„IMPFSTOFFE SIND SOZIALGÜTER, KEINE MARKTGÜTER“

Knebelverträge von Pfizer Gesundheitsminister Ginés González García (l.) und Präsident Alberto Fernández (3.v.l.) verhandelten erfolglos (Foto: Casa Rosada, Argentina Presidency of the Nation, CC BY 2.5 AR)

In einem Interview mit dem Radiosender der Universidad Nacional de la Plata im Januar haben Sie gesagt, dass „der Impfstoff das Werkzeug sein wird, das es uns in sechs Monaten ermöglicht, das Schlachtfeld zu verlassen.“ Wie steht es heute, also drei Monate später, um Argentinien?
Wir befinden uns noch nicht ganz auf der Hälfte des Weges. Das hat mit den unbestreitbaren Schwierigkeiten im internationalen Umfeld bei der Bereitstellung des Impfstoffes zu tun, obwohl Argentinien unterzeichnete Verträge über 72 Millionen Impfdosen besitzt. Davon sind 30 Millionen Sputnik V aus Russland, 22 Millionen sind AstraZeneca aus lateinamerikanischer Produktion, deren Wirkstoff von Argentinien produziert wird, und neun Millionen stammen aus der COVAX-Initiative der WHO. Außerdem wurde ein Vertrag mit China über den Impfstoff Sinopharm geschlossen. Argentinien verfügt bereits über fast acht Millionen Impfdosen. Damit sind wir auf Platz 24 weltweit, was die absolute Anzahl der Impfdosen betrifft. Aber es gibt noch über 100 Länder, die überhaupt keine Impfdosen haben! Das ist ein moralisches Drama, eine zivilisatorische Krise, die sogar von so einer zurückhaltenden Organisation wie der WHO angeprangert wurde.

In Argentinien wurde unter anderem eine Phase-III-Studie zum Pfizer-Impfstoff mit 6.000 Freiwilligen durchgeführt. Der Impfstoff wurde zu 95 Prozent als wirksam eingestuft und im Dezember 2020 von Argentinien freigegeben. Trotzdem haben die Verhandlungen der Regier­ung mit Pfizer nicht zu einem Vertragsabschluss geführt. Können Sie genauer sagen, woran die Verhandlungen gescheitert sind?
Die klinischen Studien zahlt Pfizer, das ist also etwas anderes als ein Vertrag mit dem Land. Als sie beendet waren, wurde in den Verhandlungen ein Gesetz gefordert, um die gegenseitigen Verantwortlichkeiten abzudecken, da die Phase III, die ja zwei bis fünf Jahre dauert, noch nicht zu Ende ist. Das erschien uns logisch. Aber das daraufhin beschlossene Gesetz, ein Gesetz des souveränen Staates Argentinien, hat Pfizer nicht gefallen. Es wurde beanstandet, dass souveräne Güter, die man dann im Falle eines Rechtsstreits zwischen den beiden Parteien einfordern könnte, nicht Teil des Vertrages waren. In der mündlichen Verhandlung hat Pfizer Dollarreserven, Botschaftsgebäude und Militärbasen als Sicherheiten für eventuelle Schadenersatzklagen gefordert und hat sich ebenfalls an Gletschern, Ölquellen und Fischereirechten interessiert gezeigt. Das betrifft also genau jenes Süßwasser, das seit kurzem in Chicago an der Agrarbörse als Termingeschäft (Geschäfte, bei denen die Verkäufer*innen zusagen, den Käufer*innen zu einem bestimmen Termin zu einen bestimmten Preis eine bestimmte Menge eines Gutes zu liefern unabhängig von dem dann existierenden Tageskurs, Anm. d. Red.) gehandelt wird – das ist ein Verbrechen an der Menschheit! Natürlich hat Argentinien dem eine Absage erteilt. Hinzu kommt, dass Pfizer Eigentum des Geier-Fonds BlackRock ist. Pfizer produziert hier in Argentinien; gegen Pfizer selbst haben wir überhaupt nichts. Aber diese Geier-Fonds wollen den souveränen Staaten inakzeptable Konditionen aufdrängen. In dieser Situation hat Pfizer einen vom Präsidenten unterschriebenen Vertrag gefordert. Damit haben sie Alberto Fernández quasi eine Pistole auf die Brust gesetzt! Denn einen solchen Vertrag muss der Gesundheitsminister unterschreiben. Letztendlich ist kein Vertrag zustande gekommen.

BlackRock hält aber nur einen Aktienanteil von 5 Prozent an Pfizer. Gleichzeitig ist bekannt, dass der Fonds einer der größten Investoren in fossile Energien und Fracking weltweit ist.
Das Problem dieser fünf Prozent ist, dass man nicht weiß, ob es sich um Vorzugsaktien handelt oder nicht. Die bestimmen, wer CEO von Pfizer wird und die Verhandlungen führt. Wer bestimmt über die 9 Milliarden US-Dollar an Kapital aus dem Fonds, wer dirigiert die operative Sparte von Pfizer? Darüber sollten wir reden. Die Forderungen von Pfizer, die ich vorhin erwähnt habe, wurden von einem internationalen Journalist*innen-Netz­werk angeprangert (das Bureau of Investigative Journalism, Anm. d. Red.) – überall agiert Pfizer auf die gleiche Art und Weise!

Die drei größten Umsatzsparten von BlackRock sind die Pharmaindustrie, Öl und Waffen, mit starkem Fokus auf dem Finanzmarkt. Die Aktivitäten des Fonds hängen also stark mit extraktivistischer Politik und dem Umgang mit Patenten zusammen, weswegen seine Strategie darauf ausgerichtet ist, die Ausbeutung dieser Ressourcen sicherzustellen.

Der Gesundheitsminister González García vermutet, dass Pfizer die Lieferungen des Impfstoffes wegen der weltweit gestiegenen Nachfrage nicht garantieren konnte, und dass deswegen die Verhandlungen verzögert wurden. Wie sehen Sie das?
Er hat vermutet, dass die Verträge verletzt werden, so, wie es in Europa geschehen ist, als Pfizer an Kanada, in die USA, an Großbritannien, Japan und Israel verkauft hat. Das hat sich später auch bestätigt. Wir reden von einer brutalen, unmenschlichen, kapitalistischen Welt. Wenn Pfizer die Verträge mit Europa missachtet hat, warum sollte das dann nicht auch mit Chile oder Argentinien geschehen?

Es sind nur wenig Details über die Verträge bekannt, die Pfizer mit anderen latein­amerikanischen Ländern geschlossen hat. Sie behaupten, dass im Vertrag mit Chile die natürlichen Ressourcen mit eingeschlossen sind. Was bedeutet das für Chile und die anderen Staaten, die das eventuell betrifft?
Der Einbezug der natürlichen Ressourcen in die Verträge als Garantien für eventuelle Zahlungsforderungen impliziert das, was schon in den 1990er Jahren mit dem US-amerikanischen Brady-Plan in verschuldeten, lateinamerikanischen Staaten passiert ist: In den öffentlichen Verträgen wurden die natürlichen Ressourcen nicht erwähnt, nur in geheimen Dokumenten. Im Falle Argentiniens führte das zu einer Reihe von Privatisierungen: der Ölgesellschaft YPF, der Fluggesellschaft Aerolineas Argentinas, des Eisenbahnnetzes, von Banken, Telekommunikationsfirmen, Kohle-Minen… Die Aufnahme dieser Infrastruktur und Ressourcen in Verträge führt definitiv zu einem Souveränitätsverlust in der Zukunft.

Sie haben davon gesprochen, dass wir uns in einem „Krieg um die Patente“ befinden. Die Patente sind privat und die Pharmakonzerne sind nicht bereit, sie öffentlich zugänglich zu machen. Wie stellen Sie sich eine Welt vor, in der diese Patente allgemein zugänglich sind?
Den Kampf gegen Patente führen wir schon bei teuren Medikamenten für selten auftretende Krankheiten. Es gibt einen Markt für biologische Arzneimittel, den sich die Konzerne durch diese kriminellen Patente aneignen. Das steht nicht im Dienst der Menschen! Es dient einer kapitalistischen Kapitalanhäufung. Medikamente und Impfstoffe sind Sozialgüter, keine Marktgüter. 99 Prozent der Studien, die 2020 zur Bekämpfung der Pandemie durchgeführt worden sind, wurden von Staaten finanziert. Warum verbleiben die Patente also bei den Pharmakonzernen? Die Staaten fungieren als Geldgebende und stehen dann dumm da, weil sie die Erpressung durch diese internationalen Verbrecher*innen erdulden müssen.

Gibt es in Argentinien ein politisches Instrument, um diese Situation zu ändern?
Daran arbeiten wir. Bis in die 1970er Jahre hat Argentinien wichtige Medikamente und Impfstoffe selbst hergestellt. Dann kamen die Ökonom*innen, die Chicago Boys, die uns gesagt haben, wir bräuchten eine Massenproduktion. Ohne Massenproduktion musst du dort einkaufen, wo der Markt dich möglichst billig versorgt. Was sie nicht gesagt haben, war, dass dadurch der Staat dem Markt ausgeliefert wird. Aufgrund des Kampfes zwischen Wissenschaft, Industrie und dem landwirtschaftlichen Export-Staat sprechen die Analyst*innen von einem instabilen Land. Nein – es ist ein geplündertes, leeres Land! Mit der jetzigen Regierung möchten wir den Staat, der den Menschen dient, wiederherstellen und einen kolonialisierten Staat hinter uns lassen, der uns für die strategischen Interessen der USA auf die Knie zwingt.

“LAS VACUNAS SON BIENES SOCIALES, NO SON BIENES DEL MERCADO”

Pfizer quiere imponer sus condiciones Entonces ministro de salud Ginés González García (l.) y presidente Alberto Fernández (3.v.l.) negociaron sín éxito (Foto: Casa Rosada, Argentina Presidency of the Nation, CC BY 2.5 AR)

En una entrevista con el Radio de la Universidad Nacional de la Plata en enero, usted afirmó que “la vacuna es la herramienta que en seis meses nos va a permitir estar fuera del campo de batalla.” Haciendo una evaluación tres meses después ¿cómo se encuentra Argentina en esta situación de pandemia?

Nos encontramos un poco por detrás de la mitad del camino por las dificultades indudables que ha habido en el campo internacional en la provision de las vacunas, pese a que Argentina tiene contratos firmados por 72 milliones de vacunas. Son treinta millones de la vacuna rusa Sputnik V, 22 milliones de AstraZeneca producidas en Latinoamérica – para las cuales Argentina produce el principio activo – y 9 milliones provenientes de la iniciativa COVAX de la Organización Mundial de la Salud (OMS). Frente a las demoras producidas ante la demanda de vacuna por parte de Europa, el instituto Gamaleya (que produce la vacuna Sputnik V, nota de la redacción) nos comunicó que iba a retrasar los envíos tres o cuatro semanas porque tenía que rediseñar su producción. Salimos a buscar la vacuna de Sinopharm en China de la cual ya contratamos 4 milliones y estamos en negociaciones para completar 15 millones de vacunas. Y de emergencia salimos a buscar 2,5 milliones vacunas de AstraZeneca producidas en India. Por lo tanto, Argentina esta llegando a 8 milliones de vacunas. Esto nos ubica en el país número 24 del mundo, un mundo que todavía tiene mas que 100 países sin vacunas. Eso es un drama moral, es una crisis civilizatoria que incluso ha sido denunciado por un organismo prudente como la OMS.

Entre otras cosas se llevó a cabo un ensayo de fase 3 de la vacuna de Pfizer en el hospital militar central con 6.000 voluntarios. La vacuna resultó ser eficaz en un 95% y fue autorizada en Argentina en diciembre. Sin embargo, las negociaciones del gobierno con Pfizer no concluyeron en un contrato. Puede detallar ¿por qué fracasaron las negociaciones?

Los ensayos clínicos es algo que Pfizer paga, o sea, no es lo mismo que un contrato con el país. Nosotros les ofrecimos todo. Cuando ellos terminaron los ensayos clínicos, empezaron las negociaciones donde dicen que al no estar terminada la fase 3, que lleva de 2 a 5 os, necesitaban una ley que ampare las responsabilidades compartidas. Esto nos pareció lógico. Tanto es así que el gobierno mandó una ley al parlamento que salió con pequeñas modificaciones. Esta ley no le gustó a Pfizer. Una ley soberana, del Estado argentino. Pfizer pidió entonces otra ley. ¿Cuál era el objeto de rechazo? Pfizer reclamó que no figuraban los bienes soberanos a demandar en caso de litigio entre las partes. Obviamente, en esa conversación, Pfizer pidió bienes muebles como las embajadas o recursos del tesoro y también se mostraba interesada en los glaciares, el petróleo y los permisos de pesca. Concretamente, el agua dulce, la que empezó a cotizar en Chicago en los mercados a futuro en esa misma semana, un crimen a la humanidad. Obvio que la Argentina le dijo que de ninguna manera, porque tiene historia con los tribunales de Nueva York y con los fondos buitres, y sabiendo que Pfizer es propiedad del fondo buitre Black Rock. Tenemos a Pfizer produciendo en Argentina, nosotros contra Pfizer no tenemos nada. Pero quieren poner condiciones inaceptables para los países soberanos. A partir de eso, Pfizer quiso hacer un contrato firmado por el presidente. Prácticamente le estaban poniendo la pistola en la cabeza al Dr. Fernández. Pero el contrato lo tiene que firmar el ministro de salud.

Black Rock tiene solo un 5 por ciento de acciones de Pfizer. A la vez, es uno de los más grandes inversores en energías fósiles y también en el fracking.

El problema del 5 por ciento es que no se sabe si son acciones privilegiadas o no. Son las que definen quién es el CEO que maneja la negociación. ¿Quién designa al CEO? Esto es el tema. ¿Quién maneja 9 billiones de dólares? ¿Quién maneja la parte operativa y sanitaria de Pfizer? Esta es la discusión. Las condiciones que yo te estoy diciendo, han sido denunciadas por una red de periodistas internacionales (Bureau of Investigative Journalism, nota de la redacción). Pfizer actúa en todo el mundo de la misma manera. Si tiene cara de león, camina en cuatro patas, tiene cola de león y ruge – debe ser un león.

Los tres sectores más grandes de Black Rock a nivel de facturación son farmacéuticas, petróleo y armas con un marcado acento en el mercado financiero. Esas actividades están intimamente relacionadas con las políticas extractivas y con el manejo de patentes medicinales por lo que todas sus políticas estratégicas están orientadas a garantizar la explotación de esos recursos.

El entonces ministro de salud Ginés González García supuso que Pfizer no estaba en condiciones de garantizar el suministro de las vacunas por la creciente demanda global y que por esa razón se demorarían las negociaciones. ¿Como lo ve usted?

El pensaba, lo que se verificó después, que se iban a incumplir los contratos. Como pasó con la Unión Europea con quien se hizo un contrato y después Pfizer terminó vendiendo a Canadá, Estados Unidos, Gran Bretaña, Japón e Israel, desabasteciendo a Europa. Estamos hablando de un mundo capitalista, brutal, inhumano y existen ciento y pico de países que todavía no tienen vacunas. Si Pfizer le incumplió a la Unión Europea, ¿cómo no le va a incumplir a Chile o Argentina?

No hay mucha transparencia sobre los detalles de los contratos que logró Pfizer con otros países sudamericanos. Usted afirmó que en el contrato con Chile están incluidos recursos naturales. ¿Qué significa esto para Chile? ¿Piensa que es el caso también en otros países? ¿Bajo qué condiciones se lograron acuerdos?

La incorporación de los recursos naturales en los contratos como garantías de pago de eventuales reclamos implica lo que ya sucedió en la década de los 90 en Latinoamérica cuando se diseñó el Plan Brady para los países endeudados, donde no se especificaba en los contratos públicos lo que incluían los mismos, aunque en los documentos reservados se preveían esos recursos. En el caso argentino en aquella época ese instrumento sirvió para privatizar desde YPF (empresa estatal de energía), Aerolíneas Argentinas, ferrocarriles, bancos, empresas de telecomunicaciones y minería del carbón estatal, entre otras que aún siguen en esa situación como los servicios públicos de energía. En definitiva la incorporación de esos respaldos significa pérdida de soberanía a futuro.

Usted dijo que estamos en medio de una “Guerra de las patentes”. Las patentes son privadas y, aparentemente, las empresas farmacéuticas no están dispuestas a compartirlas con todo el mundo. ¿Cómo se imagina el mundo hoy en día si los patentes fueran públicas?

La lucha contra las patentes ya la estamos desarrollando con los medicamentos de alto precio y baja incidencia. Hay un mercado de medicamentos biológicos absolutamente apropiados por estas patentes criminiales. Eso no está al servicio del hombre. Está al servicio de una acumulación capitalista. Los medicamentos y las vacunas son bienes sociales, no son bienes del mercado. El 99% de todos los procesos de investigación durante el 2020 para combatir la pandemia fueron financiados por los Estados. ¿Por qué las empresas farmacéuticas se quedan con las patentes? Porque los Estados han financiado las empresas a través de las universidades para poder producir, pero una universidad puede producir sólo investigaciones, no puede producir la vacuna. Así que las empresas se quedan con las vacunas y las patentes frente a los Estados bobos, que las financian y después tienen que soportar la extorsión de esos verdaderos delincuentes.

¿Existe en Argentina algún mecanismo político con el que se podría cambiar esa situación?

Estamos en eso. Hasta los años 70 la Argentina producía medicamentos esenciales, es decir, materias primas, que hoy compramos en India como toda Latinoamérica, y producíamos vacunas. Después llegaron los economistas, los Chicago Boys, a decirnos “ustedes no tienen producción a gran escala”. Emplean la famosa técnica economicista de la escala: si no tenés producción a gran escala, tenés que ir a comprar adonde sea porque el mercado te abastece más barato. Lo que no te dicen es que quedas preso del mercado. Los Chicago Boys, los Cavallo Boys, los Macri Boys son justamente aquellos que intentan que la Argentina sea un país solamente agro-pastoril-exportador (‘Cavallo Boys’ es una referencia a  Domingo Felipe Cavallo economista y político argentino y ‘los Macri Boys’ hace referencia al expresidente argentino Mauricio Macri, nota de la redacción). Entonces, la lucha entre la ciencia, la industria y el país agro-exportador ha provocado que los analistas hablen de la Argentina como un país inestable. Pero, no! Argentina es un país saqueado y vaciado. Ahora nos asomamos con el actual gobierno a una recuperación del Estado al servicio de los sectores populares en detrimiento del Estado colonial que nos quiere poner de rodillas a los intereses estratégicos de Estados Unidos que nos considera su patio trasero.

 

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