Nummer 341 - November 2002 | Trinidad & Tobago

Drei Parlamentswahlen in drei Jahren

Pandays UNC erleidet Schiffbruch, afrotrinidadische PNM gewinnt Parlamentswahlen

Die Krise des politischen Systems in Trinidad & Tobago ist offensichtlich. Die Wahlen vom 7. Oktober lösten jedoch zumindest das politische Patt auf, dass seit letzten Dezember zwischen der indotrinidadischen UNC und der afrotrinidadischen PNM herrschte und das Land politisch lahm legte. Auch bei diesen Wahlen konnte die ethnische Spaltung des Parteiensystems nicht überwunden werden.

Martin Ling

Pandays Schiff ist am Sinken“. Der Calypso-Sänger Cro-Cro prophezeite es mit seinem Song schon vor den Wahlen im Dezember 2001. Die Zeit des ersten indischstämmigen Ministerpräsidenten der Zwillingsinseln T&T sei vorbei, textete er. Damals musste seine Regierung nach Korruptionsvorwürfen der eigenen Kabinettsmitglieder nach nur einem Jahr zurücktreten und Neuwahlen ausschreiben. War die These des Sängers vor einem Jahr gewagt, so ist sie inzwischen nahezu Realität geworden. Bei den letzten Wahlen eroberte die PNM unter Patrick Manning trotz eines Patts die Macht zurück. Basdeo Panday hat nach der Wahlniederlage vom 7. Oktober diesen Jahres seinen baldigen Rückzug aus der Politik angekündigt. Konnte seine Partei, der indotrinidadische United National Congress (UNC), am 10. Dezember 2001 noch die Hälfte der 36 Parlamentssitze ergattern, gingen diesmal zwei Mandate verloren. Der UNC konnte nur noch zwei der fünf so genannten marginalen Wahlkreise in Trinidad gewinnen. Nur in diesen fünf der 34 Wahlkreise ist der Wahlausgang offen, da dort die Zusammensetzung der Wählerschaft am heterogensten ist. Die Mehrheit der Tribogians orientiert sich im Wahlverhalten an ihrer ethnischen Herkunft. Die Indotrinidadier wählen überwiegend UNC und die Afrotrinidader überwiegend die People’s National Movement (PNM). Hinzu kommt die Sonderrolle der kleinen Schwesterinsel Tobago, deren Wahlergebnisse oft den Ausschlag geben. Da unter den 50.000 Tobagonians kaum Indischsstämmige sind, hat der UNC dort noch nie einen Sitz gewinnen können. Die PNM konnte dagegen zum zweiten Mal in Folge der zur tobagonianischen Regionalpartei abgestiegenen National Alliance for Reconstruction (NAR) die beiden zu vergebenen Sitze abspenstig machen. Ob die NAR sich davon nochmals erholt oder gänzlich von der politischen Bildfläche verschwindet, ist offen.

Knapper Sieg statt Unentschieden

So klar der PNM-Erfolg von 20 zu 16 Sitzen auf den ersten Blick wirkt, so knapp war das Resultat bei näherem Hinsehen. Gerade mal 244 Stimmen in Ortoire Mayoro und 247 Stimmen in San Fernando West kippten diese beiden marginalen Kreise und damit das gesamte Ergebnis zu Gunsten der PNM. Dabei deutete lange Zeit viel auf ein erneutes 18 zu 18 hin, was die politische Krise des Landes weiter verschärft hätte. Dieses Ergebnis blockiert seit dem Dezember 2001 die parlamentarische Arbeit, weil sich sowohl UNC als auch PNM auch nach mehreren Anläufen nicht auf einen Parlamentssprecher einigen konnten. Und ohne Sprecher kann das Parlament nicht tagen. Offensichtlich wurde Basdeo Panday von vielen Wechselwählern als Hauptblockierer ausgemacht. Nicht ganz zu Unrecht. Gleich nach den Dezemberwahlen verkündete er unverhohlen seinen Anspruch, weiter als Premier zu amtieren. Sein Argument im Stile eines Boxurteils: Bei Unentschieden behält der amtierende Champion den Gürtel. Die Landesverfassung sah aber anderes vor. Über den künftigen Ministerpräsidenten hat der Präsident zu entscheiden. Und Arthur Napoleon Robinson (NAR) entschied sich zu Pandays Unmut für Manning. Das kam insofern nicht überraschend, als sich die einstigen Bündnispartner Robinson und Panday (Koalitionspartner 1986 und 1995) in der Präsidentschaftszeit Robinsons häufig in die Haare gerieten. Panday akzeptierte diese Entscheidung nie wirklich, zeigte sich als schlechter Verlierer und rief seine Anhänger zu zivilem Ungehorsam auf und stellte diesen auf eine Stufe mit den Protestbewegungen Martin Luther Kings und Mahatma Gandhis. Sein Ziel, vorgezogene Neuwahlen erreichte er. Das Ergebnis schmeckt freilich bitter.

Ein schlechter Verlierer

Und wieder zeigt Panday sich als schlechter Verlierer, moniert Wahlbetrug und Einschüchterungsversuche gegenüber UNC-Anhängern von Seiten der berüchtigten Jamaat-al-Muslimeen (Schwarze Muslime) im Auftrage Mannings. Die Jamaat-al-Muslimeen hatten im Juli 1990 mit dem einzigen Putschversuch in der Landesgeschichte die damalige Robinson-Regierung in Misskredit gebracht und der PNM bei den Wahlen indirekt mit zum Wahlsieg verholfen. Manning war damals von Robinson wiederholt beschuldigt worden, Kontakte zu der schwarzen Moslembewegung unterhalten zu haben. Vorwürfe, die Panday nun aufwärmte. Ein weiteres Indiz dafür, dass das Land auch mit halbwegs klarer Parlamentsmehrheit politisch weiter tief in einen afro- und einen indotrinidadischen Teil gespalten ist. Ob unter diesen Umständen die allseits angemahnte Verfassungsänderung einschließlich der Abkehr vom britischen Westminster-Modell wirklich in die Tat umgesetzt wird, ist mehr als fraglich, setzt sie doch weit gehendes Einvernehmen der politischen Akteure voraus. Doch so sehr die ethnischen Linien politisch aufeinander prallen, so friedlich läuft der multiethnische Alltag ab, auch wenn es relativ wenig indoafrikanische Familien gibt. Und auch der Wahlkampf verlief ohne Blutvergießen. Davon kann die größere Nachbarinsel Jamaica nur träumen.

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