Sextourismus auf der Anklagebank
Urgent Action für Patricia Texeira und das Coletiva Mulher Vida in Recife
Das Coletivo Mulher Vida in Recife ist eine Organisation, die Frauen, die Gewalt erfahren haben, Schutz, psychologische Hilfe und Unterstützung bietet, und massive Öffentlichkeitsarbeit gegen die negativen Auswirkungen des Tourismus in Brasilien – Sextourismus ist in der Gegend von Recife besonders verbreitet – betreibt.
Seit einiger Zeit unterstützt das Coletivo Mulher Vida die junge Frau Patricia Teixeira, die lebensgefährlich verletzt einen Mordversuch des deutschen Touristen Michael Klein überlebt hat.
Michael Klein wurde Mitte Dezember 1994 in Recife festgenommen und hat bei seiner Verhaftung gestanden, Patricia Teixeira im Oktober brutal mißhandelt sowie vor zwei Jahren drei junge Frauen aus der Prostituiertenszene ermordet zu haben. Seitdem sitzt er in Recife in Untersuchungshaft, der Prozeß gegen ihn hat jedoch noch immer nicht begonnen.
Inzwischen präsentiert er sich selbst als das eigentliche Opfer: das Geständnis sei unter Folter zustande gekommen und er sei zu diesem Zeitpunkt aufgrund von Drogen nicht zurechnungsfähig gewesen. Für ihre Dienste als Prostituierte habe er Patricia Teixeira bezahlt.
Sein Rechtsanwalt Boris Trinidade plädierte auf Schuldunfähigkeit: Patricia sei doch „nur“ eine Prostituierte und habe selber „Schuld“ an dem, was ihr zugestoßen sei. Rechtsanwalt Trinidade ist bekannt für seine erfolgreichen Bestechungen der Justizbehörden, außerdem hat er ein gutes Verhältnis zum Ermittlungsrichter und dem deutschen Konsulat in Recife.
Aktueller Anlaß dieser Urgent Action ist der dritte Antrag auf Haftverschonung, den Trinidade als Anwalt Michael Kleins am 17. Januar 1997 gestellt hat.
In den vergangenen Jahren hat der Täter und haben auch seine Freunde wiederholt die einzige Überlebende und Zeugin des Verbrechens, Patricia Teixeira, ihre Familie und andere sie unterstützende Personen, insbesondere vom Coletivo Mulher Vida, bedroht. Seine Entlassung aus der Untersuchungshaft wäre eine ernsthafte Gefahr für die Bedrohten und macht einen ordentlichen Prozeß aufgrund von akuter Fluchtgefahr sehr unwahrscheinlich.
Das folgende Fax richtet sich an Dr. Edson Vidigal, der den Antrag auf Haftverschonung in der brasilianischen Bundesstaatsanwaltschaft bearbeitet. Die vorherigen Anträge auf Haftverschonung konnten Dank der Protestaktionen abgewendet werden, was angesichts der allgemeinen Straffreiheit in Brasilien – insbesondere, wenn Verbrechen von einflußreichen Gruppen oder Personen verübt werden – ein außerordentlicher Erfolg ist.