Kunst | Nummer 399/400 - Sept./Okt. 2007

Kunst und Politik

Einblicke in die Gratwanderungen und Überschneidungen künstlerischer und politischer Praktiken in Lateinamerika

Alge, Onna

„Wir machen keine Kunst, wir sind politische Aktivistinnen. In einem Schwerpunkt über politische Kunst haben wir nichts zu suchen“, so María Galindo vom feministischen Künstlerinnenkollektiv Mujeres Creando aus La Paz, Bolivien. Die Frage, was Kunst ist, sein kann oder soll, ist nicht nur eine kontroverse, sondern stets auch eine offene Frage. Auch die Bezeichnung „politische Kunst“ zeugt eher von intellektueller Verlegenheit, als dass sie zur Erkundung des Verhältnisses von Kunst und Politik beiträgt. Daher verweigern wir uns in diesem Schwerpunkt der schroffen Entgegensetzung von Kunst und Politik, genauso wie einer Flucht in die konzeptuelle Bequemlichkeit „politischer Kunst“.
Ausgangspunkt des vorliegenden Schwerpunkts ist es, Schnittstellen und Verbindungen von Kunst, politischem Aktivismus, Interventionen in den öffentlichen Raum sowie Subversion, Kritik und Emanzipation zu erkunden. Ob nun politische AktivistInnen künstlerische und ästhetische Mittel wählen, um ihre Ziele zu erreichen, oder KünstlerInnen in sozialen Bewegungen aktiv sind – in den folgenden Artikeln wollen wir die gewohnten Trennlinien zwischen Kunst und Aktivismus hinter uns lassen.
Wir nehmen dabei Gruppen und KünstlerInnenkollektive, aber auch Einzelpersonen, in den Blick, die in ihren öffentlichen Aktionen und Arbeiten in die jeweiligen gesellschaftlichen Kontexte subversiv oder kritisch intervenieren. Räume für Reflexion schaffen, mit gewohnten Wahrnehmungsschemata experimentieren und sich bewusst zwischen den Feldern Kunst und Politik hin und her bewegen, um emanzipatorische Veränderungen voran zu treiben. Indem sie sich dabei künstlerischen oder ästhetischen Mitteln bedienen, entscheiden sie über das Verhältnis von Kunst und Politik jeweils aufs Neue.
Auf den folgenden Seiten sind deshalb unterschiedliche Beiträge und Textformen zu Musik, Theater, Performances, aber auch zu Installationen, Klang-Collagen und Malerei zu finden, die einen ausschnitthaften Einblick in lateinamerikanische Welten von Kunst und Politik und deren gesellschaftlichen Produktions- und Rezeptionsbedingungen vermitteln.

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