Melissa Martínez, Angehörige der afro-indigenen Gruppe der Garífuna in Honduras, wird direkt auf der ersten Seite sehr passend mit brennendem Herzen dargestellt. Denn sie brennt für ihr Territorium, ihre Familie, ihre Arbeit: Als Heilkundige wirkt sie in einem gemeinschaftlichen Gesundheitszentrum mit, das der Gemeinde, insbesondere den Frauen auf der Insel Roatán auch als Gemeindezentrum dient. Roatán ist das angestammte Gebiet der Garífuna. „Wir sind Menschen des Landes und des Meeres“, sagt Melissa. Menschen mit sowohl tiefer spiritueller als auch praktischer Verbindung zu ihrem Territorium, von dem die Garífuna als Fischer*innen und Landwirt*innen leben: „Es sind die Dinge, die wir mit unseren eigenen Händen schaffen und beginnen, deshalb so zu lieben.“ Doch das von ihnen geliebte karibische Land wird auch von Investor*innen begehrt: Gegen den vom Staat gebilligten oder sogar unterstützten Landraub durch Unternehmen muss sich Melissa zusammen mit den anderen Gemeindemitgliedern immer wieder heftig wehren. Nicht aufzugeben, wie sie es tut, kann dabei lebensbedrohlich sein.
Auch Lina Prieto aus Bogotá, die zweite Protagonistin, hat sich schon oft in lebensbedrohlichen Situationen wiedergefunden. Sensibel für Ungerechtigkeit in der kolumbianischen Gesellschaft schloss sie sich in jungen Jahren der Guerilla FARC-EP an. Nach einer misslungenen Aktion wurde sie verhaftet. In den Jahren im Gefängnis entdeckte sie ihre Liebe zu Büchern. Sie entschied sich, statt Waffen Worte zu benutzen, um weiter für ihre Ideale einzustehen. Der landesweite Generalstreik von 2021 (Paro Nacional) reißt Lina mit und stellt sie vor neue Herausforderungen. Sie stürzt sich in die gefährliche Aufgabe, die Proteste mit journalistischen Mitteln zu begleiten.
Die Graphic Novel von Steffi Wassermann mit Zeichnungen der Künstlerin Paola Reyes ist eine nahe und berührende Darstellung der Kreativität und Widerstandskraft der beiden porträtierten Frauen. Sie zeichnet die Wege und persönlichen Bezüge zu ihren jeweiligen Kämpfen und den Mitteln, die sie dafür auswählen, einfühlsam nach. Dabei gibt sie Einblicke in die jeweiligen regionalen Kontexte und Herausforderungen von Melissa und Lina. Paola Reyes’ Zeichnungen stellen durch den Fokus auf Emotionen und die Details der abgebildeten Gesichter eine enge Verbindung zwischen Leser*innen und Gezeichneten her. Auch die künstlerische Darstellung der je eigenen Umgebung vermittelt unmittelbar sowohl die ruhige Stimmung der karibischen Natur als auch die immense Größe und Enge der kolumbianischen Hauptstadt. Kämpferinnen – Luchadoras bietet einen wichtigen, menschlichen Zugang zu komplexen Themen wie koloniale Kontinuitäten und dem Widerstand dagegen, kapitalistische Ausbeutung und Landraub, Protest, Polizeigewalt und patriarchale Unterdrückung. Mit der Graphic Novel wurden auch pädagogische Begleitmaterialien veröffentlicht, einsehbar auf der Homepage des FDCL.