DAS ENDE DES MACRISMUS

Domingo Peronista feiern vor dem “Bunker” (Foto: M.A.f.I.A.)

Der Domingo Peronista, der peronistische Sonntag, ist immer ein Sonntag mit Sonne und Asado. Der 27. Oktober war ein besonders peronistischer Sonntag, denn neben lang erwarteten frühlingshaften Sonnenstrahlen und Grillduft in der Luft wurde der Peronismus an den Urnen wieder zur stärksten politischen Kraft im Land.

Peronismus – für einen europäisch politisierten Verstand ein schwer nachvollziehbares Phänomen


Zugegebenermaßen ist der Peronismus für einen europäisch politisierten Verstand ein schwer nachvollziehbares Phänomen. Und vielleicht ist Verstand das richtige falsche Wort in diesem Satz, denn im Herzen der rioplatensischen Hauptstadt geht Politik mehr durch den Körper als durch den Kopf: Peronismus ist Affektivität, ist ein Gefühl, ist Organisierung. Am letzten Sonntag im Oktober wurde in Argentinien gewählt, die Vorfreude und Erwartungen der Peronist*innen waren groß und die Prophezeiung lautete: Diesen Sonntag wirst du endlich den Peronismus verstehen.
Zweieinhalb Monate zuvor, am 11. August, hatten die landesweiten Vorwahlen stattgefunden, Wahlen, die entscheiden, welche Parteien zur Wahl zugelassen werden und eine ziemlich genaue Prognose darüber geben, wer einige Monat später als Sieger der „richtigen“ Wahlen hervorgeht. Die diesjährigen Vorwahlen hatten die Herzen der Peronist*innen höher schlagen lassen: überraschend hoch fiel der Unterschied zwischen der peronistischen „Formel“, dem Kandidat*innenduo Fernández-Fernández (Alberto und Cristina), gegenüber dem amtierenden Präsidenten Mauricio Macri und seinem faden Vize Miguel Pichetto aus. Macri blieb mit knapp 33 Prozent über 16 Prozentpunkte hinter Fernández zurück. Entsprechend euphorisch fieberten Fernández‘ Anhänger*innen dem Wahltag entgegen, der bald nur noch Fiesta genannt wurde, an dem der verhasste Präsident Macri aus der Casa Rosada gejagt und mit der Rückkehr von „Cristina“ – als Vizepräsidentin – den Regierungswechsel einleiten würde.
Vor erst vier Jahren hatte Mauricio Macri das Präsident*innenamt von Cristina Fernández de Kirchner übernommen und sich nur in einer knappen Stichwahl gegenüber dem peronistischen Kandidaten durchsetzen können. Damit war die 12-jährige Periode des Kirchnerismus zunächst beendet. Die bereits in der vorherigen Konjunktur begonnene Wirtschaftskrise verschärfte sich unter Macris neoliberalem Kurs weiter: Neben zunehmenden Repressionen und Kriminalisierung sozialer Bewegungen, ließen Massenentlassungen, Sozialabbau, Neuverschuldung in Rekordhöhe beim IWF, eine Versorgungskrise und eine handfeste Wirtschaftskrise mit starker Inflation bei breiteren Teilen der Bevölkerung die Unterstützung für die Regierung Macri immer weiter absinken.

Am Wahlsonntag, dem Tag der Fiesta, herrscht in der Hauptstadt eine Stimmung wie an Weihnachten

Am Wahlsonntag, dem Tag der Fiesta, herrscht in der Hauptstadt Stimmung „wie an Weihnachten“, sagt eine Nachbarin im Viertel Boedo, man wolle sich fast gegenseitig ein „frohes Fest“ zum Abschied wünschen. Seit Tagen reden alle davon, dass am Sonntag gefeiert wird, auf dem Bürgersteig vor der Fleischerei, an der Schlange im Supermarkt. Am Abend strömen Zehntausende ins Viertel Chacarita im Westen von Buenos Aires, wo sich der „Bunker“, die Wahlzentrale der Parteienkoalition Frente de Todxs befindet. Alle paar Minuten kommt eine neue U-Bahn mit etwa 100 Menschen an, die „O, vamos a volver!“- singend („Wir werden zurückkehren“) aus der U-Bahnstation strömen, der gleiche Gesang, der vor vier Jahren Cristina als Präsidentin verabschiedete. So richtig daran geglaubt hatte zunächst niemand, vor zwei Jahren schien der schnelle Regierungswechsel noch unmöglich, vor einem schwer vorstellbar, jetzt ist er da. Es ist das erste Mal in Argentinien, dass ein Präsident, der sich nach der ersten Amtszeit zur Wiederwahl stellt, abgewählt wird.
Auf der Straße erwartet die Pilger*innen ausgelassene Stimmung, die obligatorischen Choripanes (gegrillte Wurst im Brot), laute Boxen und Großbildschirme für die Massen, Gesänge, Freudentränen darüber, dass endlich „der macristische Alptraum“ vorüber ist. Das scheint überhaupt der größte Anlass zur Freude zu sein, nicht das, was kommt, sondern das, was vorbei ist: Vier Jahre Macri, vier Jahre Neoliberalismus, vier Jahre Sorgen. Was allerdings der wenig charismatische Präsident in spe Alberto Fernández daraus machen wird, darüber wird kaum geredet. Ob mit ihm alles besser wird? Leicht wird er es nicht haben, mit dem wirtschaftlichen Scherbenhaufen, den er übernimmt. „Natürlich“, sagt Laura, 40, sichtlich emotional, „es kommen schwierige Zeiten. Jetzt müssen wir erstmal für mindestens eineinhalb Jahre den Gürtel enger schnallen. Aber lieber ist mir das mit einem Projekt, mit dem ich mich ideologisch identifizieren kann.“ Laura, die bei dem Fernsehsender des Parlaments arbeitet, sagt, sie habe sehr gelitten in den letzten Jahren. Jetzt freut sie sich, dass das lange Warten ein Ende hat: „Jetzt wird wenigstens endlich wieder diskutiert, dann fliegen zwar die Fetzen – aber ich liebe Debatten! Unter Macri war alles unpolitisch.“ Debatten sind notwendig, in einer politischen Strömung, die scheinbar alle Gegensätze in sich vereint: rechts und links, Hellblaue und Grüne (Abtreibungsgegner*innen und -befürworter*innen), Feminst*innen und Machos, Führungskult und Horizontalismus.

„Jetzt wird wenigstens endlich wieder diskutiert!”


Um 18 Uhr schließen die Wahllokale, um 21 Uhr soll es die ersten Ergebnisse geben und Alberto und Cristina vor das Publikum treten. Neu gewählt wurden neben dem Präsidenten auch die Parlamente in der Stadt Buenos Aires und drei Provinzen, die Hälfte der Abgeordnetensitze sowie ein Drittel der Sitze im Senat. Als die ersten Zahlen bekannt werden, können viele die Enttäuschung nicht verbergen. Der Vorsprung fällt viel geringer aus, als erwartet. Im Gegensatz zu den Vorwahlen konnte Macri sein Ergebnis um fast acht Prozentpunkte auf über 40 Prozent verbessern, Fernández kommt nicht über 50 Prozent. Trotz des Siegs im ersten Wahlgang ist die Stimmung etwas getrübt – zwar ist die Rechte abgewählt, jedoch bleibt sie weiterhin stark, vier von zehn Leuten haben immer noch Macri gewählt. In einigen Provinzen, vor allem in den reicheren, wie Córdoba, Santa Fé und Mendoza, gewinnt Macris Koalition Juntos para el Cambio (JpC) und auch die Hauptstadt liegt fest in der Hand der Macrist*innen: sowohl der Präsidentschaftskandidat als auch der macristische Bürgermeister Larreta wurden in Buenos Aires mit über 50 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt (Larreta mit 20 Prozent Vorsprung), in den wohlhabenden Stadtvierteln des Nordens bekommt Macri sogar fast 80 Prozent der Stimmen. In der wichtigen und bevölkerungsreichsten Provinz Buenos Aires dagegen haben die Peronist*innen mit dem ehemaligen Wirtschaftsminister und Polit-Star Axel Kicillof einen deutlichen Sieg gegenüber der amtierenden Gouverneurin Eugenia Vidal erzielt.
Die linke Alternative zu den Peronist*innen ist die Koalition aus kleineren kommunistischen und trotzkistischen Parteien Frente para la Izquierda (FIT). Für die aussichtsreichste Kandidatin der FIT für das Abgeordnetenhaus, Myriam Bregman, geschätzt von vielen linken Peronist*innen, haben die Stimmen nicht gereicht, obwohl die Kampagne der FIT, den Wahlzettel zu zerschneiden, einige überzeugt hat (in Argentinien gibt es für jede Partei einzelne Wahlzettel, will man verschiedenen Parteien in verschiedenen Wahlen Stimmen geben, muss man die Wahlzettel zerschneiden). „Cortaste vos?“ (Hast du zerschnitten?) – eine der gängigsten Fragen nach der Wahl in linken Kreisen.
Fast die Hälfte der FIT-Wähler*innen hat in der Wahl zum Präsident*innenenamt für Alberto Fernández gestimmt, manche Peronist*innen für die Feministin Bregman als Abgeordnete. „Normalerweise gehe ich nicht wählen“ sagt Juan, Aktivist der Basisorganisation Frente Darío Santillán, in diesem Jahr hätten ihn aber mehr Leute als sonst dazu gedrängt, seiner Pflicht nachzukommen, damit Macri abgewählt werde. „Aber die Frente para Todos könnte ich niemals wählen. Im Kabinett von Alberto ist Felipe Solá und der ist verantwortlich für den Mord an Darío und Maxi“. Solá war Gouverneur der Provinz Buenos Aires, als die Piqueteros (Aktivist*innen der Arbeitslosenbewegung) Darío Santillán und Maximiliano Kosteki bei dem Massaker von Avellaneda im Jahr 2002 von der Polizei ermordet wurden. Solá wird für verschiedene Ministerposten gehandelt. „Wenn ich wählen gehen sollte, dann FIT.“ So wie Juan denken nicht viele, die FIT kommt kaum über zwei Prozent und bleibt zahlenmäßig so unbedeutend, da sich die meisten linken Stimmen im Kirchnerismus wiederfinden.

Zurückkehren bedeutet nicht, die gleichen Fehler nochmal zu machen

Die dritt„stärkste“ Partei ist der neue Consenso Federal des ehemaligen Wirtschaftsministers Lavagna mit sechs Prozent. Zwei Parteien der extremen Rechten, die Frente Nos, eine familistische Anti-Abtreibungskoalition um den ehemaligen Nationalbankchef Centurrión und die Frente Despertar sind unter zwei Prozent geblieben, ihre verlorenen Prozentpunkte aus der Vorwahl konnte Macri auf seinem Konto verbuchen. Die Wahlergebnisse zeigen die deutliche Polarisierung, die neue Regierung wird kaum ohne Unterstützung der Opposition regieren können. Von der JpC selbst wird die Abwahl Macris wie ein Erfolg gewertet: „Perdimos pero ganamos“ („Wir haben verloren, aber gewonnen“), kommt es triumphierend aus der Ecke der Verlierer*innen. In der Zeit nach der Vorwahl hatte es breite Mobilisierungen im Lager der Macrist*innen gegeben, die größte eine Kundgebung vor 300 000 Menschen am Sonntag vor den Wahlen. Und mit mindestens genauso großer Leidenschaft mit der die Kirchnerist*innen den Abgang Macris feiern, wird die Ex-Präsidentin von den Macri-Anhänger*innen gehasst. La grieta wird das allgemein genannt, der vermeintlich unversöhnliche Riss in der Gesellschaft zwischen Peronist*innen und Antiperonist*innen. Die starke Identifikation mit dem Antiperonismus ist ein Grund, warum Macri trotz desolater wirtschaftlicher Situat von seinen Wähler*innen nicht abgestraft wurde, der Hass auf die politische Kultur des Kirchnerismus ist immer noch stark. Den gemäßigten Fernández als Kandidaten ins Rennen zu schicken, war daher ein kluger Schachzug, um das Konfliktpotential etwas abzukühlen und den Peronismus an den Urnen zu vereinen. Nach Amtsantritt am 10. Dezember liegen zwei Mammutaufgaben vor ihm: die Wirtschaft und die gesellschaftliche Polarisierung in den Griff zu bekommen, die Lage zu stabilisieren und Risse zu flicken. Das Zweite wird nur durch das Erste möglich sein. Und vielen ist klar, „volver“, zurückkehren, bedeutet nicht, die gleichen Fehler nochmal zu machen, auch der Kirchnerismus muss sich neu erfinden.
Am späten Abend treten Alberto und Cristina vors Publikum, mit den Madres und Abuelas de la Plaza de Mayo auf der Bühne, halten ihre Reden und das letzte Dankeswort des neuen Präsidenten gilt dem verstorbenen Néstor Kirchner. Die Masse feiert weiter, bis nach Mitternacht, als kein Bus, keine Bahn, kein Taxi mehr durchkommt und sich alle zu Fuß auf den Weg nach Hause machen.
Das, was die Menschen sich mit dem Peronismus identifizieren lässt, ist die Möglichkeit sich mit all ihren Zweifeln und Widersprüchen darin wieder zu finden, sagt der Pop-Philosoph Darío Sztajnszrajber, in seiner „konstituierenden, fragmentierten Inkohärenz“. Das Wesen des Peronismus ist lo popular, das der breiten Masse, der einfachen Leute, und die Aufgabe diese zu repräsentieren und zu emanzipieren. „Peronimus bedeutet: Alles für Alle“, sagt Laura überzeugt. Die Lieder, die Straßen, die Herzen. Heute gehören sie den Peronist*innen.


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KIRCHNER-LISTE SAGT MACRI DEN KAMPF AN

Sie ist auf der politischen Bühne zurück: die ehemalige Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner (CFK). Lange Zeit war nicht klar, ob sie sich für das Amt der Senatorin bei den landesweiten Zwischenwahlen im Oktober aufstellen lassen würde. Sie hat sich entschieden. Anzeichen gab es: Vor mehr als einem halben Jahr hatte sie bereits zur Gründung einer neuen Wahlallianz, der Unidad Ciudadana (“Bürgerliche Einheit”), aufgerufen, um die neoliberale Agenda und die massiven Sparmaßnahmen der Regierung Macri auszubremsen. Dennoch hielt sie sich bis zum letztmöglichen Präsentationstermin der Wahllisten, dem 24. Juni, bedeckt und traf in Sitzungen mit anderen Kandidat*innen zusammen, unter ihnen der ehemalige Verkehrsminister Florencio Randazzo. Randazzo hatte als Präsidentschaftskandidat der Frente para la Victoria (“Front für den Sieg”) vor den Wahlen 2015 gegenüber dem Ex-Gouverneur von Buenos Aires Daniel Scioli den Kürzeren gezogen.

Statt Fernández de Kirchner oder Randazzo heißt es nun, Kirchner gegen Randazzo. CFK steht an der Spitze der Liste von Unidad Ciudadana, einer Vereinigung linksperonistischer und nicht peronistischer, sozialdemokratisch-orientierter Gruppen für die Teilwahl zum Senat. Florencio Randazzo hingegen präsentierte sich mit dem eigenen Wahlbündnis Frente Justicialista, einem Zusammenschluss des konservativen Flügels peronistischer Parteien und Gruppierungen.

In der Provinz von Buenos Aires, wo sie gegeneinander antraten, waren es insgesamt elf solcher Bündnisse, die sich zu den sogenannten PASO (Primarias Abiertas Simultáneas y Obligatorias) präsentierten. Die PASO wurden eigens von der Ex-Präsidentin Fernández de Kirchner ins Leben gerufen, angeblich, um die Auswahl der Kandidat*innen innerhalb der Wahlbündnisse transparenter und demokratischer zu gestalten. Dabei, so die Idee, sollte jedes Bündnis mehrere Listen mit unterschiedlichen Kandidat*innen aufstellen, um dann in Vorwahlen, die ebenso wie die Hauptwahlen für alle Argentinier*innen Pflicht sind, gegeneinander anzutreten. Die siegreich aus den PASO hervorgehenden Listen der jeweiligen Wahlbündnisse präsentieren sich dann in den Hauptwahlen. All jene Zusammenschlüsse, die weniger als 1,5 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen können, fallen aus den Wahlen heraus. Interessanterweise ist CFK selbst keine Freundin ihrer eigenen Erfindung. Allerdings hat nicht nur sie es bevorzugt, für die PASO am 13. August lediglich eine Liste für ihre Allianz vorzuschlagen, weshalb diese sogenannten Vorwahlen inzwischen vielmehr eine groß angelegte Volksbefragung zwei Monate vor den eigentlichen Wahlen darstellen.

Für das Regierungsbündnis Cambiemos ging der bis zu seiner Aufstellung als Bildungsminister dienende Esteban Bullrich als Senator für die Provinz Buenos Aires ins Rennen. Bullrich brachte sich mit dubiosen Aussagen in Misskredit: “Unsere Regierung zeigt ihren Einsatz, in dem sie jeden Tag einen weiteren Meter Straße asphaltiert, ein weiteres Schulzimmer eröffnet und einen weiteren Jungen hinter Gitter bringt.” Laut seiner späteren Erklärungen bezog er sich damit auf Drogendealer*innen und Kriminelle. Dennoch kommen Zweifel auf, denn ein zentraler Vorschlag der Regierung zur Bekämpfung der “Unsicherheit”, ist die Senkung des Alters der Strafmündigkeit auf 14 Jahre. Bereits zuvor war Bullrich in der Öffentlichkeit nur unter Begleitung der beliebten Provinzgouverneurin María Eugenia Vidal aufgetreten, die den eigentlichen Wahlkampf für Cambiemos in Buenos Aires führte, obgleich sie nicht zur Wahl stand. Nach diesem ehrlichen Ausrutscher, der nur einer von vielen war, verschwand Bullrich praktisch völlig von der Bildfläche.


Viele hatten nach Bullrichs Ausrutschern mit einem erdrutschartigen Sieg von CFK gerechnet, doch ihre Erwartungen wurden enttäuscht.

Viele hatten nach Bullrichs Ausrutschern mit einem erdrutschartigen Sieg von CFK gerechnet, doch ihre Erwartungen wurden enttäuscht. Als am 13. August gegen 21 Uhr die ersten Resultate verkündet wurden, lag Bullrich sogar vor Fernández de Kirchner, und das sollte sich auch im Laufe des Abends nicht ändern. Während Cambiemos, das in zehn von 23 Provinzen (einschließlich der Hauptstadt) gewonnen hatte, feierte, betrat die Spitzenkandidatin von Unidad Ciudadana erst kurz vor vier Uhr morgens die Bühne, als sich dann doch ein, wenn auch sehr knapper, Sieg ihrerseits abzeichnete. Während ihrer Rede klagte CFK über die Manipulation bei der Auszählung, da ein Teil der so wichtigen Stimmen aus dem Großraum Buenos Aires zurückgehalten werden würden, was den Eindruck vermittele, sie hätte verloren. Tatsächlich sollte es noch mehr als eine Woche dauern, bis die endgültigen Ergebnisse der Wahlen bekanntgegeben wurden.

Am Ende setzte sich CFK mit 34,27 Prozent der Stimmen gegen Esteban Bullrich durch, der es auf 34,06 Prozent brachte. Auf nationaler Ebene konnte sich Cambiemos jedoch sowohl bei den Parlamentsabgeordneten als auch den Senator*innen gegenüber Unidad Ciudadana behaupten. Florencio Randazzo schaffte es mit der Frente Justicialista auf etwas über fünf Prozent, weshalb inzwischen eine Wanderbewegung seiner Alliierten zum Bündnis von Fernández de Kirchner stattfindet. Ebenso ein Verlierer der Wahl ist der Zusammenschluss 1País (“1Land”), der sich hinter Sergio Massa, konservativer Peronist und ebenfalls Präsidentschaftskandidat 2015, versammelte. Auf Grund massiver Stimmenverluste konnte er sich nicht, wie noch vor zwei Jahren, als starke dritte Kraft etablieren. Ein Großteil der linken Wahlbündnisse, die sich allerdings vor allem in der Hauptstadt präsentierten, schaffte es nicht über die 1,5-Prozent-Hürde. Allein die Frente de Izquierda (“Linksfront”) kam auf ein nennenswertes Ergebnis; in einigen Provinzen konnte sie sogar mehr als zehn Prozent der Wähler*innen für sich überzeugen.

Die Regierung von Mauricio Macri sieht sich durch das Ergebnis der Vorwahlen in ihrem Kurs bestätigt und hat bereits weitere Sparmaßnahmen sowie Preisanstiege bei Strom, Gas und im öffentlichen Transport angekündigt. Auch die bislang hinausgezögerten Arbeitsmarkt- und Rentenreformen sollen nun kommen. Und damit die Argentinier*innen nicht auf falsche Gedanken kommen, ist die Fußballfernseh-übertragung, die CFK in den öffentlich-rechtlichen Kanal geholt hatte, noch bis nach den Wahlen kostenlos, danach wird sie wieder an private Bezahlkanäle abgegeben. Fernández de Kirchner zeigt sich währenddessen trotz des nur sehr geringen Vorsprungs in der Provinz kämpferisch: “Wir sind die Handvoll Leute, die der Politik der Regierung Einhalt gebieten werden.” Dabei scheint sie jedoch zu vergessen, dass ein Großteil der neoliberalen Maßnahmen und Gesetzesänderungen Macris durch Stimmen aus den Reihen ihrer Partei mitgetragen wurden.


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