Salsa statt Marschmusik
Eine Studie der amerikanischen Denkfabrik Brookings Institution versucht, eine neue Kubapolitik für die US-Regierung zu entwerfen
Die Kubapolitik bisheriger US-Regierungen hatte den Umsturz des Systems zum Ziel. Zur Strategie gehörten wirtschaftliche und politische Isolierung, äußerer Druck und die Unterstützung interner Dissidenz in dem aufmüpfigen Inselstaat. Mit dem Wahlsieg von Obama kamen Hoffnungen auf, dass er eine neue Ära der Beziehungen zu Kuba einläuten könnte. Die Studie der Brookings Institution, deren Ergebnisse jetzt veröffentlicht wurden, kam somit zur rechten Zeit. Die renommierte Denkfabrik führte von 2007 bis 2009 ein Projekt zur Kubapolitik der US-Regierung durch, mit dem Ziel, „Wege zur Überwindung der Sackgasse der US-kubanischen Beziehungen zu finden und neue Ideen in die Debatte einzubringen, wie eine Strategie für einen durch die kubanische Bevölkerung vorangetriebenen Wandel unterstützt werden könnte.”
Der Ausgangspunkt findet sich gleich im ersten Satz des Buches. Dort heißt es, die Politik gegenüber Kuba sei der bedeutsamste Fehlschlag der US-Außenpolitik. Außergewöhnlich ist auch die Methode: Es wurden sechs Simulationsübungen durchgeführt, in denen Entscheidungsprozesse für bestimmte Bereiche der Kubapolitik in einer Art Rollenspiel durchexerziert wurden, dabei wurden wesentliche EntscheidungsträgerInnen und InteressensvertreterInnen aus Regierung, Politik, Zivilgesellschaft und Wissenschaft berücksichtigt.
So wurden, ausgehend von der Annahme des Todes von Fidel Castro, neue Optionen für die US-Regierung herausgearbeitet oder die TeilnehmerInnen gebeten, sich in die Lage der kubanischen Führung zu versetzen. Auch ging es um die Frage, wie die internationale Gemeinschaft in die US-Strategie eingebunden und wie schließlich die kubanische Exilgemeinde in den USA berücksichtigt werden könne. Interessant sind zwei Texte im Anhang: ein juristisches Kurzgutachten mit dem Nachweis, dass der US-Präsident in Sachen Veränderung der Kubapolitik in einigen Hinsichten durchaus handlungsfähig ist, und ein Kurzbericht einer Meinungsumfrage unter Exilkubanern, wo sich erstmals eine Mehrheit für ein Ende der US-Blockade gegen Kuba und eine Änderung der Politik ausspricht. Das Buch beinhaltet daneben eine „Engagement Road Map“, in der dem US-Präsidenten kurz-, mittel- und langfristige Aktivitäten vorgeschlagen werden.
Zu den wichtigsten Aussagen des Projektes gehört, dass die US-Kubapolitik durch harte Gesetze zwar einen engen legalen Rahmen aufweist, dass der Präsident dennoch Handlungsspielraum besitzt, der künftig besser genutzt werden müsse, da im Kongress eine Änderung dieser Gesetze in absehbarer Zeit nicht zu erwarten sei. Angelpunkt der Analyse ist die Schaffung und Stärkung von SystemgegnerInnen in Kuba durch die USA und der Aufbau einer breiten Oppositionsbewegung – dies aber wurde bereits in den letzten Jahren versucht.
Das Buch zeigt: die Hoffnungen sind zerstoben, eine neue Regierung, zumal die des Hoffnungsträgers Obama, wolle und könne die Beziehungen zum sozialistischen Nachbarstaat verbessern oder gar normalisieren. Dieser Band sollte AußenpolitikerInnen allerorten zeigen, dass sie in dieser Hinsicht vom Großen Bruder nichts erwarten können (die neuen Vorsitzenden zweier wichtiger Ausschüsse im US-Repräsentantenhaus sind kürzlich mit extremistischen Castro-Gegnern besetzt worden), sondern dass sie selbst ihre Haltung und die Beziehungen zu Kuba grundlegend und positiv ändern müssen.