Editorial | Nummer 365 - November 2004

Bush muss weg

Keine Frage, die Bush-Regierung muss weg. Im internationalen Interesse. Ihre grausamen Kriege in Afghanistan und im Irak kosteten zehntausenden Menschen das Leben. Sie rechtfertigt und praktiziert Folter im Kampf gegen den Terrorismus. Sie bedroht alle Staaten, die sie verdächtigt, Massenvernichtungswaffen herzustellen, während sie sich selbst einen atomaren Erstschlag vorbehält. Und natürlich will sie sich für ihre Taten nicht verantworten. Deshalb sollen sich beispielsweise lateinamerikanische Staaten vor Abschluss eines bilateralen Handelsvertrags mit den USA verpflichten, keine US-StaatsbürgerInnen an den Internationalen Strafgerichtshof auszuliefern.

Die Vereinten Nationen wagten es nicht einmal, die US-Regierung zu rügen, als deren Außenminister vor dem Irakkrieg die UN-Vollversammlung schamlos belog. Abgestraft werden können Bush und sein Falkenquintett Cheney, Rumsfeld, Wolfowitz, Powell und Rice nur, wenn sie bei den Präsidentschaftswahlen am 2. November aus den Ämtern gejagt werden. Deshalb setzen viele ihrer GegnerInnen, wie der Filmemacher Michael Moore, nicht auf den chancenlosen Kandidaten Ralph Nader, der wirklich für eine andere Politik steht, sondern auf den demokratischen Bewerber John Kerry. Mag sein, dass ein Präsident Kerry das Kyoto-Protokoll unterzeichnen würde. Mag sein, dass er die Menschenrechte mehr respektieren würde. Mag sein, dass er die Bündnispartner der USA mehr konsultieren würde. Fraglich ist jedoch, ob er grundsätzlich für eine andere Außenpolitik steht.

Zu Beginn seiner Bewerbungsrede auf dem demokratischen Parteikonvent Ende Juli stand der Kandidat stramm, salutierte wie ein Feldwebel und meldete sich zum Dienst. Als junger Mann habe er sein Land verteidigt und er werde es auch als Präsident verteidigen, schwor er den Delegierten. Natürlich hatte er den Feind damals nicht in seiner Heimat Massachusetts gestellt. Kerry meldete sich freiwillig nach Vietnam und half der US-Armee beim Völkermord an mehr als zwei Millionen Vietname-sInnen.

Dazu passt, dass er als Senator für den Irakkrieg stimmte. Inzwischen hat er zwar seine Meinung geändert, aber das Auftreten der Bush-Regierung gegenüber Nordkorea und dem Iran ist dem forschen Patrioten immer noch nicht aggressiv genug. Entsprechend plant er eine Stärkung der Geheimdienste sowie die Aufstockung der US-Armee um 40.000 Soldaten. Außerdem will er keiner internationalen Organisation jemals in Fragen der nationalen Sicherheit ein Vetorecht einräumen. Einer, der schon am Mekong-Delta für die Sicherheit der USA gesorgt hat, weiß, wovon er redet.

Zu Kerrys engsten außenpolitischen Beratern zählt Rand Beers, ein ehemaliges Mitglied im Nationalen Sicherheitsrat der Bush-Regierung. Dort quittierte Beers vor einem Jahr seinen Dienst, weil er fand, die Regierung habe nach der Irak-Invasion Kolumbien vernachlässigt. Schließlich war er unter der Regierung Clinton als Chef des Büros für internationalen Drogenhandel und Polizeiangelegenheiten einer der Architekten des Plan Colombia. Für Rand Beers sind die Guerrilleros von der FARC schlicht Narcoterroristen mit Verbindungen zu Al Kaida. Er steht dafür ein, dass ein Kerry im Fall seiner Wahl die US-Kriegspolitik in Kolumbien geradlinig fortsetzen wird.

In Venezuela, so findet Kerry, habe die Bush-Regierung nicht entschieden genug die Opposition gegen Chávez unterstützt. Dabei unterhielt die US-Regierung ganz offensichtlich enge Verbindungen zu den venezolanischen Putschisten im April 2002. Der Demokrat Kerry will womöglich einen Präsidenten stürzen, der erst kürzlich beim Referendum über seine Abwahl eine deutliche Zustimmung erhielt. Auf jeden Fall will er den US-Erzfeind Fidel Castro beseitigen: Am strikten Embargo gegen Kuba soll nicht gerüttelt werden.

Schlimmer als unter George Walker Bush kann es nicht werden. Aber die Grundpfeiler der US-Außenpolitik wird Kerry auch nicht umstürzen. In Lateinamerika schon gar nicht.

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