“Better must come”
Journalist, Gewerkschafter, Blockfreier – zum Tode Michael Manleys
40 Jahre war Michael Manley einer der Hauptakteure auf der politischen Bühne Jamaicas. Vor seiner politischen Karriere diente er als Freiwilliger bei der kanadischen Luftwaffe, absolvierte ein Ökonomie-Studium in London und arbeitete dort anschliessend als Journalist bei der British Broadcasting Company (BBC). Den Sprung auf die Politbühne wagte er 1952. In diesem Jahr gründete die People’s National Party (PNP) die Gewerkschaft National Workers ‘Union (NWU), um die für Jamaica typische Bindung Partei-Gewerkschaft wiederherzustellen. Der von seinem Vater Norman Manley gegründete Trade Union Council (TUC) hatte nämlich unterdessen mit der PNP gebrochen. Für Michael Manley war mit der Gewerkschaftsarbeit nun ein erstes Betätigungsfeld gefunden, sein Vater kümmerte sich derweil um die Führung der von ihm 1938 gegründeten PNP. Die familiäre Arbeitsteilung blieb lange Zeit unangetastet. Norman Manley eroberte 1955 den Ministerpräsidentenposten von seinem Cousin Alexander Bustamente, sein Sohn profilierte sich unterdessen als gewiefter Taktiker, insbesondere bei Verhandlungen mit der Zucker- und Bauxitindustrie.
Bei den Wahlen von 1967 eroberte Michael Manley zum ersten Mal einen Abgeordnetensitz, der Übergang in die Parteipolitik war geschafft. 1969 starb Vater Norman und Michael trat als neuer Parteivorsitzender in seine Fußstapfen und damit endgültig ins Rampenlicht.
Der Versuch des “Dritten Wegs”
1972 führte Michael Manley die PNP zu einem Erdrutschsieg über die amtierende Jamaica Labour Party (JLP). Derart gestärkt wagte er ab 1974 das Experiment des “Demokratischen Sozialismus”. Mit diesem Vorhaben sollte der Wahlslogan Better must come in die Realität umgesetzt werden. Industrien wurden verstaatlicht, Steuern für transnationale Konzerne erhöht, eine Landreform durchgeführt. Die Gesundheitsfürsorge wurde erweitert, der Wohnungsbau gefördert, das Schulgeld abgeschafft und Mindestlöhne eingeführt. So weit, so gut für die Unterprivilegierten. Die Privilegierten reagierten mit Kapitalflucht, die ausländischen Konzerne mit einem Investitionsboykott und die USA mit einer Destabilisierungskampagne. Trotzdem gewann Manley auch die nächsten Wahlen im Jahre 1976. Die Wirtschaft war zwar bereits seit dem Beginn der Ölkrise 1973 im Abwärtsstrudel, viele WählerInnen setzten indes immer noch auf den “Dritten Weg” und solidarisierten sich mit der PNP. Manley mußte wegen der steigenden Staatsverschuldung jedoch seine Reformvorhaben einschränken.
Michael Manley, Bob Marley und Edward Seaga (von links) beim historischen Händedruck der Erzrivalen Manley – Seaga
Damit nicht genug. Der akute Devisenmangel trieb die PNP-Regierung ab 1977 trotz aller Bedenken in die Hände des Internationalen Währungsfonds (IWF). Drei Jahre später war Manley am Ende. Viele seine AnhängerInnen hatten die Hoffnung verloren, daß im Hinterhof der USA ein eigenständiger Weg möglich sei. Folgerichtig setzten sie auf die USA-Karte und deren Günstling Edward Seaga. Den Abwärtstrend konnte dieser mit seiner dumpfen Liberalisierungspolitik nicht bremsen. Mit vorgezogenen Wahlen konnte er seine Regierungszeit nochmals verlängern, da die PNP aus Protest auf die Wahlteilnahme verzichtet hatte.
Manleys Rückkehr
Seaga hatte so gründlich abgewirtschaftet, daß seine Niederlage bei den Wahlen 1989 keinen überraschen konnte. Manley wurde erneut Ministerpräsident. Sozialistische Programmatik blieb außen vor. Sein neues Schlagwort hieß Empowerment, die Bevölkerung sollte an den Segnungen des Marktes teilhaben. Zuerst müßten dafür allerdings die Kräfte des Marktes entfesselt werden, weshalb “Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung” an die Spitze der Agenda gesetzt wurden. Dementsprechend trieb die PNP-Regierung die Liberalisierungspolitik weiter voran. Michael Manley war bis zum 28. März 1992 federführend. Dann zog er sich aus gesundheitlichen
Gründen zurück und bestellte seinem Nachfolger James Percival Patterson das Feld. Dieser bemüht sich seither vergebens, Manleys letztem Wahlslogan We put the people first gerecht zu werden.