SHOWDOWN IN BARINAS

Vor 9 Jahren noch deutliche Hochburg Präsidentschaftswahlkampf von Hugo Chávez in Barinas (Foto: Prensa Miraflores via Flickr, CC BY-NC-SA 2.0)

Nach der Wahl ist vor der Wahl. In Venezuela gilt diese Floskel für den westlichen Bundesstaat Barinas tatsächlich. Denn die Abstimmung über den dortigen Gouverneursposten wird kurzerhand wiederholt. Bei den Regional- und Kommunalwahlen am 21. November 2021 hatte die regierende „Vereinte Sozialistische Partei Venezuelas“ (PSUV) 19 von 23 Gouverneurs- und über 200 von 335 Bürgermeister*innenposten errungen. Neben dem bevölkerungsreichsten Bundesstaat Zulia im Westen des Landes gewann die Opposition nur im zentral gelegenen Cojedes sowie dem Inselstaat Nueva Esparta. „Mit diesem Wahlsieg werden wir den Frieden und die Stabilität in Venezuela konsolidieren“, verkündete der venezolanische Präsident Nicolás Maduro feierlich. Die Vorkommnisse rund um die Gouverneurswahl in Barinas werfen jedoch einen größeren Schatten auf die Wahl.

Am 30. November stoppte das regierungstreu besetzte Oberste Gericht (TSJ) die Auszählung der Stimmen in Barinas. Zu dem Zeitpunkt lag der Oppositionelle Freddy Superlano mit 37,6 Prozent der Stimmen knapp vor dem Regierungskandidaten Argenis Chávez, einem Bruder von Ex-Präsident Hugo Chávez. Kurz darauf ordnete das TSJ eine Wiederholung der Wahl am 9. Januar 2022 an. Zur Begründung hieß es, der Oberste Rechnungshof habe Superlano die Ausübung politischer Ämter untersagt. Derartige Antrittsverbote sind in Venezuela prinzipiell möglich, etwa wenn potenzielle Kandidat*innen Geld veruntreut haben. Diese administrativen Entscheidungen, die häufig intransparent erfolgen, sind sehr umstritten. Tatsächlich aber durfte Superlano seit 2017 kein öffentliches Amt mehr bekleiden. Ende August 2020 erlangte er sein passives Wahlrecht, durch eine Begnadigung von Präsident Maduro, zurück. Von einem neuen Antrittsverbot war öffentlich nichts bekannt, auch Superlano beteuert, davon nichts zu wissen. Der Nationale Wahlrat (CNE) hatte seine Kandidatur im August akzeptiert, er konnte normal Wahlkampf führen.

Barinas – den Geburtsstaat von Hugo Chávez – zu verlieren, wäre für die Regierung einem symbolischen Desaster gleichgekommen. Zumal Superlano dem rechten Flügel der Opposition und der Partei Voluntad Popular angehört, der auch Juan Guaidó entstammt. Seit 1999 regiert in Barinas durchgehend die Familie von Hugo Chávez (Vater Hugo de los Reyes sowie die Brüder Adán und Argenis). Mit Ex-Außenminister Jorge Arreaza, der bis 2017 mit Hugo Chávez’ Tochter Rosa Virginia verheiratet war, stellte die regierende PSUV nun einen vergleichsweise schwergewichtigen Kandidaten auf. Nachdem Superlanos Ehefrau Aurora Silva ebenfalls untersagt wurde anzutreten und weiteren Kandidat*innen das gleiche Schicksal blühte, tritt die Opposition mit dem gerade ins Regionalparlament gewählten Sergio Garrido an. Zwar gibt es noch fünf weitere Kandidaten. Doch Garrido erhält innerhalb der Opposition lagerübergreifend erstaunlich breite Unterstützung.

Dass die Regierungsgegner*innen bei den Regional- und Kommunalwahlen insgesamt kein besseres Ergebnis erzielen konnten, obwohl sie erstmals seit vier Jahren wieder fast komplett antraten, lag vor allem an ihrer Spaltung. Während die PSUV für jedes der 3.082 zu vergebenden Ämter nach internen Vorwahlen exakt eine*n Kandidat*in aufstellte, standen dem insgesamt etwa 67.000 oppositionelle Kandidat*innen gegenüber. Auch die schwer nachvollziehbaren oppositionellen Strategiewechsel der vergangenen Jahre und die mangelnde Unterstützung durch den selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaidó, der weiterhin einen Boykott bevorzugt hätte, kostete wichtige Wähler*innenstimmen. „Aufgrund der fehlenden Einheit haben wir mehr als zehn der Gouverneurswahlen verloren“, bemängelte der Wahlsieger aus Zulia, Manuel Rosales. Der Soziologe Damián Alifa hatte in einer Debatte auf dem linksalternativen Internetportal PH9 vor der Wahl zudem betont, dass die Opposition Probleme habe, ihre Klientel zu mobilisieren: „Sie kann die Frage, warum die Leute zuvor nicht, nun aber schon wählen sollen, nicht beantworten.“

Das Endergebnis zeigt Verschiebungen innerhalb der Opposition

Neben dem von der PSUV dominierten Regierungsbündnis „Großer Patriotischer Pol“ nahmen an den Wahlen drei weitere Parteienbündnisse teil. Hinzu kommen zahlreiche unabhängige, teils nur lokal verankerte Gruppierungen wie etwa die „Fuerza Vecinal“, die im Juni maßgeblich von den Bürgermeistern des wohlhabenden Ostens von Caracas gegründet wurde. Der Großteil des Oppositionssektors, der bisher hinter Juan Guaidó stand, trat als „Tisch der Demokratischen Einheit“ (MUD) an. Heute wird der MUD mehr denn je von den rechten Flügeln der vier größten Oppositionsparteien Primero Justicia, Voluntad Popular, Acción Democrática und Un Nuevo Tiempo dominiert, die auch als „G4“ bekannt sind. Das zweite Bündnis „Demokratische Allianz“ ist ein Zusammenschluss moderater Oppositionsparteien, die sich im vergangenen Jahr von der Boykottstrategie der großen Parteien distanzierten und bei der Parlamentswahl Ende 2020 einige Sitze gewinnen konnten. Links von der PSUV trat wie schon bei der letzten Parlamentswahl das Bündnis „Revolutionär-Populäre Alternative“ (APR) um die Kommunistische Partei Venezuelas (PCV) an, blieb jedoch chancenlos.

Das Endergebnis zeigt auch Verschiebungen innerhalb des oppositionellen Lagers auf. In Zulia und Cojedes setzten sich jeweils die Kandidaten des „Tisch der Demokratischen Einheit“ (MUD) durch, dem Bündnis der vier größten Oppositionsparteien. In Nueva Esparta hingegen gewann mit Unterstützung des Oppositionsbündnisses „Demokratische Allianz“ der Kandidat der neu gegründeten Partei „Fuerza Vecinal“. In allen drei Fällen handelt es sich allerdings um etablierte Politiker und keine neuen Gesichter.

Mit ihrer Wahlteilnahme beendeten die vier großen venezolanischen Oppositionsparteien letztlich ihre gescheiterte Boykottstrategie und de facto auch das Kapitel Juan Guaidó. Als sich dieser im Januar 2019 mit Rückendeckung der US-Regierung zum Interimspräsidenten erklärte, zog noch die gesamte Opposition mit. Heute wirkt Guaidó, der sich bis zuletzt gegen eine Wahlteilnahme ausgesprochen hatte, weitgehend isoliert. Das Lager des zweifachen Präsidentschaftskandidaten Henrique Capriles hatte bereits seit vergangenem Jahr gefordert, die Opposition solle trotz widriger Bedingungen an Wahlen teilnehmen, um politische Räume nicht kampflos aufzugeben. Nach Verhandlungen mit moderateren Regierungsgegner*innen gehören seit Frühjahr zwei von fünf Mitgliedern des Nationalen Wahlrats (CNE) der Opposition an. Zuvor war das Verhältnis jahrelang vier zu eins zugunsten des Chavismus gewesen. Ende August erklärte sich die Opposition dann mehrheitlich zur Wahlteilnahme bereit. Erstmals seit 15 Jahren war die EU mit einer Beobachtungsmission präsent. Und auch das US-amerikanische Carter Center und die Vereinten Nationen hatten Wahlbeobachter*innen vor Ort. Die EU-Wahlbeobachtermission übte in ihrem vorläufigen Bericht zwar die bekannte Kritik an den Wahlbedingungen. Dazu zählen etwa Eingriffe des Obersten Gerichts in rechte und linke Oppositionsparteien und die administrativ verhängten Antrittsverbote des Obersten Rechnungsprüfers, die mit 15 Fällen überwiegend die Kommunistische Partei betrafen. Gleichwohl betonte die EU aber klare Fortschritte im Vergleich zu den vergangenen Wahlen.

Die Wählerbasis der PSUV schrumpft

Der Sieg der PSUV entpuppt sich bei genauerem Hinsehen indes als weniger überzeugend, als es die Verteilung der Ämter suggeriert. Die Wahlbeteiligung lag bei gut 42 Prozent. Damit stieg sie im Vergleich zu den Parlamentswahlen im vergangenen Jahr zwar um zwölf Prozentpunkte und war immerhin fast so hoch wie bei den zeitgleich stattfindenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Chile, wo 48 Prozent der Wähler*innen abstimmten. Sie blieb aber hinter den Erwartungen zurück. Von den landesweiten Stimmen entfielen auf die PSUV lediglich 45 Prozent. Mit 3,7 Millionen Wähler*innen oder 17 Prozent aller Wahlberechtigten erreicht der Rückhalt für die regierenden Chavist*innen den bis dato schlechtesten Wert seit der Parteigründung 2007. Zwar ist dies nach Jahren einer schwerer Wirtschaftskrise und US-Sanktionen noch immer beachtlich. Doch die feste Wählerbasis schrumpft sichtlich.

Die Opposition hingegen kann zurzeit weder programmatisch, noch personell oder strategisch überzeugen. Ein Abberufungsreferendum gegen Maduro, das die Opposition nach der Hälfte von Maduros Amtszeit am 10. Januar 2022 beantragen könnte, wäre riskant. Denn die Regierungsgeg-ner*innen können momentan nicht aufzeigen, wie es nach einer möglichen Abwahl Maduros weitergehen sollte. Kurzfristig wären sie nicht einmal in der Lage, sich auf eine gemeinsame Präsidentschaftskandidatur zu einigen. Es spricht daher aus Sicht der Opposition viel dafür, sich auf die nächste reguläre Präsidentschaftswahl 2024 zu konzentrieren und bis dahin einen glaubwürdigen Vorwahlprozess zu organisieren.

Zunächst stellt sich aber die Frage, ob die seit Mitte Oktober 2021 unterbrochenen Gespräche zwischen Regierung und den großen Oppositionsparteien in Mexiko weiter gehen. Der Opposition geht es dabei vor allem um Garantien für freie Wahlen und die Freilassung der von ihnen als politische Gefangene betrachteten Personen. Für die Regierung steht ein Ende der Sanktionen und die Anerkennung der gewählten Institutionen im Mittelpunkt. Laut Umfragen fühlt sich die Mehrheit der Bevölkerung heute weder von der Regierung noch dem dominierenden Sektor der rechten Opposition repräsentiert. Um die Legitimität der Gespräche zu erhöhen, müssten diese daher um weitere gesellschaftliche Gruppen erweitert werden. Ob die Verhandlungen noch Erfolg haben können, hängt zudem vor allem von der US-Regierung ab, da nur sie die Sanktionen aufheben kann. US-Außenminister Antony Blinken bezeichnete die Regionalwahlen schon bevor sich die Wahlwiederholung in Barinas abzeichnete als „weder frei noch fair“. Nun sind zunächst alle Augen auf die Wahlwiederholung gerichtet. Ein oppositioneller Wahlerfolg in Barinas könnte den Regierungsgegner*innen auch landesweit Schwung verleihen und die Vorzüge einheitlichen Auftretens verdeutlichen. Ein Sieg des PSUV, auf welche Weise er auch zustande kommt, könnte die rechte Opposition hingegen in eine neue Sinnkrise stürzen.

 


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MITTE-RECHTS SIEGT

Der Traum vieler Linker platzte, als die Ergebnisse der Stichwahl in São Paulo im Fernsehen übertragen wurden. Guilherme Boulos, Stratege der Wohnungslosenbewegung MTST, hatte für die sozialistische PSOL gegen den amtierenden Bürgermeister Bruno Covas von der rechten PSDB die Stichwahl erreicht. Am Ende gewann jedoch Covas deutlich mit fast 60 Prozent der Stimmen. In der Finanzmetropole São Paulo hatte eine konservative Allianz aus bürgerlichen Parteien, Medien und der Unternehmerschaft für den Amtsinhaber geworben und Boulos’ Aktivismus immer wieder als „kriminell“ und „radikal“ bezeichnet.

Brasiliens Linke hat nichts zu feiern

Die beiden Kandidaten lieferten sich ein hartes, aber zivilisiertes Wahlduell. Boulos, der mit der legendären 86-jährigen Ex-Bürgermeisterin Luiza Erundina als Vize antrat, warf Covas Versagen im Umgang mit der Corona-Pandemie und der sozialen Ungleichheit vor. Soziale Bewegungen und viele prominente Künstler*innen unterstützten den Linken. Seine Kampagne und ein Online-Auftritt, mit dem er allen anderen Kandidat*innen um Lichtjahre voraus war, begeisterten Jungwähler*innen. So gelang es ihm, ein breites Bündnis zu schmieden. Boulos holte in vielen armen Stadtteilen die Mehrheit – dort, wo die Linke zuletzt Schwierigkeiten hatte. Der charismatische 38-jährige Sozialist gilt auch als aussichtsreicher Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2022.

Die Kommunalwahlen waren jedoch alles andere als ein Grund zum Feiern für Brasiliens Linke. Insbesondere die traditionellen Mitte-Rechts-Parteien waren erfolgreich – also jene Kräfte, die bei der Präsidentschaftswahl 2018 abgestürzt waren. In Rio de Janeiro gewann der neoliberale Ex-Bürgermeister Eduardo Paes deutlich vor dem Amtsinhaber Marcelo Crivella. Der ultrarechte Pastor Crivella wurde von Präsident Jair Bolsonaro unterstützt. Insgesamt gewannen Bolsonaro nahe Kandidat*innen in nur fünf Stichwahlen. Die Kommunalwahlen sind allerdings nur in begrenztem Maße ein Gradmesser für die Präsidentschaftswahl 2022. Dafür ist das Parteiensystem in Brasilien zu komplex und Wahlentscheidungen zu personalisiert. So ist es kein Widerspruch, dass Präsident Bolsonaro gleichzeitig Rekordumfragewerte verzeichnet.

Kein Gradmesser für die Präsidentschaftswahl

Die Arbeiterpartei (PT) gewann zum ersten Mal seit der Re-Demokratisierung 1985 in keiner der 26 Landeshauptstädte. Und die Wahl hatte noch mehr Verlierer*innen: Frauen. In nur einer Landeshauptstadt konnte sich eine Frau durchsetzen, nur 12 Prozent der 5.565 Bürgermeister*innen sind Frauen. Allerdings gelang es vielen Schwarzen, LGBTIQ und Indigenen, sich ihren Platz in der Politik zu erkämpfen. In Rio de Janeiro wird Monica Benício, Witwe der ermordeten Politikerin Marielle Franco, künftig im Stadtparlament sitzen, in São Paulo wurde die Schwarze trans Frau Erika Hilton gewählt. Beide sind Mitglied der PSOL. Die sozialistische Partei läuft der Arbeiterpartei (PT) immer mehr den Rang ab. Früher eine Partei der intellektuellen Mittelschicht, ist es ihr bei dieser Wahl besser gelungen, auch ärmere Wähler*innen zu mobilisieren.


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UNERWARTETE ERGEBNISSE

Bei den ersten Wahlen seit Beginn des Friedensprozesses stimmten bei einer Wahlbeteiligung von rund 60 Prozent so viele Kolumbianer*innen wie nie zuvor für neue Bürgermeister*innen, Gouverneur*innen, Stadt- und Gemeinderäte ab. Eindeutig verloren haben bei diesen Wahlen die traditionellen Parteien, insbesondere das Demokratische Zentrum (CD) um den ehemaligen Präsidenten Álvaro Uribe Vélez und dessen politischen Ziehsohn Iván Duque. In vielen ehemaligen Hochburgen des sogenannten Uribismus, wie die politische Ideologie des umstrittenen Ex-Regierungschefs in Kolumbien genannt wird, gewannen erstmals liberale Kandidat*innen die wichtigsten kommunalen Ämter. In Medellín, der vormaligen Hochburg der Rechtskonservativen, gewann mit Daniel Quintero des Mitte-links-Bündnisses Die Unabhängigen ein ehemaliger Software-Ingenieur aus einfachen Verhältnissen gegen Uribes Kandidaten Alfredo Ramos. Gegen dessen Vater, den ehemaligen Gouverneur Luis Alfredo Ramos, wird aktuell wegen Verbindungen zu Paramilitärs ermittelt.

Ähnlich sah das Bild in anderen ehemals konservativen Hochburgen aus: In Provinzen wie Santander, Meta und Magdalena setzten sich ebenfalls progressive Bündnisse durch. Insgesamt konnte die Regierungspartei nur zwei von insgesamt 32 Gouverneurssitzen erringen und verlor viele Bürgermeisterposten. „Wir haben verloren, ich erkenne die Niederlage demütig an“, erklärte Uribe kurz nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse auf Twitter.

Die traditionellen Parteien erreichten nur sechs Gouverneurssitze, die übrigen 26 gingen an Kandidat*innen verschiedener Koalitionen.
Größte Gewinnerin ist die „Grüne Allianz“. In der Hauptstadt Bogotá stellt das Mitte-links-Bündnis mit Claudia López nicht nur die erste Frau, sondern auch die erste homosexuelle Bürgermeisterin in einer lateinamerikanischen Großstadt.

Wenig Erfolg hatte hingegen die Partei der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC), die sich im Rahmen des Friedensprozesses aus der gleichnamigen, demobilisierten Guerilla gegründet hatte. Im Gegensatz zu den Präsidentschaftswahlen im vergangenen Jahr konnte die Partei sich dieses Mal nicht auf garantierte Sitze in den Parlamenten verlassen. „Jetzt zeigt sich, welchen Rückhalt wir wirklich in den Regionen haben“, sagte Luz Marina Giraldo, die für die FARC-Partei für den Gemeinderat im südkolumbianischen Mesetas kandidierte, den Lateinamerika Nachrichten im Vorfeld der Wahlen. Wenn auch für andere Parteien und Allianzen, so wurden doch drei ehemalige FARC-Kämpfer als Bürgermeister gewählt. Unerwähnt bleiben sollte jedoch nicht, dass Giraldos Ehemann, Alexander Parra, ebenfalls ehemaliges FARC-Mitglied, am 25. Oktober in einer Wiedereingliederungszone ermordet wurde.

Angesichts der Gewalt der letzten Jahrzehnte verliefen die Wahlen überwiegend friedlich. Die Wahlbeobachtungsmission MOE registrierte rund 1.200 Anzeigen wegen Unregelmäßigkeiten im Umfeld der Wahlen. Darunter fielen neben möglicher Wahlfälschung etwa auch Messerstechereien zwischen Anhänger*innen verschiedener Parteien und Angriffe auf Wahllokale. Vor den Wahlen hatten Anschläge auf Kandidat*innen für Schlagzeilen gesorgt: Laut Angaben der Stiftung Frieden und Versöhnung (Pares) wurden mindestens 32 Kandidat*innen ermordet, fast 200 zum Teil massiv bedroht. Unzählige Kandidat*innen traten daher gar nicht erst zu den Wahlen an. „Das Problem in Kolumbien ist nicht die Wahl der Bürgermeister, das Problem ist die Art und Weise, wie hier Politik gemacht wird“, mahnte auch der Generalstaatsanwalt Fernando Carillo auf Twitter.

 


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