KUBA WIRD AUSSORTIERT

Fotos: Andreas Knobloch

Noch ist Deutschland entwicklungspolitisch in etwa 85 Ländern direkt aktiv, meist über die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) oder die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) – alles unter dem Dach des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Im Zuge der Neuausrichtung soll unter dem Motto „Weg von der Gießkanne“ die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit in etwa einem Drittel der Länder beendet werden, darunter Kuba, schrieb die FAZ mit Verweis auf eine Ausstiegsliste, die dem Blatt vorliege. Diese Nachricht sorgte vor allem bei Kuba-Unterstützer*innen für Unruhe.

„Wir beenden mit keinem Land die Zusammenarbeit, sondern wir steuern in einer Reihe von Ländern um. Die erwähnte Umsteuerung betrifft vor allem die direkte staatliche, also bilaterale Zusammenarbeit“, erklärt eine Sprecherin des Ministeriums auf Nachfrage. „Die Entscheidung betrifft ausschließlich die direkte Zusammenarbeit von Staat zu Staat über die Durchführungsorganisationen wie die GIZ oder die KfW.“ In Ländern, in denen man nicht mehr direkt staatlich zusammenarbeite, würde weiterhin die Arbeit der Kirchen und der Zivilgesellschaft sowie der EU und multilateraler Institutionen unterstützt, sowie Investitionen der Privatwirtschaft gefördert.

Das klingt beruhigend. Aber bei Investitionsförderung vermittelt der Realitätscheck für Kuba eher ein tristes Bild. Nicht selten bleiben Investitionsprojekte in der Entwicklungsphase stecken. Das hat mit den schwierigen Finanzierungsbedingungen zu tun. Seit fast sechzig Jahren leidet Kuba unter der Wirtschafts-, Finanz- und Handelsblockade durch die USA. Deren Bestimmungen betreffen auch Drittstaaten und lassen potentielle Investor*innen vorsichtig agieren. Derzeit findet sich keine deutsche Bank, die Projekte auf Kuba finanziert. Darüber hinaus fehlt es an öffentlicher Entwicklungsfinanzierung. Kuba selbst steckt in Zahlungsschwierigkeiten.

Schwieriges Pflaster Wegen der US-Blockade bleiben Investitionen deutscher Banken aus

Eine Erhöhung der Hermes-Bürgschaften, mit denen der deutsche Staat private Investitionen absichert, war mehrmals an Zahlungsverzögerungen auf kubanischer Seite gescheitert. Zwar gibt es seit Oktober 2018 in Havanna ein Deutsches Büro zur Förderung von Handel und Investitionen, aber das fehlende Entwicklungshilfeabkommen mit Kuba sei ein „großes Hemmnis“, hört man immer wieder aus dem Kreis deutscher Unternehmer*innen auf der Insel.

Während zwischen Kuba und der DDR enge Beziehungen bestanden, ist das Verhältnis zwischen Berlin und Havanna nach 1990 erheblich abgekühlt. Erst im Jahr 2000 wurde die Frage der kubanischen Altschulden gegenüber der DDR in einem Umschuldungsabkommen geregelt. Die offizielle Entwicklungszusammenarbeit liegt seit 2003 auf Eis, ebenso ein bereits ausgehandeltes deutsch-kubanisches Kulturabkommen – eine Reaktion auf die Verhaftung von 75 Systemoppositionellen in Kuba und deren Verurteilung zu langjährigen Haftstrafen im März 2003.

„In Kuba wurden Maßnahmen der bilateralen staatlichen Zusammenarbeit noch nicht umgesetzt, daher können diese auch nicht beendet werden“, heißt es dazu aus dem Ministerium. „Vom BMZ mitgeförderte Projekte der Zivilgesellschaft und anderer Träger sind [von der Strukturreform, Anm. d. Autors] nicht betroffen und werden auch künftig in Kuba möglich sein.“ Derzeit sind einige deutsche Nichtregierungsorganisationen auf Kuba tätig, vornehmlich im Bereich der Energie- und Wasserversorgung sowie in der Erwachsenenbildung.

Seit 1990 ist das Verhältnis zwischen Berlin und Havanna deutlich abgekühlt

„Obwohl es bislang kein deutsch-kubanisches Kulturabkommen und kein unabhängiges Goethe-Institut gibt, bilden die vielfältige kulturelle Kooperation, die Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung sowie der durch den Deutschen Akademischen Austausch Dienst (DAAD) geförderte akademische Austausch zentrale Säulen der bilateralen Beziehungen“, heißt es von Seiten des Auswärtigen Amtes.

DAAD-Projekte gehören zu den wichtigsten Vorhaben in der BMZ-geförderten deutsch-kubanischen Kooperation. Sie betreffen Themen wie Biodiversität, Recycling und Abwassermanagement, unternehmerische Bildung an Hochschulen, Alumni-Netzwerke, Workshops in Hoch­schulmanagement usw. Darüber hinaus fördert das BMZ eine Dreieckskooperation Mexiko-Kuba-Deutschland im Bereich erneuerbarer Energien und Energieeffizienz, zivilgesellschaftliche Kooperationen sowie Vorhaben der politischen Stiftungen, zwei Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft sowie ein regionales Sparkassenpartnerschaftsprojekt. Nach Hurrikan Irma im Herbst 2017 flossen über vom BMZ unterstützte UN-Programme Übergangshilfen in Höhe von 750.000 Euro.

Deutschland setze die Zusammenarbeit mit Kuba in der Entwicklungszusammenarbeit auch durch sein europäisches und multilaterales Engagement fort, so die BMZ-Sprecherin. „Zudem finanziert Deutschland durch seinen Beitrag zum EU-Haushalt aktuell mehr als 20 Prozent der EU-Entwicklungsleistungen und unterstützt damit indirekt auch die Entwicklungszusammenarbeit der EU mit Kuba.“

Das künftige Kuba-Engagement des BMZ lässt sich vielleicht auf die Kurzformel bringen: Wo man nie richtig eingestiegen ist, kann man auch nicht aussteigen. Die allgemein auf die Reformstrategie für das BMZ gemünzte Aussage des Verbandes Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO) kann auch auf Kuba angewendet werden: „Eine umfassende Bewertung der Auswirkungen ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Viele Fragen stellen sich im Zuge der Umsetzung, von denen dann auch zivilgesellschaftliche Organisationen betroffen sein können.“

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