Nummer 344 - Februar 2003 | Venezuela

Der Glaube an das Projekt Chávez

Leonor Vega Febres Cordero, Lehrerin in San Christóbal, zu den Ereignissen in Venezuela

Übersetzung: Claudia Uzcátegui Vega, Marianne Dörmann

Ein Dreivierteljahr nach dem Putsch stehen wir vor einer der größten Verschwörungen, die jemals in Venezuela organisiert wurden: Ein angeblich nationaler Streik, der schon seit fast zwei Monaten anhält. Ein Streik, der nur durch die Hilfe des Auslands, einiger privater Firmen, kommerzieller Fernsehprogramme und der staatlichen Ölgesellschaft (PDVSA) aufrechterhalten werden kann. Dieser Streik, den ich als terroristische Sabotage gegenüber der ganzen Bevölkerung bezeichnen würde, hat der staatlichen Ölindustrie, die gleichzeitig die größte Deviseneinnahmequelle ist, sehr großen Schaden zugefügt. Sie belassen es aber nicht bei den Sabotageakten, die die Verteilung des Benzins einschränken und als Folge davon den Lebensmitteltransport erschweren. Sie wollen die gesamte Bevölkerung zum Streik zwingen. Öffentliche Straßen werden blockiert oder Busfahrer aufgefordert, ihre Arbeit niederzulegen. In manchen Bezirken von Caracas wird Druck ausgeübt, damit die Geschäfte schließen. Schon eine Vielzahl von Händlern ist deswegen Bankrott gegangen. Sie haben versucht, dafür zu sorgen, dass weder Benzin, noch Öl und Gas zu den zentralen Versorgungspunkten gelangen konnte. Außer Unfällen, die zum Auslaufen von Rohöl führten, gab es Schäden in den Raffinerien, Manipulationen an den Rohren (Pipelines), essenzielle Computerprogramme wurden deskonfiguriert. Hinterher wurde in den Medien mittels einer breit angelegten Kampagne behauptet, dass die Schuld bei den nicht qualifizierten und unerfahrenen Arbeitern läge, die der Regierung zu Hilfe kamen. Die Privatschulen beteiligen sich am Streik der Opposition gegen die Regierung Chávez und missbrauchen dadurch das verfassungsmäßige Recht der Kinder auf Bildung. Die UNICEF hat das kritisiert und die Staatsanwaltschaft hat interveniert, um das Recht wieder herzustellen.
Die schlimmste von allen in dem Land angewandten Strategien zur Streikaufforderung kommt aus dem kommerziellen Fernsehen. Mit einer sehr sorgfältig von Kommunikationsexperten geleiteten Kampagne wird versucht, die Meinungen der Menschen zu manipulieren. Die ausgestrahlten Fernsehprogramme nötigen die Zuschauer so sehr, dass eine große Zahl von ihnen den Fernseher ausschalten, weil sie das Ausmaß des Hasses und der Intoleranz, die in den Botschaften ausgedrückt werden, nicht ertragen können. Sie rufen öffentlich zu kollektiven Aggressionen gegen Minister oder Familienangehörige von Regierungsmitarbeitern sowie gegen loyale Militärangehörige auf. Die Realität wird verfälscht in einer permanenten Kette von Sendungen ohne Unterbrechungen, es gibt kein normales Fernsehprogramm mehr. Das Publikum wird mit bestimmten Parolen bombardiert. Zum Beispiel wird dazu aufgerufen, die Mehrwertsteuer nicht zu bezahlen, mit dem Argument, dass diese eine Quelle der Bereicherung der Regierung sei. Diese Fernsehprogramme und Medien verhalten sich wie politische Parteien, sie senden keine Informationen, sondern politische Propaganda. Danach jammern sie und denunzieren vor der Weltöffentlichkeit die Attacken, die gegen ihre eigentümliche Interpretation der „Meinungsfreiheit“ gerichtet werden, wenn BürgerInnen unterschiedlichster Herkunft vor die Türen ihrer Sender treten und für ihr Recht auf angemessene und wahrhaftige Information demonstrieren.
Angesichts dieser Medienkampagne ist es bewundernswert, dass die Bevölkerung Widerstand geleistet hat und sich klar auf die Seite des gesellschaftlichen Wandels gestellt hat. Das Schicksal des Landes darf nicht durch eine von den Medien unterstützte Ultrarechte entschieden werden. Wir wollen, dass unser Recht auf objektive Information respektiert wird. Deshalb kann der Präsident Chávez nicht falsch liegen. Er hat die historische Verpflichtung, diese neue Verschwörung zu zerschlagen, gefolgt von dem Volk, welches ihn darum bittet und fordert, dass er es nicht verlässt. Im Moment ist das die einzige Hoffnung.

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