„Es ist an der Zeit zu begreifen, dass der Zug des Wirtschaftswachstums mit seinen Heizer*innen – dem Fortschritt / der Entwicklung – uns auf einen Abgrund hin lenkt, wenn wir die Kämpfe des Widerstands und der Weiter-Existenz nicht vervielfachen.“ So heißt es im Vorwort des Buches Pluriversum – Lexikon des Guten Lebens für alle.
Auf der Vierten Internationalen Degrowth-Konferenz in Leipzig 2014 entstand die Idee für dieses Buch. Die Beschreibung dieser Situation, ein einfaches Austauschen auf dem Flur, begeistert bereits von der Magie des Widerstands, sich zusammen zu tun, sich auszutauschen und zu merken: Wir sind nicht allein mit unseren inneren Konflikten in diesem System.
Das Buch ist erstmals 2023 in Deutschland in der Arbeitsgemeinschaft sozialpolitischer Arbeitskreise (AG SPAK Bücher) erschienen. Die Herausgeber*innen vereinen vielfältige Hintergründe aus Wissenschaft und Aktivismus, wodurch sie breit gefächertes Wissen und verschiedene Perspektiven einfließen lassen.
Der Begriff Pluriversum wurde von den Zapatistas als „eine Welt, in der viele Welten Platz haben“ geprägt. Eine Welt, in der alle Welten und alle Wesen mit Respekt und Würde zusammenleben, ohne dass jemand auf Kosten anderer lebt. Das versucht dieses Buch zu vermitteln, indem es vielfältige Stimmen aus allen Kontinenten sammelt, um dem eurozentristischen Entwicklungsgedanken entgegenzutreten.
Der Sammelband beginnt mit mehreren Vorworten, die in die Thematik einführen. Darauf folgt das Kapitel „Entwicklung und ihre Krisen: Globale Erfahrungen“, in dem Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen Kritik am Entwicklungsbegriff üben. Danach folgt das Lexikon, das sich in die Kapitel: „Universalisierung der Erde: Reformistische Lösungen“ und „Ein Pluriversum der Menschen: Initiativen der Umgestaltung“ unterteilt. In den Erklärungen und Diskussionen der Begriffe wird oft ihre jeweilige Geschichte einbezogen, um die Argumente zu untermauern.
Im Kapitel II werden Begriffe wie Geo-Engineering oder Entwicklungshilfe aufgegriffen, die oft als Innovationen des Globalen Nordens zur „Krisenlösung“ angepriesen werden. Diese werden kritisch betrachtet und interne Diskrepanzen aufgedeckt. Das anschließende Kapitel III widmet sich transformativen Alternativen, alten und neuen, lokalen und globalen, wie zum Beispiel Buen Vivir, Pazifische Feminismen oder auch Zivilisatorische Umbrüche und beleuchtet eingehend deren Herkunft und Umsetzung.
Dieses Buch ist keines, das man am Stück durchliest oder als Einschlaflektüre nutzt. Es ist vielmehr eine begleitende Inspiration. Durch die Begriffserklärungen im Lexikonstil kommt es dabei jedoch durchaus von der Theorie hin zur Praxis und wird fassbarer. Es regt an, anders zu denken und zu hinterfragen, es immer wieder in die Hand nehmen, darin zu stöbern und sich von den kreativen Möglichkeiten des Lebens inspirieren zu lassen.