Jedes Jahr seit 1986 kommen viele tausend compañeres aus ganz Argentinien an einem Ort zusammen. Das Treffen ist ein Ort der Stärkung für kommende Kämpfe, dort, wo es am notwendigsten ist. In diesem Jahr fiel die Wahl auf die Provinz Jujuy. Im Wahljahr 2023 hatte der damalige Gouverneur der Provinz eine Änderung der Verfassung von Jujuy angeordnet, die nicht nur die extraktivistische Wirtschaft vorantrieb, sondern sich auch über die Gemeinschaftsrechte der Indigenen Völker und Arbeitsrechte hinwegsetzte (siehe LN 591/592). Der breite Widerstand dagegen löste eine heftige Repression gegen die Jujeñxs aus.
Horizontal und partizipativ
Auf den Treffen gibt es verschiedenste Workshops, kulturelle Programmpunkte und mindestens zwei Demonstrationen: eine gegen Trans- femizide und Hassverbrechen gegen LGBTIQ+-Personen und eine große Abschlussdemonstration.
In diesen Tagen begegnet man Menschen aus dem ganzen Land, die lokal aktivistisch tätig sind. Plötzlich entstehen mögliche gemeinsame Pläne, Erklärungen und Initiativen, um sich wieder zu treffen. Die Dynamik ist horizontal und partizipativ. Es wird nicht abgestimmt, sondern versucht, geteilte Positionierungen über das jeweilige Thema zu erreichen.
In der derzeitigen politischen Lage, mit einer ultrarechten Regierung, die den Staat aushöhlt und feministischen und Menschenrechtsaktivismus offen angreift, haben sich viele von uns dafür entschieden, an einem Workshop teilzunehmen, der auch schon im vergangenen Jahr gut besucht war: der Antifaschismus-Workshop. Dort haben wir uns über Begriffskonzepte ausgetauscht, um das Phänomen zu verstehen und Erfahrungen geteilt, wie wir das vergangene Jahr in unseren sozialen Bewegungen politisch erlebt haben. Gleichzeitig haben wir uns mit den Charakteristiken der Ultrarechten in jeder Provinz vertraut gemacht. Wir haben unsere feministischen Errungenschaften Revue passieren lassen und verstanden, dass wir nicht aus Zufall Lieblingsobjekt der Angriffe sind: In unserem Land scheinen die traditionellen und ultrarechten Gruppen ihre Gemeinsamkeiten im frauen- und LGBTIQ+-feindlichen Diskurs und in der allgemeinen Stigmatisierung unserer Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit zu finden.
Die Auseinandersetzung über den digitalen Raum als Ort, in dem Ultrarechte sich wohlfühlen, war auch eine Möglichkeit, uns über unsere Recherchewerkzeuge auszutauschen. Viele von uns sind der Meinung, dass die sozialen Netzwerke sehr wichtig sind, um zu verstehen, wie Ultrarechte agieren, wer sie sind und wie ihre Agenda aussieht. Wir wollen damit nicht nur das alte Motto „Wissen ist Macht” verteidigen, sondern die Recherche auch in unsere alltäglichen politischen Praxen aufnehmen.
Jahrzehnte der Organisierung und des gemeinsamen Kampfes stärken uns den Rücken. In Momenten des Rechtsrucks ist es manchmal leicht, das zu vergessen. Aber die Möglichkeiten sind da. Es reicht zu sehen, wie wir uns die Straßen jeder Provinz zurückholen, gemeinsam und vergeschwistert in einer gemeinsamen Bewegung, um zu wissen: Dieser traurige Zustand bleibt nicht für immer.