Im Bett mit Bindungsangst
Ein cineastisches Betthupferl des chilenischen Jungregisseurs Matías Bize
Die Handlung ist schnell erzählt: Nachdem sie sich auf einer Party kennen gelernt haben, landen sie zusammen in einem Bett des Hotels Valdivia. Als die beiden nach dem Sex feststellen, dass sie nicht einmal den Namen des anderen kennen, entwickelt sich aus dem leidenschaftlichen One Night Stand ein Wechselspiel aus Nähe und Distanz. Lernen sie sich zunächst nur körperlich kennen, so entsteht im Verlauf des Films eine intensive Annäherung im Gespräch, bei der beide mehr und mehr von sich preisgeben. Momente der Nähe wechseln sich mit Momenten der Einsamkeit ab, was dem Film seine Dynamik verleiht, die dem Zuschauer eine Vielzahl von Stimmungen vermittelt.
Der Film handelt von dem unverhofften Aufeinandertreffen von zwei Menschen, die ihrem Gegenüber im Grunde keine Schwächen eingestehen wollen, sich dann aber doch emotional entblößen. Nach und nach vertrauen sich Bruno und Daniela ihre geheimsten Wünsche an, wobei die zwar realistischen Dialoge teilweise zum Belanglosen tendieren, aber auch die Brüchigkeit ihrer Persönlichkeit und Lebensentwürfe erkennbar wird. Dabei argumentiert der Film in der Darstellung der Charaktere nicht sonderlich originell, vermag jedoch durch die überzeugende schauspielerische Leistung der Hauptdarsteller zu punkten.
Ungeschönt und in authentischen Bildern inszeniert der junge chilenische Regisseur Matías Bize die Begegnung von Bruno und Daniela. Stilistisch reduziert erzählt der Film von dieser einen Nacht, deren Handlung sich komplett in den vier Wänden des Hotelzimmers abspielt.
Die räumliche und zeitliche Beschränkung der Handlung, die hauptsächlich im Bett stattfindet, stellt eine Besonderheit dieses filmischen Kammerspiels dar. Grenzen der Intimsphäre werden gerade durch die expliziten Liebesszenen überschritten, was dem Publikum einen voyeuristischen Blick auf die Geschehnisse eröffnet. Die Kamera nimmt oft eine unkonventionelle Perspektive ein: Körper werden durch Laken, das Spiel von Licht und Schatten, extreme Close Ups und unscharfe Bilder verfremdet. Letztlich ist es aber nicht die Beobachtung des ungehemmten Sexes, die im Vordergrund des Plots steht, sondern das was sich auf der zwischenmenschlichen Ebene zwischen den beiden Personen entwickelt.
En la cama zeichnet eine Begegnung zwischen Fremden, wie sie an vielen Orten der Welt stattfinden könnte. Dass der Ort dieser Begegnung ausgerechnet Chile ist, verliert vor diesem Hintergrund fast gänzlich an Bedeutung. Dem Film gelingt es mit wenigen Mitteln eine Geschichte zu erzählen, die das Leben geschrieben haben könnte. Ganz neu ist das, was dabei erzählt wird, aber nicht. Trotzdem ist En la cama ein nettes Kinoerlebnis für Zuschauer mit Hang zu Filmen, die tiefe Einblicke in zwischenmenschliche Gefühlschaotik geben und diese unprätentiös auch in ihrer Unerträglichkeit darzustellen vermögen.
En la cama // Chile, Deutschland 2005 // 85 Minuten // Regie: Matías Bize // Farbe // Kinostart 25. Oktober 2007