Grenada | Haiti | Jamaika | Literatur | Nummer 198 - Dezember 1990 | Trinidad & Tobago

Weit davon entfernt ein Paradies zu sein

Martin Ling

Eine Einführung in die Entwicklung der Karibik möchte James Fergu­son mit seinem englischsprachigen Buch “Far from Paradise” geben Diesem Anspruch wird er mit seinem reichhaltig und gut bebilderten Band gerecht. Einführend räumt er mit bestehenden Karibik-Klischees auf, um danach über die Geschichte eine Brücke zur Ge­genwart und Zukunft zu schlagen. Sein Schwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung ab den 30er Jahren dieses Jahrhunderts. Darge­stellt werden zum einen länderübergreifende Schwierigkeiten. Es wird die Problematik der Monokulturen, der Importabhängigkeit, der Armut und vor allem die zunehmende Einflußnahme der USA in militä­rischer und ökonomischer Hinsicht, thematisiert. Ein ganzes Kapi­tel widmet er den internationalen Konzernen. Anschaulich be­schreibt er ihren Einfluß auf Landwirtschaft, Industrie, Tourismus und Bankwesen. Zum anderen zeichnet er anhand der vier Länder Ja­maica, Grenada, Trinidad/Tobago und Haiti spezifische Entwick­lungsszenarien nach. An Jamaica und Grenada werden die engen Spielräume für progressive Politikansätze deutlich. Jamaicas mode­rate Reformversuche unter Michael Manley (1972-80), inzwischen wieder amtierender Ministerpräsident, waren durch den ökonomischen Druck der USA und befreundeter Institutionen (IWF) ebenso zum Scheitern verurteilt wie die radikaleren Bemühungen in Grenada. Dort wurden 1983 politische Unruhen als Vorwand für eine militä­rische Intervention benutzt, um angeblich nordamerikanische Stu­denten zu schützen. Beleuchtet werden aber auch immanente Probleme der Karibik. Die Uneinheitlichkeit, begründet in der Vielfalt der Sprachen, Kulturen und Historien, ließ politische Integrationsbe­mühungen bisher scheitern. Dies zu ändern, darin sieht der Autor die Entwicklungsperspektive für die Karibik. Er macht überdies deutlich, daß jedes Entwicklungsvorhaben nur durch seine Verwurze­lung in der Bevölkerung Erfolgsaussichten genießt. Abschließend gibt er den LeserInnen durch eine ausführliche Angabe von In­formationsquellen verschiedenster Art (Bücher, Zeitschriften, Or­ganisationen etc.) die Möglichkeit, ihr bei der Lektüre erworbenes Wissen nach Wunsch zu vertiefen. Für Karibik-Interessierte also ein lohnender Kauf, zumal die diesbezügliche LN-Berichterstattung bisher eher spärlich ausfiel.

James Ferguson: Far from Paradise, Latin American Bureau, London, 1990; Bezug: LN-Vertrieb, Gneisenaustraße 2, 1000 Berlin 61

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