Ein Mörder und korrupter Diktatur ist tot

“El Chino” Fujimori polarisiert weiterhin die peruanische Gesellschaft (Foto: Alfonso Silva-Santisteban)

Während seiner Regierungszeit übte Fujimori autoritäre Kontrolle aus, gestärkt durch den Selbstputsch (autogolpe) von 1992, im Zuge dessen er den Kongress schloss und eine Verfassunggebende Versammlung einberief. Während seiner Amtszeit setzte er ein neoliberales Wirtschafts­programm um, das die massive Privatisierung staatlicher Unternehmen vorsah und die Rolle des Staates reduzierte. Auswirkungen hatte das vor allem auf vulnerable Bevölkerungsgruppen. Trotz seines Versprechens, keine wirtschaftliche „Schocktherapie“ zu vollziehen, trafen seine Maßnahmen die Ärmsten hart.

Fujimori blieb eine Dekade lang an der Macht. Einmal wurde er durch eine breite Mehrheit wiedergewählt, nachdem er seinen Einfluss gefestigt hatte, ein zweites Mal durch klaren Wahlbetrug. Seine Amtszeit war geprägt von Menschenrechtsverbrechen, Korruption und einer Wirtschaftspolitik, die die Eliten stärkte, während Tausende Arbeiter*innen entlassen wurden und die peruanische Demokratie Rückschritte erfuhr.

Unter den beispielhaften Fällen von Menschenrechtsverletzungen sind die Massaker in Barrios Altos (1991) und La Cantuta (1992), bei denen unschuldige Zivilist*innen ermordet wurden, unter dem Verdacht, mit dem Terrorismus in Verbindung zu stehen. Diese Grausamkeiten waren Teil eines „schmutzigen Kriegs“, der staatliche Gewalt gegen die unbewaffnete Zivilgesellschaft einsetzte. Fujimori wurde für seine Rolle in diesen Operationen verurteilt, die von der so genannten Colina-Gruppe ausgeführt wurden, einer hierfür innerhalb der peruanischen Armee gebildeten Einheit. Zudem war Fujimori an willkürlichen Entführungen beteiligt, wie der des Journalisten Gustavo Gorriti und des Unternehmers Samuel Dyer.

Ein weiteres Verbrechen unter Fujimori waren die systematischen Zwangssterilisationen. Diese waren ein Teil des Programms zur Geburtenkontrolle, welches durch Fujimoris Regierung zwischen 1996 und 2000 eingeführt wurde. Das Ziel des Nationalen Programms für Reproduktive Gesundheit und Familienplanung war die Bekämpfung der Armut durch die Reduzierung der Geburtenrate. Jedoch wurden Tausende vor allem Indigene, arme und aus ländlichen Gemeinschaften stammende Frauen dieser Prozedur ohne ihre Zustimmung oder unter Zwang, unterzogen. Viele dieser Frauen wurden von medizinischem Personal betrogen oder unter Druck gesetzt, Eileiterunterbrechungen durchzuführen, was zu schweren Vorwürfen des Verbrechens gegen ihre Menschenrechte führte. Insgesamt schädigte das Programm mehr als 270.000 Frauen, vor allem in den Anden und im Amazonasgebiet, wo der Zugang zu Informationen begrenzt ist. Trotz der Anschuldigungen und der internationalen Verurteilung hatten die Opfer zahlreiche Schwierigkeiten dabei, Gerechtigkeit zu erlangen. Bis heute waren die Verantwortlichen, einschließlich bis zuletzt der ehemalige Diktator Fujimori selbst, Gegenstand von Ermittlungen, ohne dass es zu konkreten Verurteilungen kam.

Opfer staatlicher Gewalt Erinnerung an die Ermordeten von la Cantuta (Foto: The Advocacy Project via Flickr (CC BY-NC SA 2.0))

Systematische Korruption und Kontrolle des Staates

Die Korruption und Überwachung durch den Staat erreichten während Fujimoris Regierung ein tiefgreifendes und systematisches Niveau und betrafen praktisch alle öffentlichen Einrichtungen Perus. Die Korruption seines Regimes reichte vom Abzweigen staatlicher Gelder bis zum Kauf von Kongressabgeordneten, Richter*innen und Medien. Alles mit dem Ziel, seine autoritäre Macht zu festigen und sich dauerhaft im Amt zu halten. Vladimiro Montesinos war die Schlüsselfigur hinter diesem Korruptionssystem. Er kontrollierte ein ausgedehntes Spionage- und Bestechungsnetz ausgehend vom Nationalen Nachrichtendienst. Die Einrichtung verwendete zur Zahlung von Bestechungsgeldern und zum „Kauf“ politischer Gefolgschaft staatliche Mittel, deren Verwendung nicht eindeutig kontrolliert wurde.

Eine der berüchtigtsten Taktiken des Regimes war der Kauf von oppositionellen Kongressabgeordneten, um eine für Fujimori günstige Parlamentsmehrheit zu garantieren. Diese Bestechung wurde von Montesinos organisiert und ist in den bekannten „Vladivideos“ zu sehen, Aufnahmen, die Montesinos im Geheimen machte. Diese Aufnahmen zeigen, wie Kongressabgeordnete wie Alberto Kouri Bargeld als Gegenleistung für ihre Loyalität gegenüber der Fujimori-Regierung annehmen. Montesinos zahlte jedem Oppositionsabgeordneten, der zur Regierung wechselte, bis zu 15.000 Dollar. Dieses System ermöglichte Fujimori die Verabschiedung für ihn günstiger Gesetze, einschließlich seiner Wiederwahl als Präsident im Jahr 2000, und die Blockierung jeglicher parlamentarischer Untersuchung der korrupten Aktivitäten seines Regimes.

Um seine Straffreiheit und die seines engsten Umfelds zu gewährleisten, bestach Montesinos Richter*innen und Staatsanwält*innen und sorgte dafür, dass kein Verfahren gegen die Regierung Erfolg hatte. Insbesondere der Oberste Gerichtshof und das Verfassungsgericht waren Ziel dieser Bestechungen, die es dem Regime ermöglichten, sich der gerichtlichen Kontrolle seiner Korruptionshandlungen und Menschenrechtsverletzungen zu entziehen und Straffreiheit zu genießen. Neben dem Justizsystem manipulierten Fujimori und Montesinos auch die peruanischen Medien, indem sie Journalist*innen und Medien­besitzer*innen mit staatlichen Geldern bestachen und so eine günstige Berichterstattung über die Regierung sicherstellten. Montesinos verteilte Millionen von Dollar an die großen Fernsehsender, um Korruptionsskandale und Menschenrechtsverletzungen zu verharmlosen. Diese Kontrolle der Medien schränkte den Zugang der Bürger*innen zu wahrheitsgemäßen und kritischen Informationen ein und ermöglichte es dem Regime, eine Fassade der Stabilität und Popularität aufrechtzuerhalten.

Fujimori setzte im Rahmen seiner Wirtschaftsreformen ein aggressives Programm zur Privatisierung von Staatsbetrieben durch. Viele dieser Verkäufe wurden jedoch wegen mangelnder Transparenz in Frage gestellt. Bei mehreren Käufer*innen stellte sich heraus, dass sie mit der Regierung verbunden waren oder durch Bestechungsgelder begünstigt wurden, was dazu führte, dass die Unternehmen beim Verkauf preislich unterbewertet wurden.

Die aus diesen Privatisierungen stammenden Mittel, die eigentlich für die Entwicklung des Landes hätten verwendet werden müssen, wurden in vielen Fällen auf persönliche Konten oder für Ausgaben der Regierung umgeleitet. Zwischen 1991 und 2000 verkaufte Peru mehr als 220 staatliche Unternehmen und erzielte damit Einnahmen von mehr als 9 Mrd. US-Dollar, von denen jedoch schätzungsweise 6 Mrd. US-Dollar veruntreut oder missbräuchlich verwendet wurden. Die massive Privatisierung brachte nicht nur dem peruanischen Staat erhebliche Verluste ein, sondern kam auch der Fujimori nahestehenden politischen Elite zugute. Dies trug zur Verarmung von Schlüsselsektoren der Wirtschaft und zur Verschärfung der sozialen Ungleichheiten bei.

Fujimori verwendete öffentliche Mittel, um seine Wiederwahlkampagne im Jahr 2000 zu finanzieren, obwohl er versprochen hatte, nicht für eine dritte Amtszeit zu kandidieren. Zu diesem Zweck leitete das Regime schätzungsweise 75 Millionen US-Dollar aus verschiedenen Ministerien, einschließlich des Verteidigungsministeriums, um, um Propaganda, Wähler*innen- mobilisierung und Bestechungsgelder für Wahlhelfer*innen zu finanzieren. Diese Kampagne wurde als Teil des „Kampfes gegen den Terrorismus“ und der „nationalen Entwicklung“ dargestellt, während es sich in Wirklichkeit um ein Manöver handelte, um die eigene Macht zu erhalten. Fujimoris Wiederwahl wurde weithin als Betrug angesehen, was zu Massenprotesten und einer politischen Krise führte, die schließlich zu seinem Sturz beitrug.

Im Jahr 2000 reiste Fujimori, inmitten der Krise um seine gefälschte Wahl, zum APEC-Gipfel nach Brunei, von wo aus er unter Ausnutzung seiner doppelten Staatsbürgerschaft nach Japan flüchtete. Von Tokio aus trat er per Fax vom Präsidentenamt zurück, der peruanische Kongress lehnte seinen Rücktritt jedoch ab und enthob ihn wegen „permanenter moralischer Unfähigkeit“ seines Amtes. Trotz der gegen ihn bestehenden Haftbefehle lebte er in Japan, ohne ausgeliefert zu werden. Im Jahr 2005 reiste er nach Chile, um seine politische Karriere wieder aufzunehmen, wurde aber bei seiner Ankunft aufgrund eines Auslieferungsersuchens aus Peru verhaftet, dem 2007 nach einem langwierigen Gerichtsverfahren schließlich stattgegeben wurde.

Nach seiner Auslieferung wurde Alberto Fujimori wegen Menschenrechtsverletzungen, Korruption und Entführung zu 25 Jahren Haft verurteilt, insbesondere wegen seiner Verantwortung für die Massaker von Barrios Altos und La Cantuta. Im Jahr 2017 wurde er vom damaligen Präsidenten Pedro Pablo Kuczynski aus humanitären Gründen vorübergehend begnadigt, was zu großen Kontroversen und Ablehnung bei den Familien der Opfer führte. Der Oberste Gerichtshof Perus hob die Begnadigung 2018 auf, und nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt kehrte Fujimori 2019 ins Gefängnis zurück. Sein Fall wurde vom Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte geprüft, der die Rechtmäßigkeit der Begnadigung in Frage stellte. Im Jahr 2022 setzte das Verfassungsgericht die Begnadigung wieder in Kraft, aber Menschenrechtsorganisationen legten dagegen Berufung ein. Schließlich wurde Fujimori am 6. Dezember 2023 nach einer Vereinbarung zwischen dem Verfassungsgericht, dem von der Partei seiner Tochter Keiko kontrollierten Kongress und der Regierung von Dina Boluarte freigelassen.

Das Erbe des Fujimorismo, angeführt von seiner Tochter Keiko Fujimori, beeinflusst die peruanische Politik nach wie vor durch einen von ihrem Vater geerbten autoritären und klientilistischen Stil. Keiko hat die Struktur der Bewegung beibehalten und sich eine Rhetorik der eisernen Faust (mano dura) zu eigen gemacht. Ihre Führungsrolle ist jedoch von Korruptionsskandalen geprägt, wie dem Fall Odebrecht, der das Weiterbestehen korrupter Machenschaften und Verbindungen zu großen Wirtschaftskonzernen offenlegte.

Dina Boluarte regiert für und durch den Fujimorismo

Keikos Partei, die Fuerza Popular, hat im Kongress beträchtlichen Einfluss ausgeübt und mit Obstruktionstaktiken demokratische Regierungen destabilisiert. Keiko hat Verachtung für die Justiz an den Tag gelegt, indem sie sich als Opfer politischer Verfolgung darstellte, während gegen sie wegen illegaler Finanzierung ermittelt wurde. Das verdeutlicht, dass politische Manipulation nach wie vor auf ihrer Agenda steht. Der Fujimorismo fördert unter ihrer Führung immer noch den Autoritarismus und ein neoliberales Wirtschaftsmodell, das die Interessen der Wirtschaftselite in den Vordergrund stellt, Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit ignoriert und Ungleichheiten aufrechterhält. Das stellt eine ständige Bedrohung für die peruanische Demokratie dar.

Heute regiert die Diktatorin Dina Boluarte, gestützt vom Fujimorismo und mit einer Agenda, die die vollständige Wiederherstellung der Ordnung der 1990er Jahre anstrebt. Dina Boluarte, die die Ermordung von 50 Menschen während der Demonstrationen von 2022-2023 im Süden Perus zu verantworten hat, regiert für und durch den Fujimorismo, womit sie ihm den Weg zur Macht und zur totalen Kontrolle des Landes ebnet und damit das Wenige, was von der peruanischen Demokratie noch übrig ist, zerstört.

Es ist daher unsere Aufgabe, für das Andenken der Opfer zu kämpfen und das Erbe der Diktatur, das unter anderem in der politischen Verfassung von 1993 zum Ausdruck kommt, für immer aus dem kollektiven Bewusstsein zu tilgen.

Ein Mörder und korrupter Diktator ist tot, aber sein Erbe weigert sich zu sterben und klammert sich mit seinen gewaltigen Krallen an die Macht.


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GESUNDHEIT VOR GERECHTIGKEIT?

Es wirkte fast schon verzweifelt. Ein weiterer Versuch in der Reihe der unermüdlichen Anstrengungen, endlich das lang gewünschte Ziel zu erreichen: Alberto Fujimori, der wegen Mord, schwerer Körperverletzung und Entführung zu 25 Jahren Haft verurteilt worden war, aus dem Gefängnis zu holen. Im April wurde zuletzt ein Gesetzesvorhaben vor dem peruanischen Kongress vorgestellt. Der 78-Jährige ehemalige Politiker sei schwerkrank, was einen Arrest im eigenen Haus nötig mache, hieß es. Fujimori zählt zu den kontroversesten Politikern der peruanischen Geschichte. Die Auseinandersetzung zwischen den Anhänger*innen des „Fujimorismo“ und seinen Gegner*innen zeigte sich auch beim Präsidentschaftswahlkampf im vergangenen Jahr. Keiko Fujimori, die älteste Tochter des Inhaftierten, kam mit ihrer rechtskonservativen Partei Fuerza Popular als stärkste Kraft in die Stichwahl. In der zweiten Runde musste sie sich nur knapp Pedro Pablo Kuczynski von der neoliberalen Partei Peruanos por el Kambio (PPK) geschlagen geben. Dass es am Ende für Keiko an einem Prozentpunkt scheiterte, war größtenteils der Anti-Fujimori-Bewegung zu verdanken. Mit Slogans wie „Fujimori nunca más“ (Nie wieder Fujimori), demonstrierte die Bewegung in den großen Städten gegen eine erneute Machtübernahme eines Fujimoris (siehe LN 503). Auch eine mögliche Haftentlassung von Alberto Fujimori trieb viele Demonstrant*innen auf die Straße.

Trotz der Wahlschlappe sind die Bestrebungen zur Entlassung Fujimoris nicht abgeklungen, sondern haben lediglich ein neues Gesicht erhalten. So stellte der fraktionslose Kongressabgeordnete Roberto Vieira am 24. April den Gesetzentwurf Nr. 1295 zur „Regelung der Strafe für Senioren ab 75 Jahren“ vor. Mit dem Entwurf sollte eine besondere Bedingung in das Strafgesetzbuch integriert werden. Schwerkranke, alte Gefangene sollten demnach den Rest ihrer Strafe zu Hause absitzen können. Obwohl das Gesetzesvorhaben keinen konkreten Namen nannte, bestätigte Vieira, dass er das Projekt unter Berücksichtigung des ehemaligen Präsidenten entworfen habe. Vieira bestand allerdings darauf, dass der Entwurf nicht mit einer Entlassung gleichzusetzen sei: „Es ist keine Begnadigung. Es wird nichts verziehen. Stattdessen können 820 Menschen, die die Anforderungen erfüllen, die Vorteile nutzen.“

Diese Anforderungen waren, dass der Gefangene ein Drittel der auferlegten Haftstrafe abgesessen hat, älter als 75 Jahre ist und an einer schweren Krankheit leidet und sich so in einer heiklen Gesundheitslage befindet. Im Falle Fujimoris, der 78 Jahre alt ist, wären die ersten beiden Bedingungen erfüllt gewesen. Der ehemalige Diktator hatte im vergangenen Jahr das erste Drittel seiner Haftzeit beendet. Bezüglich seines Gesundheitszustandes wurden verschiedene Beschwerden festgestellt. Im Februar musste Fujimori ins Krankenhaus eingeliefert werden, da ein Bandscheibenvorfall an seiner Wirbelsäule ihm am Laufen gehindert hatte. Der Neurochirurg Carlos Álvarez erklärte, dass dies ein typisches Anzeichen des Alterungsprozesses sei, was den Patienten in seiner Beweglichkeit einschränken würde. Zusätzlich wurden beim ehemaligen Diktator weitere Leiden wie Bluthochdruck, Herzrasen, Mundkrebs und eine Magenschleimhautentzündung diagnostiziert. Fujimoris Arzt, Alejandro Aguinaga, erklärte, dass sein Patient jedoch keinen Herzinfarkt gehabt hätte: „Ein Fehler der Mitralkappe verursacht sein Herzrasen, aber kein Infarkt.“ Inwieweit diese Beschwerden ausreichend sind, den Ex-Diktator aus humanitären Gründen zu begnadigen, ist unklar. Jedoch hätte die Verabschiedung des Gesetzentwurfes Fujimori eine Möglichkeit eröffnet, seine Haft legal zu umgehen.

Trotz der Beteuerungen Vieiras, dass dieses Vorhaben rein aus humanitären Gründen ins Leben gerufen wurde, blieb die politische Motivation unverkennbar und sorgte für viel Aufsehen.

Trotz der Beteuerungen Vieiras, dass dieses Vorhaben rein aus humanitären Gründen ins Leben gerufen wurde, blieb die politische Motivation unverkennbar und sorgte für viel Aufsehen. Das Gesetz wäre nämlich nicht nur dem Ex-Diktator zu Gute gekommen. Eine Reihe weiterer Gefangener, unter denen sich auch Vladimiro Montesinos, der brutale und korrupte Geheimdienstbeauftragte der Regierung Fujimori, befindet, hätten auf diese Weise die Chance gehabt, ihre Haftstrafe in Hausarrest umzuwandeln. Laut dem Anwalt Alonso Gurmendi hätte dieses Gesetz sogar Abimael Guzmán, Anführer der maoistischen Terrororganisation „Leuchtender Pfad“, zu partieller Freiheit verhelfen können. Ein Schreckensszenario für viele Peruaner*innen, die die Grauen des bewaffneten Konfliktes zwischen der Terrororganisation und der peruanischen Armee in den 1980er und 1990er Jahren miterlebt haben.

Kritik an dem Gesetzesvorhaben äußerte auch die Fuerza Popular, die Partei des „Fujimorismo“. Die Kongresspräsidentin und Abgeordnete, Luz Salgado, erklärte im Interview mit dem Sender RPP Noticias, dass sie mit dem Hausarrest nicht einverstanden sei: „Ich möchte Alberto Fujimori frei sehen, nicht in einem Haus eingesperrt. Ich denke, dass es eine Begnadigung geben muss, und das liegt in der Macht von Präsident Kuczynski“.

Laut einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Ipsos Perú befürwortet mehr als die Hälfte der peruanischen Bevölkerung eine Begnadigung Fujimoris aus humanitären Gründen. Diese kann allerdings nur vom Präsidenten Pedro Pablo Kuczynski erteilt werden. Außerdem wird von 54 Prozent der Befragten die auferlegte Strafe von 25 Jahren Haft als zu streng empfunden. Diese Daten sind sinnbildhaft für die weiterhin starke Unterstützung, die Fujimori in der peruanischen Bevölkerung genießt. Dass er nach seiner Wahl den peruanischen Kongress im Jahr 1992 auflöste, alle oppositionellen Kräfte im Land durch den sogenannten autogolpe (Selbstputsch) zum Schweigen brachte, die Medien zensierte und mit Hilfe von Todesschwadronen unschuldige Menschen des Terrorismus beschuldigte und ermorden ließ, scheint aus der Erinnerung vieler Menschen verschwunden zu sein.

Am 10. Mai wurde das Gesetzesvorhaben Vieiras zur Haftentlassung Fujimoris vom peruanischen Kongress abgelehnt und archiviert. Der Versuch, Fujimori aus dem Gefängnis zu holen, scheiterte damit erneut. Ausschlaggebend war ausgerechnet der Widerstand der Fuerza Popular, die sich gegen den Hausarrest und für eine komplette Begnadigung aussprach. Ob die gesundheitlichen Beschwerden des Gefangenen ausreichend sind, um eine Entlassung aus der Haft zu erreichen, bleibt also weiterhin ein strittiges Thema. Das Land ist in zwei gegensätzliche Lager gespalten. Fraglich ist auch, ob bei den vielen Verbrechen Alberto Fujimoris überhaupt eine frühzeitige Entlassung gerechtfertigt werden kann. Sind seine körperlichen Beschwerden wirklich schwerwiegender zu gewichten als die Erpressungen, Ermordungen und Entführungen, die während seiner 10-jährigen Regierungszeit stattgefunden haben? Eine Frage, die eine gründliche Reflexion benötigt – besonders von Seiten der peruanischen Regierung.


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