Nummer 300 - Juni 1999 | Theater

Theater aller Länder zeigt euch!

Sinnliches Kunstspektakel mit lateinamerikanischen Beiträgen in Berlin

Das Festival „Theater der Welt“, das alle drei Jahre – zuletzt 1996 in Dresden – stattfindet, hat dieses Jahr Berlin zu seinem Treffpunkt gemacht und KünstlerInnen aller Kontinente eingeladen. Vom 18.6. bis zum 4.7. gastieren über 30 Theatergruppen in Berlin.

Ann-Catherine Geuder

Das Festival „Theater der Welt“ ist ein einzigartiges interkulturelles Treffen auf und zwischen den Bühnen. Erfreulich ist dabei vor allem, daß auch lateinamerikanisches Theater wieder den Weg auf deutsche Bühnen findet, so u.a. die kolumbianisch-spanische Gemeinschaftsproduktion des Teatro de los Sentidos und aus Argentinien das Sportivo Teatral. Aus Brasilien werden das Straßentheater Grande Companhia Brasileira de Mystérios e Novidades und das Puppentheater Caixa de Imagens erwartet. Abgerundet wird das lateinamerikanische Programm von argentinischen Theaternächten, die sich leider größtenteils mit den Vorstellungen des andalusischen Theaters La Zaranda überschneiden.

Vielseitige Gestaltung

Die Theateraufführungen werden von Ausstellungen, Installationen und Performances begleitet, die ein lebendiges, alle Sinne ansprechendes Kunstspektakel versprechen. Dies ist die Hoffnung der VeranstalterInnen, die das Publikum einladen wollen, „über die eigenen Grenzen hinauszugehen, Erfahrungen zu machen, die jenseits der Kommunikation durch Sprache und Begriffe liegen“. Dem eurozentristischen Kanon wird Kunst aus den Peripherien entgegengesetzt, Kunst, die auf differierende Realitäten verweist, die sich weder als völlig andersartig noch als Kopie der westlichen Kunst begreift. So ist den Stücken, die auf dem Festival „Theater der Welt“ aufgeführt werden, die Suche nach der eigenen Identität gemein.
Die verschiedenen Theatergruppen zeigen, daß es Verständigung auch über das Sprachliche hinaus geben kann. In der Kombination der künstlerischen Mittel liegt der Reiz der meisten Stücke. Viele werden mit Musik begleitet, nehmen Tanzelemente auf oder kommunizieren über Kostüme und Bühnengestaltung. Gleichzeitig ist es den VeranstalterInnen durch die Auswahl solcher sinnesbetonten Stücke gelungen, Verständnisschwierigkeiten zu verringern. Übertitelungen oder Simultanübersetzungen erleichtern zwar den Zugang zu den originalsprachig aufgeführten Stücken, doch der Eindruck ist um so tiefer, wenn er emotional erfahren wird. „Theater der Welt“ bietet zweieinhalb Wochen lang ein volles, abwechslungsreiches Programm, das nicht nur Lust an der Begegnung mit sich selbst, sondern vor allem mit anderen macht.

Ähnliche Themen

Newsletter abonnieren