Gentechnik | Nummer 281 - November 1997

„Das Grundlegende ist die Einheit“

Interview mit Milton Santacruz, für Umweltfragen zuständiger Vertreter der Indígena-Organisation von Antioquia (OIA), Kolumbien

Clarita Müller-Plantenberg

Gibt es schon einen Fall von Patentierung genetischer Ressourcen in Kolumbien?

Milton Santacruz: Herr Loren Miller, Mitarbeiter einer nordamerikanischen Gesellschaft, hat Yagué patentiert. Das bereitet uns Sorge. Yagué ist eine Medizinalpflanze, die von den Schamanen benutzt wird. In den indigenen Kulturen wird nicht unterschieden zwischen „das ist meins“ und „das ist unser“. Das Wissen ist immer kollektiv. Wenn sie uns sagen: „Yagué ist privatisiert“, können wir das nicht verstehen. Ein solcher Standpunkt kann bei uns konzeptionell gar nicht bestehen bleiben.

Wie sieht die Arbeit der indianischen Organisationen in bezug auf die kollektiven Eigentumsrechte aus?

Milton Santacruz: In unserer Kultur ist es ein persönliches Anliegen, die traditionellen Kenntnisse von den Weisen zu lernen. Sie möchten, daß dieses Wissen der Gemeinschaft zugute kommt und ihr auf diese Weise nutzt. Sie kann auf dieser Basis ihre Arbeit besser entwickeln. Für uns ist daher der zentrale Punkt, wie wir das traditionelle Wissen der indigenen Völker durch die Züchtung der Pflanzen, durch die Saatzucht und durch die Saatgutverbesserung garantieren und kontrollieren können.

Wie organisieren und verteidigen sich die indigenen Organisationen von Antioquia?

Milton Santacruz: In Antioquia arbeiten die indigenen Organisationen an einer Reglementierung. Wir entwickeln Kriterien, um „Nein“ zur Patentierung zu sagen. Wir haben uns eine Arbeit der Diskussion und Reflexion mit den Räten vorgenommen. Für uns gibt es das Interesse, über Biodiversität zu sprechen und auch über die Interessen der Multinationalen Konzerne. Uns wird eine Diskussion über die Biodiversität aufgezwungen, so, als sei es eine neue Sache. Obwohl bekannt ist, daß wir indigenen Gemeinschaften mit der Natur verbunden sind, sagt man uns jetzt :“Verteidigt die Biodiversität!“
Was uns die Weisen gesagt haben ist, daß wir die Wissenschaftler und die Kenner dieser Materie unterrichten müssen, denn sie haben es nicht fertiggebracht, hinreichend zu kontrollieren und wirklich das Wohlergehen in die Gemeinschaften zu tragen. Die Biodiversität zu vernachlässigen würde bedeuten, die Natur zu zerstören.
Es ist schwer hierüber zu arbeiten, denn die Gemeinschaft ist sich auch nicht klar darüber, was man unter Biodiversität versteht. Denn es ist in Wirklichkeit ein neuer Terminus, den zu diskutieren sie von uns erwarten.
Auf kolumbianischer Ebene wurde bei der Nationalen Indígena-Organisation Kolumbiens (ONIC) ein Büro für Biodiversität gegründet, um mit den regionalen Organisationen hierüber zu arbeiten. Weiterhin gibt es NROs die über die „Nicht Patentierung“ und über Fragen nach der Art der Reglementierung arbeiten. Wir haben an verschiedenen Seminaren teilgenommen, um die Konzeptualisierung dieser Frage für die indigenen Völker zu klären.

In welchem Sinne stärkt die Arbeit der Organisation die Räte?

Milton Santacruz: Wir haben festgelegt, daß die Forschungsarbeit nicht von einer Person durchgeführt wird, sondern kollektiv. Das Wissen, das wir gesammelt haben, wurde über Generationen zusammengetragen, daher kann es nicht privatisiert werden.

Welchen Raum nimmt diese Arbeit für die Organisationen ein?

Milton Santacruz: Es ist nicht die einzige Frage, die uns beschäftigt. Wir haben uns mit dem Staat auseinanderzusetzen, der Infrastrukturprojekte baut, mit Ölbohrungen und Holzkonzessionen auf unseren Territorien und auch mit den Wahlkampagnen. Wir befinden uns mit dem Rücken zur Wand. Das Grundlegende ist die Einheit, und daß wir Nein sagen zur Patentierung.

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