Berlinale | Film | Nummer 596 - Februar 2024

Reizvoller Querschnitt

Die lateinamerikanischen Filme bei der 74. Berlinale versprechen einen diversen Blick auf den Subkontinent

Von Dominik Zimmer
Yo vi tres luces negras (Kolumbien) (Foto: Natalia Burbano / Contravía Films)

Brasilien kehrt zurück: Das ist eine der guten Nachrichten beim Blick auf das Programm der lateinamerikanischen Filme der Berlinale 2024. Nachdem die Regierung Bolsonaro mit der Abschaffung der staatlichen Filmförderung für einen cineastischen Kahlschlag gesorgt hatte, läuft die zusammen mit Mexiko größte Filmindustrie in Lateinamerika nun langsam wieder an. Ein Zeichen dafür sind gleich drei Filme in den wichtigen Festival-Sektionen Encounters und Panorama. Besonders gespannt darf man auf Cidade; Campo (Stadt; Land), den neuen Beitrag der renommierten Regisseurin Juliana Rojas (Good manners) sein, der sich mit Migrationsgeschichten vom Land in die Stadt und umgekehrt beschäftigt. Auch in Betânia wagt eine Hebamme nach 65 Jahren einen Wohnortwechsel von ihrem Dorf in die Nähe der spektakulären Sanddünen Lençois Maranhenses. Die Komödie Dormir de olhos abertos (Mit offenen Augen schlafen) ist eine deutsch-brasilianisch-argentinisch-taiwanesische Co-Produktion, die in einer chinesischen Exil-Community in Recife spielt.

Im Wettbewerb der Berlinale ist Brasilien noch nicht wieder vertreten. Dafür wurde dort schon zum dritten Mal ein Film des mexikanischen Regisseurs Alonso Ruizpalacios ausgewählt, dessen vorherige Filme jeweils einen Silbernen Bären gewinnen konnten. La Cocina (Die Küche) beobachtet die Geschehnisse in einem Restaurant in New York, das illegale Migrant*innen beschäftigt. In der Hauptrolle ist US-Schauspielerin Rooney Mara zu sehen. Mit einer skurrilen Story wartet Pepe, der Wettbewerbsbeitrag des dominikanischen Regisseurs Nelson Carlos de los Santos Arias, auf: Dort fungiert eines der Flusspferde aus dem Privatzoo des kolumbianischen Drogenbarons Pablo Escobar als filmischer Erzähler und berichtet aus seinem Leben. Zudem ist im Wettbewerb auch noch der mexikanische Superstar Gael García Bernal vertreten: Er ist der Protagonist in der italienischen Dystopie Another End.

Reas (Argentinien) (Foto: Gema Films)

Ein weiterer Film, auf den man gespannt sein darf, ist das neueste Werk des argentinischen Regisseurs Matias Piñeiro, der für seine cleveren, oft literarisch inspirierten Drehbücher bekannt ist. Tú me abrasas (Du umarmst mich, Sektion Encounters) interpretiert locker und modern einen Text über das Leben der antiken griechischen Dichterin Sappho. Und auch der kolumbianische Beitrag Yo vi tres luces negras (Ich sah drei schwarze Lichter, Sektion Panorama) könnte beachtenswert sein. Dort geht ein Mann auf der Suche nach einem friedlichen Tod in den Dschungel, wird jedoch von illegalen bewaffneten Gruppen gestört.

In den vergangenen Jahren lohnte es sich in besonderem Maße, ein Auge auf die lateinamerikanischen Filme in der Berlinale-Jugendfilmsektion Generation zu werfen. Alleine in den letzten beiden Jahren konnten Produktionen aus Mexiko, Kolumbien und Brasilien hier vier wichtige Preise gewinnen. Und auch 2024 sind wieder mindestens sieben Beiträge aus Lateinamerika am Start. Insgesamt zeigt die Auswahl dieses Jahr ein thematisch und auch geografisch breit gefächertes Bild: Die bislang 24 bestätigten Filme aus Lateinamerika kommen aus neun verschiedenen Ländern. Von der Hollywoodproduktion bis zum künstlerischen Independentstreifen sollte hier für alle Fans des Cine Latino etwas dabei sein.

Ähnliche Themen

Newsletter abonnieren