ROWLEY BEHÄLT DIE NASE VORN

Keith Rowley Der strahlende Sieger der Wahlen (Foto: U.S. Department of State via wikimedia, gemeinfrei)

Die Parlamentswahlen abzusagen war kein Thema. Die Zwillingsinseln Trinidad und Tobago mit ihren 1,4 Millionen Bewohner*innen, von denen auf Tobago nur gut 60.000 leben, waren vom Coronavirus lange Zeit kaum betroffen. Bis zum Wahlmontag am 10. August gab es nur acht bestätigte Todesfälle, die auf Covid-19 zurückgeführt wurden. Dennoch überschattete die Covid-19-Pandemie den Wahlkampf. Statt großer Veranstaltungen mit Massenaufläufen beschränkten sich die Wahlkämpfer*innen 2020 hauptsächlich auf Autokorsos.

Nach der Wahl lud der wiedergewählte Premierminister Keith Rowley, der seit 2015 im im Amt ist, seine Anhänger*innen nicht wie üblich in die Parteizentrale ein. Die Unterstützer*innen wurden gebeten, nicht zum Hauptquartier der PNM zu kommen, sondern zu Hause zu feiern, um die Verbreitung des Virus zu verhindern.

Die afrotrinidadisch geprägte PNM kommt laut dem offiziellen Wahlergebnis auf 22 Parlamentssitze, die indotrinidadisch geprägte Oppositionspartei United National Congress (UNC) auf 19 Sitze. Die Oppositionsführerin Kamla Persad-Bissessar weigerte sich zuerst, das Ergebnis anzuerkennen und verlangte, einen Teil der Stimmen neu auszählen zu lassen. Nur in acht der 41 Wahlkreise ist der Wahlausgang offen, da dort die Zusammensetzung der Wähler*innenschaft am heterogensten ist. Die Mehrheit der Tribogians orientiert sich im Wahlverhalten an ihrer ethnischen Herkunft. Die Afrotrinidader*innen wählen überwiegend die PNM, die Indotrinidader*innen überwiegend den UNC. Die Indotrinidader*innen sind Nachkommen der nach der formalen Abschaffung der Sklaverei 1834 angeworbenen indischen Vertragsarbeiter*innen. Auf der kleinen Insel Tobago leben nur wenige Indischstämmige, weswegen der UNC dort noch nie einen Sitz gewinnen konnte. Entweder dominierten Regionalparteien oder die PNM, die 2020 beide dort zu vergebenden Sitze für sich gewinnen konnte.

Die Oppositionsführerin weigerte sich zuerst, das Ergebnis anzuerkennen

Nach einer teilweisen Neuauszählung der Stimmen räumte der UNC mit einwöchiger Verzögerung die Niederlage ein und machte damit den Weg frei für die Vereidigung der neuen Regierung am 19. August. Der alte und neue Premier Keith Rowley hatte schon am 10. August den Sieg der PNM verkündet, nachdem die offiziellen Ergebnisse darauf hingedeutet hatten, dass die PNM 22 der 41 Wahlsitze gewinnen würde, was sich schließlich bestätigte. Der UNC legte zwar gegenüber 2015 um zwei Sitze zu und errang 19 Sitze, zur absoluten Mehrheit fehlten aber zwei Sitze. Neu ausgezählt wurden auf Forderung der UNC fünf Wahlkreise. In allen wurde der Sieg der PNM jedoch bestätigt. „Nach einigen Tagen des Nachdenkens und der Beobachtung des Fortschritts bei der Neuauszählung der Wahlen bin ich zufrieden. Das Volk hat entschieden und so werden Dr. Rowley und seine Partei die neue Regierung von Trinidad und Tobago bilden“, sagte UNC-Chefin Kamla Persad-Bissessar in einer Erklärung.

„Dieses Ergebnis bestätigt meinen Glauben an die Menschen von Trinidad und Tobago“, sagte der 70-jährige Regierungschef Rowley bereits unmittelbar nach der Wahl. Rowley hielt seine Siegesrede um 22.30 Uhr Ortszeit. In einem Verweis auf die Corona-Pandemie sagte er vor einer kleinen Versammlung von Anhänger*innen, dass die PNM „allen Widrigkeiten zum Trotz in der schwierigsten Situation“ obsiegt habe.

Die Corona-Pandemie und Korruption waren die Themen des Wahlkampfs

Die Regierungspartei war für ihren Umgang mit der Pandemie gelobt worden, doch in den zwei Wochen vor den Wahlen stieg die Zahl der Infektionen deutlich an. Von den bis 10. August 208 bestätigten Fällen entfielen 67 auf die zwei Wochen vor den Wahlen.
Im Wahlkampf waren die Corona-Pandemie und die Korruption die vorherrschenden Themen, aber auch die nach wie vor steigende Gewaltkriminalität und erstmalig Migration spielten eine wichtige Rolle. Die Opposition kritisierte die Regierung, sie tue zu wenig, um den Zustrom von Migrant*innen aus Venezuela einzudämmen. Zehntausende Venezolaner*innen waren auf der Flucht vor den politischen und wirtschaftlichen Unruhen in ihrem Land nach Trinidad und Tobago gekommen.

Kopfschmerzen bereitet vielen Tribogians seit Jahren die wachsende Kriminalität. Trinidad und Tobago ist ein beliebtes Transitland für Kokain. Der Drogenhandel bringt Geld ins Land, das die Drogenbanden zum Waffenkauf nutzen, um ihre Forderungen zu verteidigen und auszubauen. Trotz der Beschlagnahme von 888 Schusswaffen im Jahr 2019 wurden 80 Prozent der Morde mit Schusswaffen begangen, was das Problem der importierten und oft illegalen Schusswaffen verdeutlicht. Die Polizei von Trinidad und Tobago (TTPS) meldete landesweit 539 Morde im Jahr 2019. Die Zahl steigt kontinuierlich, im vergangenen Wahljahr 2015 waren es noch 420, bei einer Bevölkerung von etwa 1,4 Millionen Menschen. Die Polizei mischt mit außergerichtlichen Hinrichtungen kräftig mit und partizipiert zumindest finanziell am Drogenhandel.

Die PNM regiert seit der Unabhängigkeit 1962 fast ununterbrochen. Nur 1986 bis 1991 und 1995 bis 2001 stellten andere Parteien den Premier. 2010 bis 2015 wurden die Zwillingsinseln mit Kamla Persad-Bissessar vom UNC erstmals von einer Ministerpräsidentin regiert.

Die erste Aufgabe für Rowley ist nun die Eindämmung der Covid-19-Pandemie. Die Schließung von Stränden und Andachtsorten sowie ein Verbot von Restaurant- und Barbesuchen wurde bereits angeordnet. Auch dürfen sich nicht mehr als fünf Leute gleichzeitig versammeln. Bis mindestens Mitte September ist das der neue Alltag. Auch die Schulen werden nicht wie geplant im September wieder öffnen. Selbst ein Gesetz zur Einführung einer Maskenpflicht wird geprüft.

Alles andere wird folgen. An Herausforderungen fehlt es nicht: Die extrem auf Erdöl- und petrochemische Industrie ausgerichtete Wirtschaft steckt seit vier Jahren in der Rezession. Covid-19 beschleunigt diesen Abwärtstrend. Das trübt die Vorfreude auf den legendären Karneval im Februar, so er denn überhaupt stattfinden kann. Covid-19 überschattet auch in Trinidad und Tobago bis auf Weiteres alles.

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