Literatur | Nummer 373/374 - Juli/August 2005

Postmodernes Theater aus Argentinien

Eva Danninger

Der Argentinier Eduardo Pavlovsky ist Schauspieler, Autor und Psychologe. Letztere Tätigkeit ist eng mit dem Theater verzahnt, denn er gründete ein einzigartiges Institut für Psychodrama. Mit seinem Theater gelingt es ihm, intensiv die psychosozialen Folgen der argentinischen Diktatur und Repression zum Ausdruck zu bringen. Pavlovsky wagte beispielsweise, Stücke zu schreiben, in denen er sich in die Psyche der Täter hinein begibt, „um so die Problematik der Täterfiguren in ihrer komplexen Psychologie, mit ihren Ängsten, ihrer Schuld, ihren Taten, ihren Vorlieben, mit Alltäglichkeiten und Hintergründen auszuleuchten. Er bietet dem Leser oder Zuschauer somit die Möglichkeit, das Geschehene aus der Sicht des Opfers und des Täters zu betrachten, zu verstehen“, so die Autorin Claudia Angehrn (z.B. in Potestad,1985; El señor Galindez ,1983; Telarañas ,1977). Damit hat Pavlovsky der argentinischen Gesellschaft wichtige Impulse gegeben, um mit den Folgen der Repression umzugehen. Er regt an zur Reflektion, indem er einfache Opfer/Täter-Zuweisungen aufhebt, auch heute noch ein Tabu in Argentinien.
Angehrn untersucht in ihrer Studie das gesamte Werk von Eduardo Pavlovsky. Systematisch umreißt sie sein Theater als „postmodernes Theater“. Anhand der Aspekte Körper, Macht, Sexualität und Begehren lotet sie die Bedeutungstiefen des Werkes von Pavlovsky aus.
Angehrn stellt Pavlovskys gesamtes bisheriges Schaffen dar, indem sie es in verschiedene Kategorien ordnet: Theater des Werdens, Theater der Immanenz, Theater der Fluchtlinien, Theater der Erinnerung, um nur einige zu nennen. Eine ausführliche Bibliographie schließt die Studie ab, die trotz der Fülle ihres Objekts und ihrer Ansätze, Aspekte und Ideen sehr übersichtlich ist.

Claudia Angehrn: Territorium Theater – Körper, Macht, Sexualität und Begehren im dramatischen Werk von Eduardo Pavlovsky. 324 Seiten, Vervuert, Frankfurt am Main, 2004, 38,- Euro

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