GEMEINSAM UND VON UNTEN

Para leer en español, haga clic aquí.

LUCÍA BOFFO
ist eine argentinische Sänger und Komponistin aus Ushuaia, Feuerland. Ihre eigenen Alben erschienen in den Jahren 2014 (Ellingtones) und 2017 (Diente de león). Seitdem ist sie hauptsächlich an gemeinsamen Musikprojekten mit unterschiedlichen Künstler*innen beteiligt, zuletzt bei La cocina magnética und La jaula se ha vuelto pájaro y se ha volado (beide 2019).

(Foto: Andrea Vargas)


 

Seit jeher gibt es Künstler*innen, die sich offen gesellschaftlich engagieren und solche, die ihre Arbeit eher als ästhethisches Produkt sehen. Wie stehst du zu diesem Konzept?

Ich denke, wir alle machen Politik und wir alle engagieren uns. Man muss hier aber zwischen Politik und politischen Parteien unterscheiden: Meine Musik ist nie parteipolitisch! Aber es ist unmöglich, nicht politisch zu sein. Mein musikalischer Partner Andrés Marino und ich gehen das Thema aus einer impressionistischen Sichtweise an. Im Song „Ella allí“ beispielsweise, der von meiner Großmutter handelt, habe ich metaphorisch eine – wie ich finde – feministische Kritik geäußert. In diesem Lied erzähle ich ihr ganzes Leben und bewundere ihren unglaublichen Optimismus. Ich sage „unglaublich“, weil sie wirklich ein beschissenes Leben hatte. Das lag vor allem an der Situation der Frauen in der Gesellschaft. Als meine Oma geboren wurde, wurde sie ihrer Mutter, meiner Urgroßmutter, weggenommen, weil es keine alleinerziehenden Mütter geben durfte. Das ist für mich pure Politik.

Bezeichnest du dich als Feministin?

Ja, ich könnte mich als Feministin bezeichnen, oder als lernende Feministin, ich entdecke mich gerade neu. Immer wieder merke ich, dass bestimmte Realitäten und Ängste, von denen ich dachte, dass sie nur mich betreffen, strukturell sind. Dass ich nicht die Einzige bin. Diese Erkenntnis stammt besonders aus der letzten Zeit, in der in Argentinien die Generation des gemeinsamen Bewusstwerdens ihren Höhepunkt erreicht hat. Das war nur möglich, weil immer mehr Frauen sich getraut haben, ihre Erfahrungen zu schildern.

Warum war das so wichtig?

Ich denke, nur wenn wir unsere Erfahrungen miteinander teilen, können wir den Stillstand beenden. Ich dachte mein ganzes Leben lang, ich sei eine Schisserin. In Wahrheit sind wir das alle, weil wir Gründe dazu haben: Weil sie uns töten und weil sie uns vergewaltigen. Es ist egal, wo wir sind. Wir müssen immer mit zwei Augen im Rücken herumlaufen, um zu sehen, wer hinter uns läuft. Neulich habe ich in einer Facebookgruppe von Argentinier*innen in Berlin gelesen, dass eine junge Frau von einem Typen bis nach Hause verfolgt wurde. Sofort erzählten viele Frauen, dass ihnen ähnliche Dinge passiert sind. Diese Erfahrungen gibt es, manchmal mehr oder weniger, aber es gibt sie überall. Wenn du dir bewusst machst, dass die Angst nicht nur deine ist, kannst du aufhören, dich allein zu fühlen. Daher ist es unglaublich wichtig, darüber zu reden, auch wenn diese Themen sehr unangenehm sind.

Interessieren dich diese Erfahrungen vor allem privat oder auch auf der musikalischen Ebene?

Ich versuche, diese Dinge in meinen Liedern zu thematisieren. Vor Kurzem habe ich einen Text geschrieben, der von einem ähnlichen Thema handelt: von der Macht, frei lieben zu können und mit der Person, die man mag, händchenhaltend herumzulaufen. Denn das können immer noch nicht alle. Zwei Männer können nicht frei miteinander händchenhaltend herumlaufen. Wieso nicht? Weil es so ist, weil sie verurteilt und angestarrt werden. Selbst wenn wir sie nur ansehen und in lieblicher Stimme denken „ach, wie süß“, dann diskriminieren wir sie. Weil wir das wahrscheinlich bei einem heterosexuellen Paar nicht denken würden. Bei solchen Ungerechtigkeiten wird mir immer wieder bewusst, wie wichtig ich es als Musikerin finde, Stellung zu beziehen. Selbst wenn mir nur ein paar Menschen zuhören, ist das notwendig. Mir ist es wichtig, die Rolle der Frau in der Gesellschaft und in der Musik, ob singend oder komponierend, zu hinterfragen.

Schließlich bist du ja selbst Sängerin.

Genau. Mein Mittel ist die gesungene Sprache. Und während ich überlege, was ich den Menschen erzählen möchte, stelle ich auch infrage, in welcher Sprache ich singe. Deswegen habe ich angefangen, auf Spanisch zu texten. Das Englische hat mich immer angezogen, es ist eine Sprache mit vielen Harmonien, Lagen und Bewegungen, die die Ausschmückung von musikalischen Frequenzen begünstigen. Aber mich hat die Stimme selbst als Instrument schon immer fasziniert. Wenn ich Instrument sage, dann meine ich den Moment, in dem das eine Wort dich innehalten lassen kann.

Text ist ein grundlegendes Element der Popmusik…

Auf jeden Fall. Er ist der rote Faden der Popmusik. Und in den Charts ist dieser rote Faden immer eine Geschichte, als hätte Disney sie geschrieben: heterosexuelle Liebesgeschichten. Ich habe eine Theorie, dass die Popmusik immer die gleichen Narrative hat: Ein Mann sucht eine Frau, ist mit einer Frau zusammen oder wurde von einer Frau verlassen. Der Großteil der Lieder wird auf Basis dieses Narrativs geschrieben. Ich selbst habe lange Zeit so geschrieben. Bis ich gesagt habe: Halt.

Du bist verheiratet. Was sagt die selbsterklärte Feministin zur Ehe?

Die Eheschließung hat schon immer eine seltsames Gefühl in mir ausgelöst. Ich habe mich schon immer als unabhängige Frau gefühlt und eigentlich nie an eine langfristige Beziehung geglaubt. Als meine Beziehung mit meinem jetzigen Ehemann dann schon so lange gehalten hat, war das eine Überraschung für mich. Aber eine so lange Beziehung ist nur mit viel Empathie und Sensibilität möglich. Mein Mann bewundert mich. Und dass ich als Frau für mein musikalisches Können bewundert werde, ist wichtig in einer Zeit, in der die musikalische Szene uns gegenüber so feindselig ist.

Woran liegt das?

Daran, dass sie es gewohnt sind, dass die Frau nur die Begleitung ist. Vor allem in öffentlichkeitswirksamen Momenten. Wenn wir uns die Musik der Vergangenheit angucken, etwa die Geschichte des Rock, sind immer die Männer die Musiker und die Frauen die Groupies. Natürlich nicht in allen Fällen, aber zum großen Teil.

Die feministische Bewegung in Argentinien ist wegen ihrer Stärke auf der ganzen Welt bekannt. Siehst du einen Effekt, den die Bewegung auf die Musikszene genommen hat? Hat sich etwas verändert?

Ich denke, es ist noch viel zu tun. Aber in Argentinien erleben Organisationen von Frauen seit längerer Zeit ihren Höhepunkt. Die Liedermacherin Teresa Parodi zum Beispiel hat viel erreicht, als sie Kulturministerin war. In dieser Zeit hat sich eine große Bewegung und ein großes schönes Chaos entwickelt, in dem viele Gruppen Platz gefunden haben. Ich glaube, es gibt in der Musikszene eine große Bewegung von unten. MUCABA, die Vereinten Musiker*innen der Stadt Buenos Aires zum Beispiel, sind eine Gruppe von musikalischen Frauen aus allen Genres, die sich einmal die Woche treffen und Aktionen organisieren. Sie sind eine der Gruppen, die auf Festivals für das Mercedes Sosa-Gesetz gesorgt haben, ein Gesetz, das in Argentinien sehr kontrovers behandelt wurde und auf das viele Männer allergisch reagiert haben. (Das Mercedes Sosa-Gesetz sieht vor, dass mindestens 30 Prozent der Acts auf Musikfestivals von Frauen gespielt werden und wurde im Mai dieses Jahres vom Senat angenommen, Anm. der Redaktion)

Hat sich mit dem Gesetz etwas geändert? Wirst du öfter eingeladen, auf Festivals zu spielen?

In meinem Fall als Jazzsängerin ist es sogar weniger geworden, das muss ich leider sagen. Trotzdem habe ich viel Beifall bekommen, wenn ich dann mal in einem Club gespielt habe.

Schreibst du das der allgemeinen Situation im Land zu oder der Tatsache, dass du eine Frau bist?

Das hat zweifellos auch mit der Krise zu tun. Die Konzerthallen wollen besondere Acts, die „funktionieren“ und Follower auf Instagram haben. Die Inhaber*innen müssen die zehnfachen Stromkosten zahlen, also müssen sie ihre Räume füllen. Und wenn man dort nicht reinpasst, nicht funktioniert, dann spielt man auch nicht. Es ist traurig, früher habe ich oft mit Gruppen an bestimmten Orten gespielt. Jetzt antworten sie mir kaum noch.
Trotzdem hat es auch damit zu tun, dass ich eine Frau bin. Letztes Jahr gab es zum Beispiel eine Reihe mit Instrumentalmusik im Centro Cultural Kirchner. Die Reihe hieß „Die argentinische Jazzszene“ und es traten 18 Gruppen auf, in denen es nur eine einzige Frau gab, Belén López, eine unglaubliche Bassistin, die nur dort aufgetreten ist, weil in ihrer Band ein Musiker war, der am Programm mitgearbeitet hatte.

Gab es irgendeine Begründung seitens der Organisator*innen?

Nein. Aber es gab wichtige Kritik daran von Eleonora Eubel, einer großen argentinischen Sängerin und Komponistin, die ich sehr gern habe und bewundere. Ich glaube es war wichtig, dass die Kritik von ihr kam, weil sie eine ältere Dame ist. Es kam eben nicht von uns, der aufstrebenden Generation von „Frauen in Aufruhr“, wie manche meinen. Mit der Kritik wurde außerdem eine Liste von argentinischen Jazzmusikerinnen veröffentlicht. Und es waren nicht nur vier und auch nicht nur Sängerinnen.

Zum Glück gibt es immer mehr Veranstaltungen, die bewusst Musik von Frauen fördern und einen Raum geben…

Ja, die gibt es immer mehr. Eine andere wichtige Sängerin, Mavi Díaz, arbeitet in der Geschlechterkommission der argentinischen Vereinigung von Interpret*innen AADI und setzt sich dafür ein, dass in solchen Reihen auch Frauen eine Bühne bekommen. Tatsächlich hat es eine Zählung von Musikerinnen gegeben, damit die Programmverantwortlichen nicht sagen können: „Die gibt es nicht“. Diese Aktion wurde über das staatliche Musikinstitut organisiert. Es war ein wunderbares Projekt, das auch dazu geführt hat, dass wir uns untereinander vernetzen. Jetzt kennen wir uns viel besser als vorher, quer durch die musikalischen Genres. Das ist verrückt, vorher waren wir jede in unserer eigenen musikalischen Welt unterwegs. Jetzt formieren wir uns gemeinsam und von unten. Das ist wie mit der inklusiven Sprache, die man nicht aufhalten kann, wenn sie von unten kommt und sie niemand diktiert. Es ist etwas, dass einfach passiert, weil es passieren muss.

 

JUNTAS Y DESDE ABAJO

Für die deutschsprachige Version hier klicken

LUCÍA BOFFO
es una cantante y compositora argentina, oriunda de la ciudad de Ushuaia, Tierra del Fuego. Entre los discos con proyectos propios se encuentran: Ellingtones (2014) (jazz), Diente de león (2017) y el EP Infinita posibilidad (2019) junto con Andrés Marino (composiciones originales en el género canción). Como artista invitada y/o parte de proyectos ajenos: Río interior (2019), Templanza (2019), La cocina magnética (2019), La jaula se ha vuelto pájaro y se ha volado (2019), entre los más recientes.

(Foto: Andrea Vargas)


 

Existen, desde siempre, manifestaciones artísticas más socialmente comprometidas y otras que pretenden mantenerse más al margen, como un producto estético autónomo. Como artista, ¿de qué modo entendés el compromiso?

Yo creo que todos hacemos política. Una cosa es la política y otra son los partidos. Mi música no es partidaria, pero es imposible no hacer política. Nosotros, con Andrés Marino, mi compañero musical, planteamos la música desde un lugar más impresionista. En la historia que yo conté sobre mi abuela en la canción “Ella allí” hice una crítica que considero feminista desde un lugar metafórico. En esa canción cuento la vida que ella tuvo y destaco lo increíble de su optimismo. Y digo ‘increíble’ porque en realidad tuvo una vida de mierda, y en gran parte se debió a la situación de la mujer en la sociedad. Cuando nació la iban a regalar porque mi bisabuela no podía ser madre soltera. Esto para mí es política.

¿Vos te definís como feminista?

Sí, podría definirme como feminista, como una aprendiz de feminista, ya que me estoy redescubriendo. Me estoy empezando a dar cuenta de que las realidades o miedos que yo pensaba que eran cosa mía, no lo son; de que no soy la única. Este redescubrimiento se empezó a dar sobre todo en este último período, cuando en Argentina se dio un auge en la generación de consciencia, gracias al cual se están empezando a compartir cada vez más las experiencias.

¿Qué importancia considerás tiene el hecho de poder compartir las experiencias?

Yo creo que sólo con compartir las experiencias estamos paradas en otro lugar. Toda la vida pensé que yo era cagona. Pero en realidad, todas lo somos. Y tenemos razones para serlo. Porque nos matan, porque nos violan. No importa dónde estés, no importa que el lugar sea más o menos seguro. Siempre vamos a estar con dos ojos en la espalda viendo quién camina atrás nuestro. Hace dos días me metí en la página de Facebook Argentinos en Berlín y ví que una flaca había contado que un chabón la siguió hasta la casa. E inmediatamente un montón de otras mujeres empezaron a contar sus experiencias. Estas cosas pasan, en mayor o menor medida, pero pasan en todos lados. Sos mujer, tenés dos tetas, tenés cara de mujer y listo. Cuando te das cuenta de que el miedo no es sólo tuyo, te dejás de sentir sola y te deja de dar miedo. Empezar a hablar sobre estos temas, que son temas incómodos, es algo que me atraviesa.

¿Te atraviesa únicamente en lo privado o también en el plano artístico?

Cada vez más me estoy planteando estas cosas en mis canciones. Hace poco escribí una letra que habla sobre uno de esos temas “incómodos”: sobre el poder amar libremente y poder caminar por la calle agarrado de la mano de la persona que uno quiere. Eso es algo que sólo se permite en ciertas situaciones. Dos hombres no pueden ir de la mano. ¿Por qué? Porque son. Porque van a ser juzgados, van a ser mirados. Ya cuando los miramos y pensamos “ay, mirá que tierno” los estamos discriminando. Porque vos ves a una mujer y a un hombre de la mano y no decís eso. No te detenés a pensar en eso. Pienso en estas injusticias y en estos lugares en los que se nos pone y siento cada vez más fuerte la necesidad, como artista, de tomar una postura. Sé que voy a caer en el cliché: hay gente que me está escuchando. Por eso siento que es necesario que, aunque sea mínimamente, me plantee estas cosas. A mí me parece muy importante el cuestionar el rol de la mujer en la sociedad.

Como cantante también tengo el recurso del lenguaje hablado. Y el plantearme lo que quiero contar me lleva también a cuestionarme en qué idioma cantar. Por pensar en todas estas cosas es que empecé a escribir en español. El inglés siempre me atrajo; es un idioma que tiene muchos armónicos, posiciones y movimientos que favorecen la amplificación de frecuencias. Pero a mí siempre me interesó la voz como instrumento. ¿Y digo instrumento en qué sentido? Me interesa el momento en que la palabra puede atravesarte.

Las letras son un elemento esencial de la música popular…

Definitivamente. En la música popular el hilo conductor es el texto. Y en la música pop ese texto es una historia, pero como una de esas de Disney. Siempre son historias de amor heterosexuales. Yo tengo mi teoría, y acá me hundo en el quinto subsuelo (risas), de que la música pop tiene masivamente la narrativa de un hombre que está buscando a una mujer, está con una mujer o fue dejado por una mujer. La gran mayoría de las obras se componen en base a esa narrativa. Yo me pasé años cantando como si fuese un chabón. Hasta que dije, “pará”.

Vos estás casada. Como feminista declarada, ¿cómo pensás el matrimonio?

A mi el casamiento me generaba una sensación extraña. Porque yo siempre me pensé como una mujer independiente. De hecho, nunca pensé que iba a tener una relación a largo plazo. Así que fue una sorpresa para mí que la relación con Ramiro durase todo este tiempo. Y me doy cuenta de que si funciona hace tanto tiempo es porque es un tipo muy empático, muy sensible. Y me admira. Es re heavy que te admiren como mujer cuando estás acostumbrada a un entorno tan hostil como es el de la música. Están acostumbrados a que la mujer es la que acompaña, sobre todo, en una situación de exposición.

El movimiento feminista argentino es reconocido por su fuerza a nivel mundial: ¿Pensás que tuvo o tiene algún impacto en el ámbito de la música? ¿Notás una diferencia?

En Argentina está habiendo un auge muy fuerte de organizaciones de mujeres, pero yo creo que aún falta. Teresa Parodi hizo muchísimas cosas cuando estuvo a cargo del Ministerio de Cultura. Hizo un movimiento tremendo, armó un quilombo bárbaro, y le dio ese “primer empujoncito” a muchas organizaciones permitiendo que ahora sigan en pie. Creo que desde el under se está generando una movida muy grande. MUCABA (Músicxs Unidxs en Ciudad Autónoma de Buenos Aires), por ejemplo, es un grupo de mujeres músicos excelentes, provenientes de todos los géneros musicales, que se reúnen una vez por semana y generan movidas. Éste fue uno de los varios grupos que estuvieron involucrados en el proyecto de ley de cupo femenino en los festivales (Ley Mercedes Sosa), una ley muy controversial que generó un montón de movimiento y de erupciones alérgicas en muchos hombres.

¿Y en relación a la convocatoria? ¿Creés que cambió algo? ¿Te salen más fechas?

En mi caso, como cantante de jazz, tengo que decir que mermó muchísimo. Yo no tuve mucha exposición a nivel artístico. Ni siquiera obtuve mucha respuesta en clubes en los que tocaba.

¿Atribuís esto a tu condición de mujer o a la situación general del país?

Sin duda tiene que ver con la crisis. Los lugares están más abocados a cosas específicas, a algo que funcione, que tenga seguidores en Instagram. Es una tristeza. Yo solía ir a tocar con grupos a determinados lugares y ahora ni siquiera nos contestan. Eso es re loco. Pero también hay algo vinculado a la condición de mujer… Por ejemplo, el año pasado hubo un ciclo en el Centro Cultural Kirchner. Era un ciclo de música instrumental, sin cantantes. Se llamaba “La escena del jazz argentino” y eran dieciocho grupos, de entre los cuales había una sola mujer, Belén López. Ella es una bajista increíble y estaba ahí porque se dio que justo tocaba en el grupo de uno de los chabones que formaban parte de la programación.

¿Y hubo algún tipo de justificación de por qué el ciclo tenía esas características?

No. Lo que sí hubo fue una crítica de Eleonora Eubel, que es una cantante y compositora argentina a quien admiro y quiero muchísimo. Me parece que fue re importante que la hiciera ella porque es una mujer grande. No fuimos nosotras, las nuevas generaciones de mujeres, sobre las que la gente piensa que estamos “en ebullición”. En la crítica se puso a disposición un listado de mujeres músicos de la escena del jazz argentino. Y no son sólo cuatro, ni son sólo cantantes.

Ahora empieza a haber cada vez más ciclos de mujeres, o de ciclos que incluyen a las mujeres. ¿Cómo se ha logrado?

Sí. Cada vez hay más. Hay otra gran cantante, Mavi Díaz, que trabaja en la comisión de género de la Asociación Argentina de Intérpretes, y está ahí con una presencia fuerte para que en la organización de eventos haya mujeres en esos ciclos. De hecho, hicieron un censo de mujeres músicas para que cuando los programadores digan “no hay”, se les conteste “¿qué querés, por género, por edad, por región?”. Todo eso lo hicieron a través del Instituto Nacional de la Música. El proyecto estuvo buenísimo e hizo que empezáramos a conectarnos entre nosotras. Ahora nos conocemos mucho más que antes. Antes estaba todo más dividido, cada una en su mundito. De a poco se está armando desde abajo. Es como lo del lenguaje inclusivo, que no se puede parar porque viene desde abajo. No lo dicta nadie. Es algo que está pasando, es una necesidad.

 

„WIR KÖNNEN ALLE ETWAS VERÄNDERN!”

Musik über Krieg und Frieden Marta Gómez ist auf Erfolgskurs (Foto: wikimedia.org/ CC-BY-SA 3.0, no changes made)

Bis heute hat Marta Gómez wahrlich keinen Grund, an ihrer Entscheidung zu zweifeln. Bislang zehn veröffentlichte Alben, zwei Latin Grammys, Auftritte auf renommierten Bühnen auf der ganzen Welt – es hätte schlechter laufen können. So einfach wie sie klingen, waren die Dinge auch für die Künstlerin mit der markanten, klaren Stimme nicht immer. Trotz der frühen Einflüsse durch die Größen der lateinamerikanischen Musik wie Silvio Rodríguez, Violeta Parra, Pablo Milanés und Víctor Jara oder den legendären Interpretationen von Mercedes Sosa dauerte es, bis sie ihren eigenen Zugang zum musikalischen Erbe ihres Kontinents fand. „Ich hatte die traditionellen Protestlieder satt. Dieses Bild von einem Mann mit der Gitarre, der von tieftraurigen Dingen singt. Ich trat dem damit entgegen, was mein Herz mir vorgab: Dem politischen und poetischen Song, den ich aus meiner Umgebung kannte, der mir aber auch die Möglichkeiten gab, zu experimentieren und die musikalisch-technischen Vorlieben zu entwickeln, die mir selbst sehr gefallen.” Erst das selbstgewählte musikalische Exil, begonnen mit 20 Jahren mit einem Stipendium der prestigeträchtigen Musikschule von Berklee/USA und bis jetzt durchgehalten (Marta Gómez lebt heute in Barcelona), verhalf ihr zu dem Stil, der sie auszeichnet und der nicht leicht einzuordnen ist. Sie selbst erzählt, wie sie manchmal Buena Vista Social Club als Referenz nutzte, wenn sie ihre Musik vorstellte. Heute, da diese doch sehr ungenaue Einordnung aufgrund ihrer eigenen Bekanntheit nicht mehr nötig ist, versucht sie es mit diesen Worten: „Meine Musik ist Folklore, in Jazz gehüllt, aber nicht tanzbar” und schiebt als Erklärung nach: „Folklore muss nicht immer eine Person in traditioneller Kleidung in ihrem Dorf sein. Natürlich ist das auch Folklore, aber es bedeutet nicht, dass wir sie nicht neu erfinden können.”

Die Erkenntnis, dass Musik gleichzeitig eine international verständliche Sprache und die Transformation der eigenen Herkunft in Wort und Klang sein kann, verhalf ihr während des Studiums im Ausland zur künstlerischen Selbstfindung: „Ich befand mich in Berklee in der Wiege des Jazz und trotzdem war es der perfekte Platz, um die Musik von dem Ort, aus dem ich kam, zu arrangieren”, erzählt die Künstlerin aus Calí. Sie traf hier auf ein multikulturelles Universum, in dem sie lateinamerikanische Folklore in Dialog mit den internationalen Einflüssen an der Akademie setzen konnte.

Marta Gómez singt nicht nur, mit ihrer Musik macht sie auch Politik

Es würde Marta Gómez allerdings nicht gerecht, ihre Musik auf die Produktion kultureller Werte zu reduzieren. Die verändernde Kraft der Musik als künstlerische Gabe, die die Herzen bewegen kann, macht aus ihren Liedern auch Werke von politischem Wert. In einem von Konflikten so gebeutelten Land wie Kolumbien ist ihre Bekanntheit auch dadurch gestiegen. Immer mehr Menschen verfolgen ihre Musik und identifizieren sich damit. Die internationale Aufmerksamkeit gewann Gómez vor allem mit „Para la guerra, nada” („Für den Krieg, gar nichts”), eine der aktuell wohl meistgespielten Friedenshymnen. Musikalisch nur auf Gesang und ein paar gezupften Gitarrenakkorden basierend beschreibt der Text von „Para la guerra, nada” all die schönen Dinge, die die Menschheit erfinden könnte, wenn nur die vielen Kapazitäten, die für die Forschung zu Krieg und Kriegstechnologie gebunden werden, frei würden. Das wirkt in Zeiten von ferngesteuerten Drohnenangriffen und Fake News verbreitenden Bot-Armeen unvermeidlich naiv, ist aber genau deshalb so kraft- und wirkungsvoll. Wer kann schon einem Kind eine sinnvolle Antwort auf die Frage geben, warum es Kriege geben soll? Obwohl der Song vor allem in Kolumbien zu einem Erkennungszeichen der Friedensbewegung wurde, schrieb ihn Marta Gómez nicht für ihr Heimatland, sondern anlässlich des Israel-Palästina-Konflikts. „Die Idee kam mir, als ich von dem sogenannten ‘Iron Dome’ in Israel hörte, einem mobilen militärischen Abwehrsystem, das alle in einem Umkreis von 70 km abgefeuerten Raketen zerstören kann. Und ich stellte mir vor, wie viel Zeit, wie viel Energie, wie viel Geld in so ein ausgeklügeltes System geflossen sein musste. Und was man alles mit diesen Ressourcen machen könnte, wenn es keinen Krieg gäbe.” Die Vorstellung ist im wahrsten Sinne entwaffnend. Und übertragbar wohl so ziemlich auf jeden Konflikt weltweit, was Marta Gómez schon bald nach Erscheinen des Songs unter anderem Einladungen zu Veranstaltungen der Friedensbewegung in Kolumbien und Israel bescherte. „Es ist ein Lied, das direkt gegen den Krieg gerichtet ist, und offenbar war das etwas, was momentan gerade sehr gefehlt hat”, erklärt die Sängerin. Und sagt damit nicht nur einiges über den aktuellen Zustand der Welt, sondern auch über den der Popkultur aus. Marta Gómez macht nicht ausschließlich politische Kunst (es gibt auch Kinderlieder und Texte über Blumen und Schmetterlinge von ihr), sieht sich aber dezidiert als politische Künstlerin. Involviert ist sie aktuell zum Beispiel bei der linken politischen Bewegung La Colombia Humana („Das menschliche Kolumbien”). „Meine Funktion auf dieser Welt sehe ich darin, durch meinen Gesang Politik zu machen. Und dabei beziehe ich mich natürlich auf linke Politik, auf den Sozialismus. Das heißt nicht, dass alle diese Meinung teilen müssen. Aber meine Position werde ich auf und neben der Bühne verteidigen, bis zum Ende.” Dass es dabei auch mal Widerspruch von den eigenen Zuhörer*innen gibt, ist dabei kein Problem für sie: „Klar höre ich öfter mal Dinge wie: ‘Ich mag ja deine Musik, aber du solltest dich darauf konzentrieren und das mit der Politik lassen.’ Solchen Leuten sage ich: Es freut mich, dass du meine Lieder magst, du solltest sie auch weiter hören. Wenn dir die Texte nicht gefallen, hör einfach mehr auf die Musik.”

Dass Musik als einigende Kraft über ideologische Differenzen hinweg Menschen verbinden kann, ist eine der stärksten Überzeugungen von Marta. „Die grundlegende Aufgabe der Kunst ist für mich, dass ich kommunizieren und dadurch Menschen in irgendeiner Form berühren kann. Die menschlichen Gefühle sind bei allen ähnlich. Jeder hat sich schon ein mal verliebt, jeder ist schon einmal verlassen worden. Wer das hört, kann sich damit identifizieren. Wenn ich es schaffe, dass mir ein anderer zuhört und davon bewegt wird, hat meine Musik ihre Funktion erfüllt.”  Grenzen zieht sie aber bei den Anlässen, für die sie singt. Logisch, wer Texte über benachteiligte Frauen, Kinder oder Minenarbeiter*innen schreibt, kann schwerlich rechte Politiker wie Uribe in Kolumbien oder Bolsonaro in Brasilien unterstützen. „Auch für das Militär eines Staates könnte ich niemals auftreten. Vor dem Militär habe ich panische Angst. In manchen Ländern, wie Israel, freuen sich die Leute, wenn sie einen Soldaten auf der Straße sehen. In Kolumbien bin ich immer so schnell wie möglich weggelaufen!” Es würde zudem auch nicht zu ihrem Engagement für den Frieden passen, das sie mit ihren Auftritten in von Konflikten betroffenen Ländern verfolgt. „Wenn die Leute dort mir sagen, dass sie glücklich aus meinem Konzert gegangen sind, habe ich viel erreicht. Dass ich im Kontext des Kriegs Frieden vermitteln kann, ist für sich eine große Errungenschaft, die ich sehr schätze.”

Berührungspunkte hat Marta Gómez neben der Friedensbewegung auch mit dem Feminismus, speziell in Lateinamerika. „Es ist ermüdend, dass wir immer noch um so selbstverständliche Dinge wie das Recht auf Abtreibung kämpfen müssen” sagt sie und macht es natürlich trotzdem. Am UNO-Songprojekt „One Woman” war sie genauso beteiligt wie bei den Demonstrationen mit den „Pañuelos verdes” in Argentinien, wo sie auch auf die Madres de la Plaza de Mayo traf. Von denen hat sie eine wichtige Erkenntnis mitbekommen: Für den politischen Wandel sei es nicht so wichtig, wer gerade an der Regierung ist. „Die Madres sind seit Jahrzehnten auf der Straße, egal ob eine Militärdiktatur oder wer auch immer an der Macht war. Und sie haben viel bewirkt. Ihre Erfahrung war: Am Ende bist es du es selbst, die den Unterschied macht! Natürlich hilft es, wenn du von der Politik Unterstützung bekommst.

„Ich habe immer nur für Verlierer gestimmt”

Aber was mich betrifft – ich weiß gar nicht, wie sich das anfühlt! In meinem politischen Leben in Kolumbien habe ich immer nur für Politiker gestimmt, die verloren haben! Trotzdem glaube ich, dass sich im Land durch Basisbewegungen politisch viel verändert hat. Wir haben alle eine große politische Macht, auch wenn wir uns dessen oft gar nicht bewusst sind. In allen Lebensbereichen können wir durch unsere persönliche Einstellung etwas verändern. Wir müssen nur aufwachen und uns dieser Kraft bewusst werden!”
Dass sie selbst dieses Unterfangen aus einer relativ prominenten Position angehen kann, dafür sind Marta Gomez´ Preise und Nominierungen bei den Latin Grammys nicht ganz unwichtig. Zwei hat sie schon gewonnen – einen für die schönste visuelle Gestaltung eines Albums, einen für das beste Album für Kinder. Dieses Jahr ist sie mit ihrem aktuellen Werk „La alegria y el canto” für das beste Folklore-Album nominiert und fühlt sich deswegen zwar geehrt, aber mit 40 Jahren eigentlich noch zu jung dafür. “Diesen Preis geben sie doch normalerweise nur an 90-jährige, die ihr ganzes Leben lang nichts anderes gemacht haben als Folklore – für ihre Ausdauer…”, lacht sie. Am 15. November ist die Preisverleihung, sie gilt als aussichtsreiche Kandidatin. Und wenn es mit dem dritten Award doch nicht klappen sollte – auch nicht so schlimm. Die Schönheit und Wirkung ihrer Musik entfaltet sich schließlich noch auf vielen anderen Ebenen.

Newsletter abonnieren