Berlinale

Botschaft im Arm

Im Berlinale-Film Los Tonos Mayores gehen zwei Jugendliche verschlüsselten Nachrichten auf die Spur

Von Dominik Zimmer
Geht in Buenos Aires auf Schnitzeljagd Protagonistin Ana (Sofía Clausen) in Los Tonos Mayores (Foto: © Gong Cine / 36 Caballos)

Ana ist ratlos. Was bedeuten die Signale, die sie in rätselhaften Codes in ihrem Arm empfängt? Seit ihr dort nach einem Unfall eine Metallplatte hineinoperiert wurde, vibriert diese in regelmäßigen Abständen. Die 14-jährige ist überzeugt: Das muss eine Botschaft sein! Aber von wem? Und was sagt sie aus? Um Erwachsene einzuweihen, klingt das Ganze zu verrückt. Also macht Ana sich zusammen mit ihrer besten Freundin Lepa auf, das Rätsel zu entschlüsseln.

Die argentinische Regisseurin Ingrid Pokropek hat unter anderem als Produzentin schon an mehreren großen Independent-Filmprojekten ihres Landes mitgewirkt (La Flor, Trenque Lauquen). Mit Los Tonos Mayores (Deutscher Titel: Tonspuren) legt sie nun ihr Langfilmdebüt bei der Berlinale vor: Eine sensible Charakterstudie über ein Mädchen aus Buenos Aires an der Schwelle zur Adoleszenz. Der Film bleibt eng an seiner Protagonistin Ana (überzeugend: Sofía Clausen), folgt in einer Nebenhandlung aber auch ihrem alleinerziehenden Vater Javier (Pablo Seijo). Der hält sich als Maler mit Kunstausstellungen über Wasser, hat den großen Durchbruch aber bislang verpasst. Die Beziehung der beiden ist gut, aber auch nicht so vertraut, dass Ana ihm ihre innigsten Geheimnisse offenlegen würde. Dafür ist die musikalisch begabte Lepa (Lina Ziccarello) zuständig, die aus den empfangenen Signalen auch prompt ein schmissiges Lied komponiert („Canción de Latido“, der „Herzschlag-Song“). Als dann allerdings ein paar gleichaltrige Jungs auf der Bildfläche erscheinen, wird die Freundschaft der beiden auf die Probe gestellt. Und so begibt sich Ana auf eigene Faust auf eine Schnitzeljagd durch Buenos Aires, um weitere Hinweise zum Knacken des mysteriösen Codes zu finden.

Los Tonos Mayores läuft auf der Berlinale in der Kinderfilmsektion Generation Kplus, ist also für Kinder ab 6 Jahren geeignet. Für diese Altersgruppe funktioniert der Film weitgehend gut, da er unkompliziert und schlüssig der Haupthandlung um die Bedeutung der geheimnisvollen Botschaften folgt. Auch Anas Identitätssuche im Spagat zwischen Abgrenzung und dem Suchen nach Nähe bei gleichaltrigen Freund*innen und erwachsenen Bezugspersonen wird einfühlsam dargestellt. Allerdings vermeidet es das Drehbuch, einige wichtige Fragen anzuschneiden: Welcher Unfall hat dazu geführt, dass Ana eine Metallplatte im Arm hat? Wann und wie ist ihre Mutter gestorben, die sie anscheinend vermisst? Die Beschäftigung damit hätte der Geschichte noch ein wenig mehr Tiefgang verliehen und dem Film so gut getan. Zudem wirkt der Blick auf das Erwachsenwerden in der Peripherie von Buenos Aires wirkt manchmal etwas sehr harmonisch und idealisiert. Dennoch ist Los Tonos Mayores ein kurzweiliger Jugendfilm ohne große Längen geworden, der vor allem einem jüngeren Kinopublikum auf der Berlinale empfohlen werden kann.

Bewertung: 3/5 Lamas

Los Tonos Mayores // Argentinien / Spanien 2023 // 101 Minuten // ab 6 Jahren // Regie: Ingrid Pokropek // Zu sehen in der Sektion Generation Kplus auf der 74. Berlinale (15. bis 25. Februar 2024).

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