Interview mit der Ni Una Menos-Aktivistin Verónica Gago über den Feminismus als neue politische Kraft
Am 8. März folgten allein in Buenos Aires 800.000 Menschen dem Aufruf zum Frauen*streik. Zahlreiche weitere Demonstrationen und Streiks in fast allen anderen Städten Argentiniens und vielen weiteren Orten der Welt machten diesen 8. März zu einem Fest internationaler Frauen*solidarität. Die argentinische Bewegung Ni Una Menos, die erst im Jahr 2015 in Reaktion auf eine Reihe brutaler Feminizide entstanden war, ist längst zu einer massiven kollektiven Bewegung geworden, die nicht mehr aus dem politischen Alltag wegzudenken ist. Der mit ihr gewachsene neue Feminismus hat in kürzester Zeit eine beispiellose politische Stärke und Mobilisierungskraft entwickelt, die auch auf andere lateinamerikanische Länder und Europa ausstrahlt.
In Argentinien hat es die Bewegung einerseits geschafft, feministische Themen radikal auf die politische Agenda zu bringen, andererseits aber auch, politische Themen jenseits von geschlechterspezifischen Fragestellungen in die Mitte der Bewegungen aufzunehmen. Auch dadurch ist sie heute zu einer der stärksten oppositionellen Kräfte in Argentinien geworden.
Und die Bewegung hat Zukunft: An diesem 8. März waren vor allem junge Frauen* aktiv, Schüler*innen und Student*innen. Die neue feministische Bewegung hat einen massiven Prozess angestoßen, der starke Gefühle und eine starke Politisierung miteinander verbindet: Massive Organisation auf den Straßen und in allen gesellschaftlichen Bereichen, offene basis-demokratische Versammlungen, Aufnahme und Verflechtung verschiedener Themen und Kämpfe. Und gleichzeitig die kollektiv erfahrbare Solidarität, die empowernden Momente der Masse und die Begeisterung, Freude und das neue Selbstbewusstsein, mit dem Proteste und Widerstand gefeiert werden, die aus Wut und Schmerz angesichts extremer sexualisierte Gewalt entstanden sind. LN sprachen mit Verónica Gago, seit den Anfängen bei Ni Una Menos Argentinien aktiv, über das, was die Bewegung heute ausmacht.