Film | Nummer 521 - November 2017

DER KLÜGERE FRAGT NACH

Jeremías – Zwischen Glück und Genie ist eine Außergewöhnliche Komödie

Von Robert Swoboda

Schon immer fühlte sich Jeremías irgendwie unverstanden. Eine Kostprobe: „Mama, stimmt es, dass die ganze Erde sich langsam erwärmt. Es könnten die Pole abschmelzen. Macht dir das nicht Angst?“ Antwort: „Ob ich Angst vor Wärme habe? Wir bringen die Klimaanlage schon wieder in Gang.“

Jeremías ist acht Jahre alt und hat eine ganze Reihe Fragen, mit denen er sein Umfeld irritiert. Damit kommt er erwartungsgemäß in der Schule nicht gut an. Die harmlose Frage, was er werden möchte, nimmt er ernst. Er findet einen Freund in einem 80 Jahre alten Besitzer eines Buchladens, der ihn auf eine erste Fährte lenkt: das Schach spielen. Als eine Hochbegabung bei Jeremías festgestellt wird, eröffnen sich für ihn neue Möglichkeiten. Von nun an probiert der sympathische kleine Klugscheißer alles mögliche aus, um herauszufinden, was er mit seiner Begabung im Leben anfangen möchte. Jeremías ist zwar so klug wie Einstein, nur wo die Reise mit ihm hingeht, weiß er natürlich nicht. Der herrlich ehrliche und erfrischend freche Jeremías, von Martín Castro wunderbar gespielt, zieht die Zuschauer*innen spielerisch auf seine Seite.

Was die Komödie so sehenswert macht, sind neben den gelungen Charakteren, die ohne albernen Schabernack auskommen, vor allem die realen Themen aus dem Leben einer mexikanischen Familie. So möchte die Mutter ihren Schulabschluss nachholen, doch der Vater gibt seine Erlaubnis nicht. Jeremías versucht sie zu trösten, indem er erklärt, 48 Prozent der Bevölkerung habe keine abgeschlossene Schulausbildung. Derart schafft es der Film innerhalb einer angenehmen Erzählstimmung in der echten Welt zu spielen. Wohl aus diesem Grund ist er in Mexiko 2015 so erfolgreich in den Kinos gelaufen.

Jeremías – Zwischen Glück und Genie bedient sich gekonnt an der humoristischen Theke. Dabei bleibt vielleicht kein Muskelkater durch Lachkrämpfe zurück, aber es entsteht der beste Eindruck für eine gelungene Komödie: nicht nur veralbert worden zu sein.

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