politische Besetzung der CNDH, der höchsten staatlichen Institution, in deren Verantwortung der Schutz der Menschenrechte liegt. Kurzerhand änderten die Besetzerinnen den Namen des Gebäudes in Okupa Casa Refugio Ni Una Menos México („Hausbesetzung Schutzraum Nicht Eine Weniger”). Während der Besetzung dieser öffentlichen Einrichtung bemalten die Frauen Teile des Gebäudes: Auf Wände wurden feministische Parolen gesprüht, historische Gemälde von Männern, die als Helden der Geschichte gelten, wurden mit ironischen und politischen Symbolen überzeichnet. Der Ort wurde von da an zum Schutzraum für Angehörige und für Opfer von Gewalt erklärt.

Bis zum 15. September kam es zu keiner Einigung mit staatlichen Stellen. Im Gegenteil: Die Positionen einzelner Behörden und insbesondere des Präsidenten Andrés Manuel López Obrador (AMLO) waren geringschätzig und zurückweisend. Der mexikanische Präsident erkannte an, dass die Besetzung der CNDH Ausdruck einer „angemessenen Forderung“ sei. Sie hätte sich jedoch in ein politisches Anliegen verwandelt, das von konservativen Kräften unterstützt werde, die die mexikanische Demokratie in Gefahr bringen würden. AMLO bringt damit die Familien in Zusammenhang mit den Konservativen des Landes wie etwa den politischen und wirtschaftlichen Eliten und der verpönten Mainstreampresse – und diffamiert damit die Besetzung im höchsten Amt der Regierung.

„Die Polizei passt nicht auf uns auf, sie vergewaltigt uns!“

Die Besetzung fand jedoch auch viel Zuspruch. So gab es weitere Besetzungen von bundesstaatlichen Menschenrechtskommissionen durch feministische Kollektive unter anderem in Chiapas, Guerrero, Sinaloa oder Chihuahua. Einer der bekanntesten Fälle war die Besetzung der Menschenrechtskommission im Bundesstaat Mexiko (CODHEM) durch verschiedene feministische Gruppen in Ecatepec, die auf gewaltsame Weise am Morgen des 11. Septembers geräumt wurden. Der Bezirk Ecatepec sorgte in der Vergangenheit aufgrund sehr hoher Feminizidraten immer wieder für Aufmerksamkeit.

Bei der Räumung in Ecatepec kam es zu heftigen Repressionen, die das Ausmaß der täglichen Gewalt und die Gefahren des feministischen Kampfes an diesem Ort widerspiegeln. Teilweise wurden Besetzerinnen festgenommen und ihr Aufenthaltsort nach der Verhaftung blieb lange unklar – eine bekannte Einschüchterungsstrategie seitens der Polizei. Denn solange nichts über den Verbleib einer verhafteten Person bekannt ist, ist die Sorge hoch, dass es sich um einen Fall gewaltsamen Verschwindenlassens handeln könnte.

Eine häufig geäußerte Kritik von Frauen aus feministischen Gruppen in Mexiko lautet: „Die Polizei passt nicht auf uns auf, sie vergewaltigt uns!“. So heißt es auf Demonstrationen, in Aufrufen und im Netz: #NoNosCuidanNosViolan. Die Repressionen gegen die feministischen Proteste, angesichts der Besetzungen der Menschenrechtskommissionen, erinnern daran, dass in einem patriarchalen System – wie es in Mexiko eine Ausprägung findet – Frauen oft nicht als Menschen wahrgenommen werden, deren Rechte es zu schützen gilt.

Der feministische Bloque Negro führt die Besetzung fort

Mitte September kam es zu Differenzen zwischen den verschiedenen Gruppen der Okupa Casa Refugio Ni Una Menos México. Im Fokus stand Yesenia Zamudio, Mutter von Maria Jesús Jaimes Zamudio (besser bekannt als Marichuy), die Opfer eines Feminizids wurde. Ihr Fall wurde nie aufgeklärt, was ihre Mutter zu einer Aktivistin machte. Heute führt sie das Kollektiv Frente Nacional Ni Una Menos an, das an der Besetzung des CNDH Anfang September beteiligt war.

Yesenia Zamudio kritisierte Mitte September öffentlich Konflikte innerhalb der Besetzung, was zu einer Reihe von gegenseitigen Anschuldigungen zwischen Zamudio und anderen Müttern und dem feministisch-militanten Bloque Negro („Schwarzer Block“) führte, der sich an der Besetzung des CNDH beteiligt. Der Bloque Negro symbolisiert eigentlich eine Taktik auf Demonstrationen und Kundgebungen, um die Anonymität der Mitglieder einer Gruppe zu gewährleisten. Er wird häufig als militant beschrieben, da er den gewaltvollen Konflikt gegen den Staat (und häufig auch Privatbesitz) als unumgänglich ansieht. Im Falle der Besetzung der CNDH ist nicht klar, welche feministischen Gruppen sich hinter dem Bloque Negro verbergen. Das Zerwürfnis zwischen den Müttern und dem Bloque Negro hatte schließlich zur Folge, dass die Angehörigen von Verschwundenen und Opfern von Feminiziden die Okupa Casa Refugio Ni Una Menos México verließen.

Trotz der Konflikte muss jedoch hervorgehoben werden, dass die Angehörigen vor dem Verlassen der besetzten CNDH die Möglichkeit hatten, ihre Forderungen vor den Behörden zu äußern. Yesenia Zamudio ist es sogar gelungen, dass der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte ihren Fall überprüfen wird. Gema Antunez Flore vom Kollektiv María Herrera de Chilpancingo sagte: „Ich bin hoffnungsvoll, ich gehe nicht zufrieden, aber mit der Hoffnung, weil die Behörden sich dazu verpflichtet haben, Akte für Akte zu überprüfen.

Wir kamen in diesen Kampf, um die Behörden zu einer Reaktion zu bewegen, denn in der momentanen Situation der Pandemie haben sie uns vollkommen im Stich gelassen und leider gibt es im Bundesstaat Guerrero täglich Fälle von Verschwundenen, Morden, Entführungen. Wir fordern Gerechtigkeit.“ Inwiefern diese Aufklärung wirklich eintreten wird, bleibt abzuwarten. Antunez möchte die Wahrheit über die verschwundenen Personen in Mexiko wissen. In ihrem Fall ist der Aufenthaltsort ihres Sohnes Juan Sebastián García Antunez seit neun Jahren unbekannt. Was sich die Hinterbliebenen wünschen, ist zumindest den Körper zu sehen, um Frieden zu finden.

Der feministische Bloque Negro führt indessen die Besetzung der Nationalen Menschenrechtskommission in Mexiko-Stadt fort. Auf Facebook fordern die Feministinnen Immunität für alle Aktivistinnen des Protestes, damit ihre Aktionen weder verdeckt noch kriminalisiert werden. Hintergrund ist, dass Aktivistinnen immer wieder betonen, dass trotz friedlicher Proteste sexualisierte Gewalt weiterhin eine Bedrohung für alle Frauen und Mädchen im Land darstellt. In Mexiko werden laut Statistiken im Durchschnitt täglich zehn Frauen Opfer eines Feminizids. Nur ein Bruchteil der Fälle landet vor Gericht. Kommt es zu gewaltvollen Ausschreitungen, werden die Proteste von Politiker*innen und Medien diffamiert und kriminalisiert.

Des Weiteren fordern die Aktivistinnen den unmittelbaren Rücktritt der Polizeieinheit, die auf gewaltsame Weise eine Gruppe von Demonstrantinnen in der Menschenrechtskommission in Ecatepec im Bundesstaat Mexiko geräumt hat, und eine gendersensible Schulung der Polizei. Außerdem verlangen sie einen detaillierten, öffentlichen Bericht der Regierung über die Maßnahmen, die bisher ergriffen wurden, um sexualisierte Gewalt zu bekämpfen. Besagter Bericht soll vom mexikanischen Präsidenten und den Gouverneur*innen präsentiert werden. Weiter fordern sie die Regierung dazu auf, einen Leitfaden für gendersensible Berichterstattung zu erstellen, um eine Reviktimisierung von Aktivistinnen und Opfern sexualisierter Gewalt zu verhindern.

Bisher erreichte der feministische Bloque Negro ein Treffen mit María Fabiola Alanís Sámano, nationale Kommissarin für die Prävention und Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Sie reichten ihre Forderungen ein und konnten die Freilassung der Studentin Tania Elis erwirken, die bei Protesten gegen sexualisierte Gewalt an der Nationalen Autonomen Universität Mexiko (UNAM, siehe LN 557) einen Monat zuvor festgenommen wurde.

Trotz der Kritik an den feministischen Aktionen seitens der Regierung haben die Besetzerinnen der Menschenrechtskommission Lebensmittel, Kleidung und Medikamente von solidarischen Anwohner*innen erhalten, um ihren Kampf weiterführen zu können. Seit der Pandemie und dem damit einhergehenden ständigen Gesundheitsrisiko ist das alltägliche Leben auch aufgrund verschiedener Ängste lahmgelegt. Die Besetzung der CNDH ruft in Erinnerung, dass diese Ängste jedoch nicht lähmen lassen darf. Denn sie bringt die Kämpfe, die Besetzungen von öffentlichen Orten und die Kraft und den Mut, den verschiedene feministische Kollektive in den letzten Jahren erlebt haben, zurück.

„DIESER ORT SOLLTE UNSERER SEIN!”

 

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Besetzung als gemeinsamer Kampf und Ausdruck von SolidaritätStudentinnen der MOFE in ihrer besetzten Fakultät,  Foto: Andrea Murcia, Instagram: @usagii_ko

 

Ende August habt ihr nach sechsmonatiger Besetzung eine Einigung mit der Fakultätsleitung erzielt. Was habt ihr erreicht?
Wir konnten unsere wichtigsten Forderungen durchsetzen. Es wird eine Unidad de Género geben, in deren Rahmen Stellen für eine Anwältin, eine Psychologin und eine Sozialarbeiterin mit gendersensibler Perspektive geschaffen werden und Studentinnen auch gynäkologisch betreut werden können. Wir konnten eine Comisión de Género erreichen, in der Studentinnen und Dozent-*innen Workshops und Konferenzen mit feministischer Perspektive geben werden. Außerdem soll die Kommission Vorschläge ausarbeiten, um das Problem der sexualisierten Gewalt im Studienplan zu behandeln. Unser meistdiskutierter Punkt in den Verhandlungen war die Sanktionierung. Viele Dozenten und einige Studenten haben vielfach sexuelle Übergriffe in unterschiedlichsten Formen verübt. Anfangs haben wir gefordert, dass alle sofort aus der Fakultät geworfen werden. Das war allerdings nicht einfach, da kaum offizielle Verfahren liefen. Aber wir konnten durchsetzen, dass die Täter in zukünftigen Anklagen ihren Vergehen entsprechend bestraft werden. Durch den gemeinsamen Druck aller feministischen Besetzungen an der UNAM konnten drei Artikel des Generalstatuts der Universität erneuert werden.

Welche zum Beispiel?
Der erste Artikel besagte zwar schon früher, dass sexualisierte Gewalt ein grober Verstoß ist. Allerdings gab es noch keine Sanktionen für verschiedene Vergehen. Der Direktor einer jeden Fakultät der UNAM konnte sanktionieren, wie es ihm beliebte. In unserer Fakultät gab es Vergewaltigungsfälle, in denen der Aggressor lediglich für acht Tage suspendiert wurde. Das hat uns sehr wütend gemacht. Mit den Reformen ist es jetzt möglich, Übergriffe mit einer Suspension, dem Ausschluss oder der Kündigung des Arbeitsvertrages zu sanktionieren. Zum Beispiel konnten wir durchsetzen, dass der Professor Luis Arizmendi entlassen wurde. Er war viele Jahre lang der Kopf einer sexuellen Sekte an der Fakultät. Studentinnen, die das offenlegten, wurden systematisch eingeschüchtert und hatten ihre Anklagen daraufhin zurückgenommen.

In welchen Kontexten erlebt ihr sexualisierte Gewalt gegen Frauen an der Universität?
Wir erleben diese Gewalt und sexuelle Belästigung nicht nur im Kursraum. Sie bitten uns nicht nur um einen sexuellen Gefallen, damit wir bestehen, sondern wir müssen Zeit mit unserem Aggressor im selben Raum verbringen, was sehr unangenehm ist. Es geht hier nicht nur um die misogynen Witze der Dozenten. Uns haben sie zum Beispiel immer weismachen wollen, dass die Wirtschaftswissenschaften nur was für Männer sind. In unserer Fakultät sind 70 Prozent der Studierenden männlich, wir repräsentieren lediglich 30 Prozent. Diese numerischen Unterschiede haben auch die Atmosphäre in den Lehrveranstaltungen geprägt: Wir wurden immer zum Schweigen gebracht. Auch als wir uns organisieren wollten, ließen sie uns nicht in Ruhe und störten unsere Versammlungen. Wir sprechen hier über etwas, das seit Jahren Gang und Gäbe ist. In der naturwissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Fakultät filmten sie Studentinnen auf den Toiletten und luden die Videos anschließend auf Pornoseiten hoch. Es geht nicht nur um die Gewalt, die wir erleben müssen, wenn wir uns von zu Hause in den öffentlichen Verkehrsmitteln an die Uni begeben. Auch die Uni umgibt eine misogyne Macho-Atmosphäre und auch hier wird uns Gewalt angetan. In Mexiko sind wir an keinem Ort sicher, manchmal nicht einmal in unserem Zuhause. Die Uni bemüht sich nicht, einen sicheren Ort für uns zu schaffen. Wir reden hier von etwas so Krassem wie dem Feminizid an Lesvy Berlín im Jahr 2017 in der Fakultät für Ingenieurwesen, den die UNAM vehement zu ver-*tuschen versuchte. Diese ganze Nachlässigkeit und Gleichgültigkeit über den Mord einer Kommilitonin auf dem Campus zu sehen, ist einfach nur empörend. Auch der große Kontext macht Angst: Wir sind zehn Frauen, die täglich in Mexiko ermordet werden. Das alles haben wir satt!

Wie habt ihr es geschafft, euch für die Besetzung zu organisieren?
Es gab bereits eine Gruppe von Studentinnen an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, die tendederos (öffentliches Aufhängen von informellen und formellen Anklagen gegen Aggressoren, Anm. d. Red.) organisierten. Diese haben ihren Ursprung in einem weiteren Fall sexualisierter Gewalt an der Fakultät vor zwei Jahren. Damals wurden drei Vergewaltigungen durch den stellvertretenden Direktor und damaligen Generalsekretär öffentlich und auch formal angeklagt. Wir begannen uns zu mobilisieren, da wir es unglaublich fanden, dass er nicht sanktioniert wurde. Seitdem kannten wir uns vom Sehen. Als im Januar mehr und mehr Fakultäten und Institutionen der UNAM besetzt wurden, organisierten auch wir uns an der Fakultät. Als spezifische Fälle von sexualisierter Gewalt an Studentinnen der verschiedenen Institutionen der UNAM öffentlich wurden, waren wir fassungslos. Uns wurde klar, dass wir, obwohl wir uns noch nicht so gut kannten, den gleichen Kampf gegen die Nachlässigkeit, Unterdrückung und Einschüchterung der Führungsriege der UNAM kämpften, die sich gegen uns und alle Frauen an der Uni richtet. Letztendlich haben wir nicht nur wegen der Fälle an unserer Fakultät, sondern auch in Unterstützung der anderen Gruppen an der UNAM mit der Besetzung begonnen.

Wie konntet ihr die Verhandlungen mit der Fakultätsleitung trotz der Pandemie weiterführen und den Druck aufrechterhalten?
Wir haben unser Forderungspapier am Wochenende vor dem landesweiten Lockdown eingereicht. Daraufhin teilte uns der Direktor der Fakultät mit, dass es wegen unserer gesellschaftlichen Verpflichtung im Pandemiekontext besser sei, den Prozess zu unterbrechen und die Einrichtung freizugeben. Er versprach, dass wir reden würden, sobald die Pandemie vorbei sei. Natürlich haben wir nein gesagt, denn unsere Belange waren schon seit den Protesten unserer Kommilitoninnen vor zwei Jahren aufgeschoben worden. Danach wurden wir mehr als zwei Monate lang komplett ignoriert, bis die UNAM eine Comisión de Género schuf – allerdings vor allem, um sagen zu können, dass etwas getan wurde. Die Koordinatorin richtete ein Kommuniqué an die Direktoren jeder Einrichtung, mit der Bitte, die Forderungen der Frauen möglichst schnell umzusetzen. In diesem Moment trafen wir die strategische Entscheidung, auch ein Kommuniqué zu veröffentlichen, das wir an die höheren Führungsebenen der UNAM richteten, um offenzulegen, wie lange wir schon ignoriert worden waren. Wir erhielten keine eindeutige Antwort, woraufhin wir den Direktor öffentlich zum Dialog einluden. Wir stellten klar, dass er mit einem Nichterscheinen ein eindeutiges Statement gegen die feministische Bewegung und ihre Belange abgeben würde. Er stand unter erheblichem Druck, auch weil immer mehr Besetzungen aufgelöst wurden. Schließlich konnten wir den Verhandlungstisch via Zoom (Videokonferenzsoftware, Anm. d. Red.) erst Mitte Mai beginnen. Die Fakultätsleitung hat also lange auf unsere Zermürbung gesetzt.

Haben die anderen Besetzungen ihre Forderungen genauso durchsetzen können wie ihr?
Natürlich waren die Kontexte der Besetzungen der einzelnen Fakultäten und Oberschulen ganz unterschiedlich, weil es verschiedene Arten von Repression gab. Die anderen Besetzungen wurden sehr stark bedrängt. Nachts verschafften sich Unbekannte Zutritt, Sachen wurden gestohlen oder die Einrichtungen mit Fäkalien beschmutzt. In der FES Acatlán (zur UNAM zugehörige Oberschule in der Peripherie, Anm. d. Red.) drangen bewaffnete Personen ein und taten den Studentinnen Gewalt an. Teile der Anlage wurden in Brand gesetzt. All das zielt offensichtlich auf psychische und physische Zermürbung und führte dazu, dass die Studentinnen keine Kraft mehr hatten, die Besetzungen weiterzuführen. So wurden viele ihrer Forderungen nur teilweise angenommen.

Habt ihr solche Angriffe auch erlebt?
Wir erhielten zunächst Drohungen von Dozenten und Kommilitonen. Als die Verhandlungen starteten, begann auch die Repression seitens der Fakultätsleitung und Personen drangen ein. Das versetzte uns in Alarmbereitschaft, weil wir die Sache in FES Acatlán im Hinterkopf hatten und nun die letzte Besetzung waren. Auch wenn nicht jede Forderung der einzelnen Besetzungen durchgesetzt werden konnte, wurde doch deutlich, dass keine einzige Einrichtung an der UNAM frei von der tagtäglichen sexualisierten Gewalt gegen Studentinnen ist. Und jetzt, wo die Besetzungen vorbei sind, geht es erst richtig los, denn viele Fakultäten konnten pandemiebedingt ihre Verhandlungen nicht weiterführen, die Forderungen werden ignoriert.

Hat die Digitalität in der Pandemie eure Bewegung ausgebremst?
Ja, dass die Kurse online weitergeführt wurden und das Semester beendet werden konnte hat uns ein bisschen gebremst. Unter anderen Umständen hätte die Besetzung mehr Druck aufbauen können, da das Semester auf dem Spiel gestanden hätte. Die Pandemie hat aber noch etwas offengelegt: Die Gewalt verschob sich von den Räumen der Fakultät in die Online-Kurse. Kommilitonen sind zum Beispiel vor laufender Kamera aufgestanden und haben ihren Penis ausgepackt. Und es gibt Dozenten, die die nun nötige engere Kommunikation mit uns ausnutzen und über E-Mail, Facebook oder WhatsApp Studentinnen belästigen. Also ja, wir wurden ausgebremst, aber gleichzeitig haben wir neue Beweise für diese Arten von Gewalt bekommen. Jetzt versuchen wir, auch die digitalen Räume zu besetzen und uns zu eigen zu machen. Wir versuchen die digitale Gewalt über unsere Kanäle sichtbar zu machen. Auf unserer Facebook-Seite veröffentlichen wir die Anklagen unserer Kommilitoninnen. Wenn wir den digitalen Raum schon nicht zu einem sicheren Ort machen können, dann wird hier zumindest sichtbar, dass wir immer noch Kurse mit Aggressoren belegen müssen. Die sind zwar hinter dem Bildschirm, aber immer noch da.

Wie habt ihr den Raum der Fakultät feministisch gestaltet?
Wir haben es geschafft, einen Raum, der für viele von uns mit Gewalt assoziiert wurde, mit neuer Bedeutung zu füllen. Während unserer Zeit in der Fakultät wurde uns klar, dass die Uni wirklich unser Ort sein sollte; ein Ort, an dem wir uns sicher und frei fühlen; ein Ort, an dem wir friedlich zusammenkommen und unter uns sein können. Das konnten wir erst bei der Besetzung erfahren, bei der wir sechs Monate lang nur mit Frauen zusammenlebten. Das Gefühl, das wir an diesem Ort gefunden haben, wollen wir an alle Frauen unserer Fakultät weitergeben. Uns diesen Ort anzueignen bedeutet, diese Erfahrung mit den Kommilitoninnen ohne Angst teilen zu können. Alle Frauen, denen Gewalt angetan wurde, wissen jetzt, dass wir da sind und uns hier einander anvertrauen können. Da draußen geben sie uns einen solchen Ort nicht. Und wenn wir ihn nicht aktiv suchen, dann werden wir ihn niemals für uns haben, oder?

Anfang September haben feministische Kollektive die Nationale Menschenrechtskommission (CNDH) in Mexiko-Stadt besetzt (siehe Seite 13). Sind Besetzungen ein legitimes und nützliches Werkzeug für die Durchsetzung feministischer Anliegen?
Uns die Institutionen anzueignen, die uns für so lange Zeit ignoriert haben, ist absolut legitim und notwendig. In unserem Fall hat uns vor der Besetzung niemand beachtet. Es ist eine machtvolle Waffe, um zu sagen „Wir sind da und das gehört uns!“ So können wir sichtbar machen, dass wir Frauen in Mexiko jeden Tag aufs Neue das System, den Machismo, all die Gewalt und die Feminizide überleben müssen. Die Bewegung fängt in den Universitäten an und geht darüber hinaus, denn die Gewalt in Mexiko wird nicht nur hier ausgeübt, sondern im ganzen Land. In jedem Bundesstaat, in jeder Ecke, besonders in der Peripherie herrscht dieser erdrückende Kontext. Trotzdem haben wir einen Präsidenten, der sich dumm stellt und feministische Themen in seinen allmorgendlichen Konferenzen mit keinem Wort erwähnt. Also geht es auch darum, die Gleichgültigkeit der Führungsriege sichtbar zu machen. Eigentlich sollte die CNDH doch über unsere Rechte wachen, aber in Wirklichkeit ist sie total nachlässig. Wenn die Institutionen keine Lösungen finden, gibt es keine andere Möglichkeit als sie zu besetzen und mit ihnen das zu tun, wozu sie bestimmt sind – im Fall der Besetzung der CNDH ein Schutzraum für Frauen, die Opfer sexualisierter Gewalt geworden sind und für angehörige Frauen der Opfer von Feminiziden.

“ESTE ESPACIO DEBERÍA SER NUESTRO”

Abrazo sororal Integrantes de las MOFE en la facultad tomada, Foto: Andrea Murcia, Instagram: @usagii_ko

A finales de agosto llegaron a un acuerdo con las autoridades de la Facultad de Economía. ¿Cuáles fueron los resultados del acuerdo?
Alcanzamos que se cumplieran los puntos más fuertes de nuestro pliego petitorio. Logramos que se convocara a una Unidad de Género con una abogada, una psicóloga y una trabajadora social y que se diera atención ginecóloga a las estudiantes. Creamos la Comisión de Género, conformada por alumnas y profesoras encargadas de la difusión del feminismo mediante talleres y conferencias. Además, generan propuestas para incluir la problemática de la violencia de género en el plan de estudios. El punto por el que más discutíamos con las autoridades fue que había muchos profesores y algunos alumnos con varias recurrencias en agresiones de diferentes formas. Nuestro punto inicial era que los sacaran de la facultad. No era del todo posible, porque muchos no tenían procesos formales, pero logramos que se hicieran cambios, y en próximas denuncias los agresores obtendrán la sanción correspondiente a los actos cometidos. La presión de todas las tomas feministas de la UNAM hizo posible reformar tres artículos del estatuto general de la universidad.

¿Cuáles artículos lograron reformar?
El primero reconoce la violencia de género como una falta grave. Fue aceptado por la UNAM, pero no había sanciones. La autoridad de cada facultad o institución podía sancionar como quisiera. En la Facultad de Economía, por ejemplo, había denuncias por violación en los cuales se encontraba culpable al agresor y se le daba ocho días de suspensión. Eso nos generaba mucha rabia. En cambio, ahora, si va a ser sancionado. Puede ser con suspensión, expulsión o la rescisión de contrato. En específico, logramos que saliera el profesor Luis Arizmendi. Durante muchos años encabezaba una secta sexual dentro de la facultad. Si las muchachas denunciaban, eran intimidadas para que quitaran la denuncia.

¿Cómo viven la violencia sexual en contra de las mujeres en la universidad?
Es un contexto mayor, no sólo se vive acoso en las aulas. No sólo te piden algún favor sexual para poder pasar la materia,  no sólo convives con tu agresor en tu salón de clase, lo cual es súper incómodo. No sólo son los chistes misóginos de los profesores. A nosotras que estudiamos Economía, por ejemplo, nos decían que la Economía era para hombres. El 70% de la facultad son alumnos varones, nosotras representamos un 30%. Por diferencias de números es lógico que se acople al ambiente en sus aulas, que teníamos que estar calladas. Al momento de querer organizarnos no nos dejaban y rompían las asambleas. Hablamos de algo que pasa desde hace años. En la UNAM tenemos facultades como Ciencias y Filosofía y Letras, donde grababan a las chicas en los baños y luego estos videos los subían a páginas pornográficas. No sólo es la violencia que tienes que vivir al trasladarte de tu casa a la escuela en el transporte público, sino entrar a la escuela y entrar a un ambiente misógino y machista donde también te están violentando. No estamos seguras en ningún lado, a veces ni siquiera en nuestras propias casas. La universidad tampoco se esfuerza por darnos este lugar seguro. Hablamos de algo tan grande como el feminicidio de Lesvy Berlín en 2017 en la Facultad de Ingeniería que la UNAM se esforzó a encubrir hasta donde pudo. El contexto en general da miedo porque somos diez mujeres asesinadas al día en México. Ver toda su negligencia, ver toda su indiferencia y ver que a ellos no les importa que una compañera haya muerto en la Ciudad Universitaria es indignante. ¡Estamos hartas!

¿Cómo surgió la organización  de la toma?
Ya existía un grupo de mujeres organizadas en la Facultad de Economía con el que hacíamos tendederos. Los tendederos nacen a partir de un caso más en la Facultad de Economía. Al adjunto del director, que también era el secretario general, le llegan tres denuncias por violación. Allí comenzamos a movilizarnos. ¿Cómo es posible que no se le sancione si tiene tres denuncias formales por violación? De allí surge esta red de mujeres. Cuando en enero de este año más y más facultades, preparatorias y CCHs (colegios de preparación para la educación superior de la UNAM, nota de la redacción) se fueron a toma, nos estábamos apenas acoplando entre nosotras para ver qué se iba a hacer en la Facultad de Economía. Nos impactaba mucho cuando empezaban a sonar casos ya muy específicos de violencia en contra de las estudiantes de los diferentes planteles. Empezábamos a cuestionarnos y nos dimos cuenta de que todas teníamos el mismo objetivo: la lucha en contra de estas negligencias, opresiones e intimidaciones que tenían las autoridades de la UNAM hacia nosotras y hacia todas las mujeres de la universidad. Eventualmente realizamos nuestra toma, no solamente por los casos particulares de la facultad sino también en apoyo a los otros planteles.

¿Cómo lograron avanzar el proceso de negociación con las autoridades de la facultad y mantener la presión a pesar de la pandemia?
Nosotras entregamos el pliego petitorio un fin de semana antes de que iniciara el paro de actividades a nivel nacional. En la entrega, el director nos pidió que paráramos el proceso y entregáramos las instalaciones por el deber social que teníamos, y dijo que cuando se terminara la pandemia hablaríamos. Respondimos que no, porque ya llevábamos posponiendo esto desde las primeras protestas hace tres años. Por dos meses y algo más, nos ignoraron por completo. La UNAM, en este afán de decir que estaba trabajando, creó una Comisión de Género. La coordinadora hizo un llamado a los directores de cada facultad para que se resuelvan las demandas de las mujeres en los diferentes planteles. En este momento, decidimos de forma estratégica hacer un comunicado a la rectoría de la UNAM, a la defensoría, a la coordinadora de la Comisión de Género y al director de la Facultad de Economía, diciendo que ya habíamos sido ignoradas por mucho tiempo. Nuestro director nos contestó de forma muy ambigua y decidimos citar públicamente al diálogo. Dijimos si él no se presentaba, era clara la respuesta que tenía en contra del movimiento de mujeres y de nuestras necesidades que expresábamos en el pliego.

Desde que tomamos la facultad el 28 de febrero iniciaron mesas de negociación hasta el 18 de mayo. Por mucho tiempo apostaron al desgaste. Al iniciar las mesas se notó que no habían leído nuestro pliego. Apenas cuando cumplimos un mes de mesas de negociación se empezaron a interesar porque ya se habían soltado las demás tomas y solo quedábamos nosotras.

¿Lograron las otras tomas también imponer sus demandas?
Claramente el contexto para cada toma fue muy diferente porque tenían distintos tipos de represión. A las otras tomas las hostigaron de una forma muy fea. En la noche se metían personas, robaban e, incluso, defecaban dentro de las instalaciones. En FES Acatlán, (una entidad académica multidisciplinaria de la UNAM en la periferia de la Ciudad de México, nota de la redacción), entraron armados a violentar a las chicas y, posteriormente, se incendiaron las instalaciones. Hubo un desgaste psicológico y físico que no les permitió realmente tener la capacidad y la fuerza de seguir con sus tomas. En muchos casos, las demandas sólo fueron cumplidas parcialmente.

¿Ustedes también vivieron este tipo de represión?
Primero recibíamos amenazas por parte de alumnos y de profesores. Luego iniciaron las mesas de negociación y empezó la represión por parte de las autoridades. Esto nos tenía en constante alerta porque ya había pasado lo de FES Acatlán y éramos la única instalación que seguía tomada en la Ciudad Universitaria. Más allá de que se cumpliera el pliego de cada toma, un logro fue hacer notorio que ninguna facultad, ni plantel en la UNAM se salva de la violencia de género que vivimos a diario. A pesar de que se terminaron las tomas, esto apenas está comenzando, porque muchas facultades no pudieron seguir con sus negociaciones por la pandemia y hasta la fecha han sido ignoradas.

¿Creen que la digitalización por la pandemia ha frenado al movimiento?
Sí, nos frenó un poquito, porque el semestre se terminó en línea. En otras circunstancias la toma hubiera generado más presión de que se iba a perder el semestre. Las clases en línea implicaban otro contexto. Nos ha tocado ver como esa violencia que estaba dentro de las aulas de la facultad, ahora se trasladaba a las aulas virtuales. Ha habido casos, por ejemplo, de conferencias en donde los compañeros estaban con la cámara prendida, se paran y se sacan el pene. Hemos tenido casos en donde los profesores acosadores se aprovechan de que necesitamos tener más comunicación, ya sea por correo electrónico, por Facebook o por WhatsApp se la pasan hostigando a las alumnas. En este sentido, sí frenó nuestra lucha, pero también esto nos ha dado la pauta para mostrar que esa violencia existe porque ahora tenemos más pruebas de que realmente eso es lo que hacen los profesores. También estamos intentando tomar esos espacios virtuales y hacerlos nuestros, se está intentando visibilizar esa violencia, que ahora es virtual, mediante los canales que nosotras administramos. Si a estos espacios virtuales no podemos hacerlos seguros, por lo menos visibiliza que todavía estamos tomando clases con agresores, que estos siguen estando atrás de una pantalla, pero al final de cuentas siguen estando allí.

 ¿Cómo hicieron de la facultad un espacio feminista?
Nos dimos cuenta que donde estudias realmente debería ser tu espacio, un espacio donde te deberías sentir segura, un espacio donde deberías sentirte libre, un espacio donde puedas convivir de forma pacífica con todas las demás. No habíamos experimentado algo así hasta la toma, donde convivimos seis meses con puras chicas. Cuando estudias con puros vatos, es un espacio masculinizado y si quieres participar debes tener toda la certeza de lo que vas a decir con diez mil fundamentos. Es probable que si te equivocas ya no tienes oportunidad, nadie te va a tomar en cuenta, ya nadie te va a creer. Entonces también es el hecho de que nos podemos sentir con la libertad de hablar absolutamente cualquier cosa desde cualquier postura, que va a ser tomada en cuenta y que tal vez se va a llevar a discusión. Este sentimiento que nosotras logramos encontrar en ese espacio, buscamos también hacérselo sentir a las demás chicas de la facultad. Este sentimiento va a servir como un espacio seguro en el sentido de que todas nos podamos encontrar. Ahora las compañeras que son violentadas saben que existimos. Si alguna, no solamente de nosotras sino de todas las chicas de la facultad, de las maestras, de las trabajadoras quiere exponer algún tipo de situación, ahora se puede sentir en la confianza de que no se le va a juzgar. Se le va a apoyar. Se va a buscar a hacer todo lo necesario para que ella pueda adquirir todo esto que nosotras hemos aprendido a lo largo de estos meses en un espacio solo de chicas. Así que, apropiarnos de este espacio, fue más que nada apropiarnos de nosotras mismas y de poder compartir eso con las demás sin miedo. Nosotras entendemos que afuera no nos dan este espacio, y si no lo buscamos no lo vamos a tener, ¿no?

A principios de octubre integrantes de colectivas feministas juntas con madres de víctimas tomaron la Comisión Nacional de Derechos Humanos (CNDH) en la Ciudad de México para exigir justicia en la atención a los casos de violencia de género, feminicidios y desapariciones (véase LN 557). ¿De qué manera creen que la toma en general es una herramienta legitima y útil para alcanzar demandas feministas?
Es totalmente legítimo, valido y necesario el hecho de apropiarnos de las instituciones que por tanto tiempo nos han ignorado. En nuestro caso, no nos volteaban a ver hasta que estuvo tomada la facultad. Es un arma muy poderosa para decir “¡Aquí estamos y es nuestro!”. Es una forma de visibilizar que las mujeres en México sobrevivimos todos los días a este sistema, a este machismo, a tanta violencia y a tanto feminicidio. El movimiento empieza en las universidades y puede ir más allá. La violencia no es solamente en la universidad, no es solamente el camino de nuestras casas a la universidad, es en todo el país. En cada estado, en cada rincón se encuentra este contexto y sobre todo en las periferias. Sin embargo, en México el presidente se hace bien tonto y ni si quiera menciona los temas del feminismo en sus exposiciones mañaneras sobre los problemas del país. Entonces también se trata de hacer más visible la negligencia de las autoridades. Al final de cuentas la CNDH, es quien debería velar por nuestros derechos, pero realmente es totalmente omiso y negligente. Si las instituciones no nos están aportando las soluciones, no queda otra que tomarlas y hacer lo que tengamos que hacer con ellas. En este caso, se llegó a hacer un refugio para mujeres víctimas de violencia y para mujeres familiares de las víctimas de feminicidios.

*Nota de la redacción: después del cierre de redacción, también fue tomada la Facultad de Química y el CCH Oriente por estudiantes feministas.

„TÄGLICH SIND WIR BESSER ORGANISIERT“

„Wir sind die Angst der Regierungen, die im Namen der Wahrheit lügen.“ Am Eingangstor einer besetzten Universität

Was sind die Gründe für die Besetzung der Universität?
Rolando: Die Gründe sind vielfältig, ein zentraler Punkt ist aber die geplante Privatisierung der San Carlos Universität, der einzigen öffentlichen Universität des Lande (mit Standorten in verschiedenen Städten; Anm d Red.). Die Universitätsleitung hat eine Erhöhung der Gebühren für jedes Examen von 50 auf 100 Quetzales (etwa 6 € bzw. 12 €, die Red.) beschlossen und die Kosten für notwendige Kurse vor Beginn des Studiums von 350 auf 1.000 Quetzales pro Kurs erhöht (etwa 41€, bzw. 118€). Wenn man zum Beispiel fünf Kurse machen muss, sind das 5.000 Quetzales (590€). Viele Studenten haben nicht die Möglichkeit, das zu bezahlen.
Carlos: Ein anderer Punkt ist ein Abkommen der Universitätsleitung mit der Industriekammer: Praktika sollen in privaten Firmen gemacht werden. Medizinstudenten werden ihre Praktika dann zum Beispiel nicht mehr in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen auf dem Land machen, wo der Bedarf am größten ist, sondern zum Beispiel im privaten Krankenhaus hier in Quetzaltenango.

Wie ist die Situation der Besetzer*innen und was sind ihre Forderungen konkret hier für Quetzaltenango?
Rolando: Die Besetzung der San Carlos Universität hier in Quetzaltenango ist Teil eines landesweiten Kampfes, es gibt Besetzungen überall im Land. Wie gesagt: die zentrale Forderung ist das Nein zur Privatisierung, als regional größtes Universitätszentrum außerhalb der Hauptstadt sind wir an der Seite des Kampfes an der Universität in der Hauptstadt. Wir in Xela (Kurzform für Quetzaltenango; Anm d. Red.) haben noch eine Reihe weiterer Forderungen, zum Beispiel die der besseren Qualifizierung der Dozentinnen und Dozenten, von denen viele nicht in ihrem Fachgebiet unterrichten und nicht ausreichend vorbereitet sind für ihren Unterricht. Des Weiteren fordern wir, weitere Studiengänge zu schaffen. Fächer wie zum Beispiel Geschichte, Sozialwissenschaft oder Politik fehlen hier völlig, dabei ist in Xela der zweitgrößte Standort der San Carlos Universität im ganzen Land.
Carlos: Wir wollen auch mehr Möglichkeiten zur Mitbestimmung schaffen, zum Beispiel bei der Universitätsleitung. Der aktuelle Rektor für Quetzaltenango ist seit acht Jahren im Amt, aber er wurde nie von den Studenten gewählt.

Gibt es Unterstützung aus der Bevölkerung?
Rolando: Ja, es gibt viel Unterstützung, viele Personen solidarisieren sich mit uns, kommen hier an das Tor der Universität und bringen Lebensmittel vorbei. Die Mehrheit der Studentinnen und Studenten und auch der Dozentinnen und Dozenten unterstützt den Kampf, nicht alle, aber die große Mehrheit. Es gibt Veranstaltungen, Foren und Kulturveranstaltungen hier vor den Toren der besetzten Universität.

Und die Unterstützung durch Organisationen?
Rolando: Auch die ist gut, allen voran seitenss der Gewerkschaft der Arbeiterinnen und Arbeiter der Universität. Ein Vertreter des Menschenrechtsobmannes für Guatemala war die ersten Tage der Besetzung hier vor Ort und hat uns unterstützt.

Die Tendenz zur Privatisierung der Universitäten ist in Guatemala kein Einzelfall…
Carlos: Die Privatisierung der Bildung, Gesundheit et cetera. ist eines der zentralen Geschäfte heute in Guatemala. Seit Jahren betreiben alle Regierungen in Guatemala diese Politik der Privatisierung. Die öffentliche Bildung und Gesundheit werden jahrelang nicht verbessert, um dann die Privatisierung als angeblichen Ausweg zu präsentieren. Neben großen Teilen der Gesundheitswesens und des Bildungssystems sind beispielsweise die Strom- und Wasserversorgung seit langem privatisiert. Jetzt geht es um die staatlichen Universitäten – aktuell die Gebührenerhöhung und in ein paar Jahren dann wahrscheinlich die vollständige Privatisierung.

Wie lange wollen Sie die Proteste fortsetzen?
Antonio: Wir setzen die Proteste fort, bis die Universitätsleitung die Gebührenerhöhung zurücknimmt. Bisher gab es keine direkten Gespräche zwischen uns und der Universitätsleitung, für die kommende Woche ist aber ein Gespräch geplant.

Gibt es Repression gegen Sie?
Rolando: Bisher gab es keine Drohungen oder Konfrontation von Seiten der Polizei oder der Armee. Die San Carlos Universität hat einen Autonomiestatus und ist öffentliches Eigentum. Auf Beschluss der gewählten Gremien der Studierenden wurde es jetzt besetzt. Zurzeit versuchen sie eher, uns mit Desinformation zu schaden und zu spalten, aber das wird ihnen nicht gelingen, täglich sind wir besser organisiert.
Antonio: Aber wir kennen natürlich die Geschichte unseres Landes, wir wissen wie viele politisch aktive Studierende ermordet wurden während des Bürgerkrieges. Daher treten wir in der Öffentlichkeit zurzeit auch nur maskiert auf. Die Repression in der Vergangenheit hat auch die Privatisierung gefördert, viele Leute hatten Angst vor der Repression und haben es deshalb vorgezogen, an einer privaten Universität zu studieren.

* Die Namen wurden von der Redaktion geändert.

 

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